Leitsatz (amtlich)

Der Gerichtsstand des § 29c ZPO gilt für alle Klagen, gleich welcher Klageart und gleich welcher Anspruchsgrundlage, die auf Haustürgeschäften beruhen. Erfasst sind alle Ansprüche, die ein Haustürgeschäft betreffen wie Erfüllungsansprüche, insb. auch vertragliche Schadensersatzansprüche. Dies gilt auch insoweit, als Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss oder unerlaubter Handlung nicht nur ggü. der anderen Vertragspartei, sondern auch ggü. ihrem Vertreter verfolgt werden (BGH v. 7.1.2003 - X ARZ 362/02, MDR 2003, 648 = BGHReport 2003, 566 = NJW 2003, 1190). Die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt dann nicht in Betracht.

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Aktenzeichen 13 O 301/03)

 

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts wird abgelehnt.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit der beim LG Hannover am allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten zu 1) erhobenen Klage wollen die Kläger beide Beklagte wegen nicht ordnungsgemäßer Beratung im Zusammenhang mit der Vermittlung eines 3-Länder-Fonds DLF 94/17 auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 54.841,80 Euro und Freistellung in Anspruch nehmen. Der Beklagte zu 2, der nach der Behauptung der Kläger für die Beklagte zu 1) als Vertreter tätig war, hat seinen allgemeinen Gerichtsstand beim LG ..., in dessen Bezirk auch die Kläger bei Vertragsschluss wohnten. Nachdem das LG auf seine fehlende Zuständigkeit bezüglich der gegen den Beklagten zu 2) gerichteten Klage hingewiesen hat, beantragen die Kläger Bestimmung des LG Hannover als gemeinsames Gericht nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Die Parteien sind durch Verfügung des Vorsitzenden vom 4.3.2004 auf die Problematik der Zuständigkeitsbestimmung bei einem Haustürgeschäft im Hinblick auf § 29c ZPO hingewiesen und um Stellungnahme - auch zur Frage einer Rückstellung der Entscheidung bis zur Entscheidung des BGH über einen in einer anderen Sache ergangenen Vorlagebeschluss des erkennenden Senats - gebeten worden. Beide Beklagte haben einer Zurückstellung der Entscheidung widersprochen und halten den Antrag auf Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts für unzulässig, weil es sich auf der Grundlage des eigenen Vorbringens der Kläger um ein Haustürgeschäft gehandelt habe. Die Kläger haben binnen der ihnen dazu gesetzten Stellungnahmefrist mit Schriftsatz vom 14.4.2004 ihren Antrag aufrecht erhalten; § 29c ZPO sei nicht einschlägig, weil die Kläger einen Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz bislang nicht erklärt hätten; außerdem regele § 29c ZPO eine ausschließliche Zuständigkeit nur für Klagen gegen den Verbraucher; hilfsweise beantragten sie Verweisung an das zuständige Gericht.

II. Der Antrag war abzulehnen, weil ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand nach § 29c ZPO für eine Klage gegen beide Beklagte besteht, sodass eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht in Betracht kommt. Unabhängig davon, ob die Kläger bislang einen Widerruf erklärt haben, handelt es sich nach dem eigenen Vorbringen der Kläger, auf das die Beklagten zu Recht Bezug nehmen und sich zu eigen machen, bei dem zu Grunde liegenden Vertrag um ein Haustürgeschäft i.S.v. §§ 1 Abs. 1 HWiG, 312 BGB. Die Kläger tragen selbst vor:

"Am 2.12.1995 begab sich besagte Frau ... zu den Klägern. Unaufgefordert hatte sie Herrn ... mitgebracht, seines Zeichens AWD/Berater/Vermittler, bzw., wie mittlerweile mitgeteilt wurde, dort angestellter Handelsvertreter. Bei einer ca. 2 Stunden andauernden Beratung wurden die Kläger von dem durchaus eloquent auftretenden Herrn ... dazu überredet,... eine Beteiligung an dem o.a. Dreiländerfond zu zeichnen." Bl. 5 d.A. = S. 5 der Klageschrift).

Dass § 29c Abs. 1 S. 2 ZPO eine ausschließliche Zuständigkeit nur für Klagen des Unternehmers gegen den Verbraucher bestimmt, ist entgegen der Ansicht der Kläger für den Antrag auf Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts unerheblich. Denn einem solchen Antrag steht nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO schon das Bestehen eines gemeinsamen besonderen Gerichtsstands entgegen, der kein ausschließlicher zu sein braucht. Nach § 29c Abs. 1 S. 1 ZPO kann der Verbraucher an dem Gericht, an dem er zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz hat, Klagen aus Haustürgeschäften erheben.

Dieser Gerichtsstand gilt nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 7.1.2003 - X ARZ 362/02, MDR 2003, 648 = BGHReport 2003, 566 = NW 2003, 1190), der sich die Literatur im Wesentlichen angeschlossen hat (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 29c Rz. 4 m.w.N.) für alle Klagen, gleich welcher Klageart und gleich welcher Anspruchgrundlage, die auf Haustürgeschäften beruhen. Erfasst sind alle Ansprüche, die ein Haustürgeschäft betreffen wie Erfüllungsansprüche, insb. aber auch die im vorliegenden Fall geltend gemachten vertraglichen Schadenersatzansprüche. Dies gilt auch insoweit, als Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss oder unerlaubter Handlung nicht nur ggü. der anderen Vertragspa...

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