Leitsatz (amtlich)

1. Der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution entsteht bereits mit deren Leistung, ist aufschiebend bedingt durch die Beendigung des Mietverhältnisses sowie die Rückgabe des Mietobjektes und wird fällig, wenn der Sicherungszweck entfällt, wenn also dem Vermieter keine Forderungen mehr aus dem Mietverhältnis zustehen, wegen derer er sich aus der Mietsicherheit befriedigen könnte.

2. Der rechtliche Gehalt einer Bestandsaufnahme zum Zustand des Mietobjektes anlässlich von dessen Rückgabe vom Mieter an den Vermieter in einem Übergabeprotokoll ist durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB im Einzelfall zu ermitteln, wobei es entscheidend auf den Erklärungswert der Feststellungen auf der Grundlage des Empfängerhorizontes ankommt.

Enthält das Übergabeprotokoll die Feststellung bestimmter Schäden am Mietobjekt, so kann das dahin verstanden werden, dass vom Vermieter nur in Bezug auf diese Schäden noch Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können, auch wenn tatsächlich noch weitere (erkennbare) Schäden am Mietobjekt vorhanden sein sollten. Der Sinn und Zweck der Aufnahme von Feststellungen in das Übergabeprotokoll besteht gerade darin, einen späteren Streit über das Vorhandensein und die Art von Schäden am Mietobjekt zu vermeiden. Wird also weitergehend vom Vermieter im Übergabeprotokoll bescheinigt, dass sich das Mietobjekt in einem ordnungsgemäßen Zustand befinde, der Zustand also der vertraglichen Verpflichtung des Mieters entspreche, so kann das vom Empfängerhorizont des Mieters dahin verstanden werden, dass es mit der erfolgten Rückgabe des Mietobjektes sein Bewenden habe und etwaige Schadensersatzansprüche wegen des Zustandes des Mietobjektes vom Vermieter nicht geltend gemacht werden, also im Sinne eines negativen Schuldanerkenntnisses im Sinne von § 397 Abs. 2 BGB.

3. Verwendet die für einen anderen handelnde Person im Rahmen einer Erklärung den Zusatz "i. A.", ist im Rahmen einer Auslegung nach§ 133, 157 BGB welche die Gesamtumstände berücksichtigt, festzustellen, ob der Handelnde wie ein Vertreter die Verantwortung für den Inhalt der von ihm abgegebenen Erklärung übernehmen will oder nicht. Im allgemeinen nichtjuristischen Sprachgebrauch wird nicht immer hinreichend zwischen "Auftrag" und "Vertretung" unterschieden, so dass der Verwendung des Zusatzes "i. A." nicht die Erklärung zu entnehmen ist, der Handelnde werde nicht als Vertreter tätig. Es kommt auf die Gesamtumstände des Auftretens des Handelnden an.

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Aktenzeichen 4 O 402/21)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 28.03.2022 (4 O 402/21) wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil und das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 28.03.2022 (4 O 402/21) werden für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Nach Beendigung des Mietverhältnisses über Gewerberäume im Objekt F... Straße x in F... macht die Klägerin mit ihrer Klage die Rückzahlung der von ihr geleisteten Mietkaution geltend, während die Beklagte mit der Widerklage die Zahlung eines bezifferten Mindestschadens für die Beschädigung des Mietobjektes durch die Klägerin und die Feststellung der Zahlungsverpflichtung für den darüber hinausgehenden Schaden begehrt.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die xxx Beteiligungs GmbH, welche im Herbst 2015 mit der Klägerin im Wege der Aufnahme verschmolzen wurde, schloss am 01.03.2014 als Mieterin mit der Beklagten einen Mietvertrag (Anlage K 1) über eine Ladeneinheit im EG und eine Werkstatt im 1. OG mit 10 Pkw-Stellplätzen im Objekt F... Straße x in F.... Der Mietvertrag wurde mit der 1. Änderung ohne Datum, gültig ab 15.09.2015 (Anlage K 2) und der 2. Änderung vom 29.01.2020 (Anlage K 3) abgeändert.

In Ziffer 8 des Mietvertrages war eine Kaution für die Mieterin in Höhe von 6.000,00 EUR vereinbart, welche die Rechtsvorgängerin der Klägerin am 01.03.2014 bezahlte (Quittung als Anlage K 4).

Das Mietverhältnis endete zum 30.12.2020.

Am 30.12.2020 wurde das Mietobjekt von der Klägerin an die Beklagte zurückgegeben. An dem Übergabetermin nahm für die Beklagte der Zeuge H... G... teil. Es wurde ein schriftliches Übergabeprotokoll (Anlage K 5) gefertigt und vom Zeugen G... für die Beklagte mit dem Zusatz "i.A." unterschrieben. Im Übergabeprotokoll heißt es unter "2. Kaution": "wird verrechnet bzw. überwiesen". Unter "3. Mängel/Schönheitsreparaturen" ist zunächst im Wege des Ankreuzens vermerkt: "Das Mietobjekt wurde in renovierten Zustand übergeben: nein". Weiter heißt es dort "Folgende Mängel wurden festgestellt:

Übergabe erfolgte im Zustand Besenrein!

ohne Mängel!".

Mit E-Mails vom 14. un...

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