Verfahrensgang

LG Hannover (Entscheidung vom 25.05.2012; Aktenzeichen 20 O 292/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25. Mai 2012 verkündete Urteil des Landgerichts Hannover wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungswert: 91.835 EUR.

 

Gründe

I.

Das klagende Land (im Folgenden: Klägerin) nimmt den Beklagten persönlich auf Schadensersatz wegen zu Unrecht erklärten Widerspruchs gegen erfolgte Lastschriften von Konten der (späteren) Insolvenzschuldnerinnen in Anspruch.

Aufgrund erteilter Einzugsermächtigungen zog das Finanzamt zum 31. Dezember 2010 und sodann am 10. Januar 2011 diverse Beträge von den Konten der späteren Insolvenzschuldnerinnen für Zinsen auf Umsatzsteuern sowie Lohnsteuerbeträge (insgesamt 91.835,08 EUR) ein. Am 4. Februar 2011 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt. Am 24. Februar 2011 verweigerte der Beklagte gegenüber der kontoführenden Bank die Zustimmung zu den erfolgten Belastungsbuchungen. Darauf wurde das Konto des Finanzamtes mit 91.835,08 EUR rückbelastet. Diesen Betrag verlangt die Klägerin nunmehr vom Beklagten im Wege des Schadensersatzes mit der Behauptung, der Beklagte sei zum Widerspruch gegen die Abbuchungen nicht berechtigt gewesen. Die Abbuchungen seien auch zuvor bereits durch die Schuldnerinnen genehmigt gewesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe als vorläufiger Insolvenzverwalter nach der Rechtsprechung des 9. Zivilsenats des BGH den Abbuchungen widersprechen dürfen. Eine ausdrückliche oder konkludente Genehmigung der Abbuchungen durch die Schuldnerinnen sei dagegen nicht anzunehmen.

Gegen dieses Urteil, auf das gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie die erstinstanzlichen Ansprüche einschließlich des Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten weiterverfolgt.

Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag, ein Widerspruch des Beklagten gegen die erfolgten Abbuchungen komme vorliegend nach der Rechtsprechung des BGH nicht mehr in Betracht, weil die Schuldnerinnen den Abbuchungen bereits zuvor konkludent zugestimmt hätten. Dies habe das Landgericht nicht hinreichend beachtet. Es habe sich bei den Buchungen um regelmäßig zu bestimmten Terminen fällige Beträge gehandelt, die auch zuvor stets von den Schuldnerinnen nicht beanstandet worden seien. Deshalb sei nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist von einer Genehmigung auszugehen, der der Beklagte nicht mehr habe widersprechen dürfen.

Zu Unrecht habe das Landgericht auch eine konkludente Genehmigung der Lastschriften verneint. Es komme dafür entgegen der Auffassung des Landgerichts (LGU 9) nicht darauf an, ob der Empfänger (gemeint: die Bank) Anlass gehabt habe, die Kontoführung zu beobachten. Insoweit sei die Entscheidung des Landgerichts auch überraschend, weil es dazu keinen Hinweis erteilt habe und das Vorbringen der Klägerin für nicht ausreichend halten wolle. Die Klägerin hätte dann vorgetragen, dass die Bank regelmäßig die Kontoführung überwache und beobachte. Gerade bei Lastschriften - wie hier - sei die Bank als Zahlstelle letztlich auf eine Genehmigung der Buchung angewiesen. Dies sei auch vorliegend geschehen (Beweis Zeugnis Keil), schön um einen etwaigen Widerspruch zu beobachten und ggf. die Belastung rückgängig zu machen. Innerhalb der nach der Rechtsprechung anzunehmenden Überlegungsfrist von 14 Tagen sei hier kein Widerspruch (unstreitig) erfolgt, so dass die Abbuchungen jedenfalls mit Ablauf des 31. Januar 2011 als genehmigt angesehen worden seien. Das Landgericht hätte deshalb entsprechend der Rechtsprechung des BGH (XI ZR 236/07 und IX ZR 37/09) eine konkludente Genehmigung annehmen müssen. Der Beklagte hafte daher sowohl nach § 826 BGB als auch nach § 60 InsO auf Schadensersatz.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 91.835,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 25. Oktober 2011 und vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.999,32 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil als richtig.

Er ist der Auffassung, dass bereits die Abbuchungen vom 31. Dezember 2010 (Zinsen auf Umsatzsteuer) nicht die Voraussetzungen einer konkludenten Genehmigung erfüllten, weil es sich dabei nicht um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften gehandelt habe.

Der Beklagte hafte auch im Übrigen nicht, denn vorliegend habe die Bank (Zahlstelle) nicht von einer Genehmigung ausgehen dürfen und habe dies auch nicht getan. Gerade dazu habe die Klägerin nichts vorgetra...

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