Entscheidungsstichwort (Thema)

Mängelhaftung nach Verlängerung der Gewährleistungsfrist im Abnahmeprotokoll

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Anfechtungserklärung muss auf Grund ihres objektiven Erklärungswerts erkennen lassen, dass der Anfechtungsberechtigte seine vorangehende Erklärung nicht gelten lassen will. Es kommt nicht darauf an, ob das Wort "anfechten" verwendet wird. Entscheidend ist allein, dass die Willensäußerung unzweideutig erkennen lässt, dass ein Rechtsgeschäft wegen eines Fehlers, insbesondere wegen eines Willensmangels, beseitigt werden soll.

2. Ist ein Fehler des Gewerkes auch auf falsche oder unterbliebene Planung zurückzuführen, haftet regelmäßig der Bauherr mit, der sich eine fehlende Planung und das Planungsverschulden seines Architekten anrechnen lassen muss. Da der planende Architekt stets Erfüllungsgehilfe des Bauherren gegenüber dem Unternehmer ist, kann der in Anspruch genommene Unternehmer dem Bauherren ggf. ein mitwirkendes Verschulden gemäß § 254 BGB entgegenhalten, weil der Bauherr verpflichtet ist, dem Unternehmer eine mangelfreie Planung für die Bauausführung zur Verfügung zu stellen.

3. Ausnahmsweise haftet der Bauunternehmer aber trotz eines Planungsfehlers des Architekten auf die gesamten Mängelbeseitigungskosten, wenn der Schaden sowohl durch einen Planungsfehler des Architekten als auch durch einen Ausführungsfehler des Bauunternehmers entstanden ist, und der Ausführungsfehler auch ohne den Planungsmangel selbständig den vollen eingetretenen Schaden herbeigeführt hat.

4. Auf § 767 Abs. 1 S. 3 BGB, wonach die Verpflichtung des Bürgen durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, nicht erweitert wird, kann sich der Bürge nicht berufen, solange seine Bürgschaftserklärung nicht erteilt ist.

 

Normenkette

BGB § 143 Abs. 1, §§ 254, 278, 767 Abs. 1 S. 3, § 768 Abs. 1 S. 1; VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Urteil vom 16.04.2015; Aktenzeichen 1 HKO 30/14)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Coburg vom 16.04.2015, Az. 1 HKO 30/14, abgeändert:

1. Das Versäumnisurteil des Landgerichts Coburg vom 29.1.2015 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 werden als Gesamtschuldner sowie die Beklagte zu 3 wird als Bürgin wie ein Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 126.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2013 (Beklage zu 1 und 2) bzw. seit dem 3. September 2013 (Beklagte zu 3 zu zahlen, wobei die Zahlung der Beklagten zu 3 nur zu erfolgen hat Zug um Zug gegen Übergabe der Bürgschaftsurkunde der R. Versicherung AG Nr. 001 vom 27. Juni 2006 über 126.000,00 EUR.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 3 mit der Annahme der Bürgschaftsurkunde der R. Versicherung AG Nr. 001 vom 27. Juni 2006 über 126.000,00 EUR in Annahmeverzug befindet.

4. Die Beklagten zu 1 und 2 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 232.085,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2013 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.928,43 EUR zu zahlen.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin auch die einen Betrag von 367.010,28 EUR übersteigenden Kosten der Beseitigung der Mängel an der Fassade des Objektes N-Straße 02 in L. zu erstatten, dies unter Berücksichtigung eines Abzuges "neu für alt" in Höhe von 50% der Kosten des Egalisationsanstrichs der Fassaden- und Laibungsflächen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten ihrer Säumnis. Im übrigen haben von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen:

1. von den Gerichtskosten die Beklagte zu 1, die Beklagte zu 2 und die Beklagte zu 3 gesamtschuldnerisch 32%, die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 gesamtschuldnerisch 68%,

2. von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin die Beklagte zu 1, die Beklagte zu 2 und die Beklagte zu 3 gesamtschuldnerisch 32%, die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 gesamtschuldnerisch 68%,

von den Kosten des Streithelfers zu 3 die Beklagte zu 1, die Beklagte zu 2 und die Beklagte zu 3 gesamtschuldnerisch 32%, die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 gesamtschuldnerisch 68%.

Im übrigen tragen die Parteien und die Streithelfer zu 1 und 2 ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 393.893,80 EUR festgesetzt. Hieran ist die Beklagte zu 3 zu 126.000,00 EUR beteiligt.

Antrag 1: 126.000,00 EUR,

Antrag 2: 0,00 EUR (wirtschaftliche Identität mit Antrag 1)

Antrag 3: 232.085,28 EUR

Antrag 4: 35.808,52 EUR (10% des mit den Leistungsanträgen geltend gemachten Kostenvorschusse...

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