Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein berechtigtes Interesse zur Erlangung von Auskünften über die persönlichen Verhältnisse des Kindes im Sinne des § 1686 BGB besteht in der Regel dann, wenn ein Elternteil keine andere zumutbare Möglichkeit hat, sich über die Entwicklung und die persönlichen Belange des Kindes zu unterrichten.

2. Es ist bereits zweifelhaft, ob ein solches berechtigtes Interesse tatsächlich gegeben ist, wenn das Auskunftsbegehren in den Hintergrund getreten scheint und der Antragsteller mit seinem Begehren vielmehr die Aufhebung bestehender Kontaktverbote und die Rückkehr zur Familie geltend macht.

3. Eine Auskunftserteilung widerspricht dem Kindeswohl, wenn die zwischenzeitlich jugendlichen Kinder einer Auskunft nachhaltig widersprechen und der Antragsteller sich schwerwiegender Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern bzw. Schutzbefohlenen (hier: mehrfacher sexueller Missbrauch und Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) schuldig gemacht hat, zumal wenn Opfer seiner Taten auch eigene Kinder waren.

 

Normenkette

BGB § 1686

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - ... vom 17.12.2021, Az. ..., wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Zurückweisung eines Antrags auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse der Kinder des Antragsstellers.

1. Antragsteller und Antragsgegnerin sind die Eltern der betroffenen Kinder A, geb. am ...2004, und B, geb. am ...2007, sowie der inzwischen volljährigen Tochter C, geb. am ... Die Beteiligten leben seit 2016 getrennt und sind rechtskräftig geschieden.

Die elterliche Sorge für die drei gemeinsamen Kinder wurde der Antragsgegnerin jeweils mit Zustimmung des jetzigen Antragstellers übertragen. Hinsichtlich der jetzt noch minderjährigen Kinder geschah dies mit Beschluss vom 12.10.2017 im Verfahren ... des Amtsgerichts ..., mit welchem in Abänderung eines früheren Beschlusses vom 31.03.2017 (Az. ... des Amtsgerichts ...) die elterliche Sorge insgesamt auf die Antragsgegnerin übertragen wurde.

Der Antragsteller hatte seine Tochter C im Zeitraum 2010 bis Februar 2014 mehrfach sexuell missbraucht. Er wurde im beigezogenen Verfahren ... des Amtsgerichts ... mit Urteil vom ...2018, rechtskräftig seit ...2018, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf tatmehrheitlichen Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und in einem Fall in Tateinheit mit Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften, in Tatmehrheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern wiederum in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tatmehrheit mit Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Eine der kinderpornographischen Bilddateien, die der Verurteilung des Antragstellers zugrunde lagen, zeigte das Kind C im Alter von ca. vier bis fünf Jahren.

Die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verbüßte der Antragsteller unter Anrechnung der ab ...2018 vollzogenen Untersuchungshaft bis zum ...12.2021 voll und steht nun für fünf Jahre unter Führungsaufsicht. Ihm wurde durch die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... u. a. die strafbewehrte Weisung erteilt, zu seinen Töchtern und seiner geschiedenen Ehefrau keinen Kontakt aufzunehmen. Auf die beigezogenen Beschlüsse des Landgerichts ..., Az.: ..., vom 23.11.2021 und vom 19.01.2022 wird Bezug genommen, ebenso auf die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg vom 10.01.2022, Az.: .... Das Beschwerdeverfahren gegen den ergänzenden Beschluss des Landgerichts ... vom 19.01.2022 ist noch anhängig.

2. Mit Schreiben vom 26.06.2021 leitete der Antragsteller das gegenständliche Verfahren des Amtsgerichts - Familiengericht - ... ein mit dem Antrag, ein aktuelles Bild von seinen Kindern zu erhalten sowie Zeugnisse der letzten fünf Jahre. Zur Begründung führte der Antragsteller aus, er habe ein Schreiben der Rechtsanwältin seiner Frau bekommen bezüglich Kontaktverbot, Stalking und strafrechtliche Maßnahmen bei Kontaktaufnahme zur Familie. Solche wolle er vermeiden und er wolle alles wieder gut machen. Die Rückkehr zu seiner Familie habe er beim Landesjugendamt beantragt. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte stehe noch aus, da nicht auszuschließen sei, dass er zu den Tatzeiten unter einer Intoxikationspsychose gestanden habe.

Nach gerichtlichem Hinweis vom 26.08.2021 nahm der Antragsteller mit Schreiben vom 07.09.2021 seinen Antrag hinsichtlich der zwischenzeitlich volljährigen Tochter zurück und hielt den Antrag vom 26.06.2021 im Übrigen aufrec...

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