Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 338/17 - vom 16. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert des landgerichtlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens wird auf jeweils 600.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen ist nicht begründet. Das Landgericht hat deren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, die Antragsgegnerinnen zu verpflichten, den Antragstellerinnen die vertrauliche und vollständige Fassung der den Antragsgegnerinnen gegenüber erlassenen Bußgeldentscheidung der Europäischen Kommission vom 19. Juli 2016 im Fall AT.39824 einschließlich sämtlicher in den Fußnoten in Bezug genommener Beweisdokumente vorzulegen, zu Recht zurückgewiesen. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

A. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 567, 569 ZPO zulässig. Über sie hat, nachdem das Landgericht ihr nicht abgeholfen hat (§ 572 Abs. 1 ZPO), der Kartellsenat beim Oberlandesgericht Düsseldorf zu entscheiden. Gemäß § 91 ff. GWB entscheidet der Kartellsenat beim Oberlandesgericht Düsseldorf auch über Beschwerden gegen sonstige Entscheidungen der Landgerichte seines Bezirks in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 87 GWB. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten nach § 87 GWB sind solche, die die Anwendung des GWB, des Art. 101 oder 102 AEUV oder des Art. 53 oder 54 EWRA betreffen oder in denen die Entscheidung ganz oder teilweise von einer Entscheidung, die nach dem GWB zu treffen ist, oder von der Anwendbarkeit des Art. 101 oder 102 AEUV oder des Art. 53 oder 54 EWRA abhängt. Hierzu gehören auch einstweilige Verfügungsverfahren, in denen der Verfügungsantrag auf Kartellrecht gestützt wird (vgl. Langen/Bunte/Bornkamm, § 95 GWB Rn. 5; Bechtold, § 87 GWB Rn. 9). Ein solcher Fall liegt hier vor, denn die Antragstellerinnen machen im Wege der einstweiligen Verfügung mit der Herausgabe der vertraulichen Fassung der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 19. Juli 2016 einen Anspruch auf Herausgabe von Beweismitteln nach § 33g Abs. 1 GWB geltend.

B. Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung ist zulässig.

a) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte und damit des von den spanischen Antragstellerinnen angerufenen Kartell-Landgerichts Köln folgt aus Artt. 1 Abs. 1, 4 Abs. 1, 63 Abs. 1 Brüssel Ia-VO.

Die Verordnung gilt gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 für Zivil- und Handelssachen und damit auch für Kartellzivilrechtsstreitigkeiten (vgl. Staudinger/Fezer/Koos, Internationales Kartellprivatrecht, Rn. 373). Dass sie auch für Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gilt, folgt aus ihrem Art. 35, wonach die im Recht eines Mitgliedsstaats vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen einschließlich Sicherungsmaßnahmen bei den Gerichten dieses Mitgliedsstaats auch dann beantragt werden können, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen Mitgliedsstaats zuständig ist.

Nach Art. 4 Abs. 1 sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedsstaates zu verklagen. Nach Art. 63 Abs. 1 tritt bei Gesellschaften und juristischen Personen an die Stelle des Wohnsitzes der satzungsmäßige Sitz, die Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung. Alle drei Kriterien sind für die Antragsgegnerinnen in Deutschland erfüllt.

Da sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte und damit des Kartell-Landgerichts Köln für das Verfahren gegen alle Antragsgegnerinnen bereits aus Art. 4 Abs. 1 Brüssel Ia-VO ergibt, weil sie alle ihren Sitz in Deutschland haben, kommt eine Anwendung des von den Antragstellerinnen herangezogenen Art. 8 Nr. 1 Brüssel Ia-VO nicht in Betracht. Dessen Voraussetzungen liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats hat, dann, wenn mehrere Personen zusammen verklagt werden, auch vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat, sofern zwischen den Klagen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten. Die Vorschrift stellt eine Abweichung vom allgemeinen Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, dar und ermöglicht es, eine Person vor den Gerichten eines anderen Mitgliedsstaats zu verklagen (vgl. zur gleichlautenden Vorgängerregelung EuGH, Urteil vom 21.05.2015, C-352/13 - CDC Hydrogen Peroxide, GRUR Int. 2015, 1176, 1178 f.; Urteil vom 13.07.2006, C-103/05, Rn. 22 bei juris m.w.N.). Sie gilt mithin nur für Fälle, in denen eine Person vor den Gerich...

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