Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung von § 15 a Abs. 2 RVG auf Altfälle

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die in § 15 a Abs. 2 RVG geregelte Anrechnung von Rechtsanwaltsgebühren bei der Kostenfestsetzung findet auch auf sogenannte Altfälle Anwendung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 15 a RVG am 5. August 2009 noch nicht abschließend entschieden waren.

2. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.

 

Normenkette

RVG § 15a Abs. 2

 

Tenor

1. Der Einzelrichter überträgt das Beschwerdeverfahren zur Entscheidung auf die Beschwerdekammer.

2. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 211,17 Euro.

 

Tatbestand

A

Der Streit der Parteien betrifft die Anrechnung der infolge der vorgerichtlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin angefallenen Geschäftsgebühr auf die in dem Verfahren vor dem Amtsgericht angefallene Verfahrensgebühr.

Das Amtsgericht Saarlouis hat durch sein am 14.02.2008 verkündetes Urteil (Az.: 30 C 118/07) die Beklagte u.a. verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 250,15 Euro nebst Zinsen zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat das Amtsgericht der Beklagten auferlegt.

Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 16.04.2009 – beim Amtsgericht am 17.04.2009 eingegangen – hat das Amtsgericht – Rechtspflegerin – durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24.06.2009 die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten festgesetzt auf 30,31 Euro nebst Zinsen.

Es hat auf die von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensgebühr eine 0,65 Geschäftsgebühr in Höhe eines Betrages von 177,45 Euro angerechnet und des Weiteren die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus der Staatskasse gezahlte PKH-Vergütung in Höhe von 654,50 Euro von dem Erstattungsbetrag abgezogen.

Gegen diesen am 09.07.2009 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 20.07.2009 sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt,

gegen die Beklagte weitere Kosten in Höhe von 211,17 Euro festzusetzen.

Die Klägerin ist der Auffassung, bei der Kostenfestsetzung sei § 15 a RVG anzuwenden, so dass keine 0,65 Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anzurechnen sei.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie der erkennenden Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

B

I.

Da die in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren entscheidungserhebliche Frage der Anwendbarkeit des neu in das RVG eingefügten § 15 a RVG grundsätzliche Bedeutung hat, überträgt der Einzelrichter das Beschwerdeverfahren der Beschwerdekammer zur Entscheidung (vgl. § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO).

II.

Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RpflG, 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.

III.

1. Die erkennende Kammer ist ebenso wie das Oberlandesgericht Stuttgart in seinem Beschluss vom 11.08.2009 (Az.: 8 W 339/09, zitiert nach Juris, Rn. 10) der Auffassung, dass die seit dem 5. August 2009 in Kraft getretene Vorschrift des § 15 a RVG auch auf noch nicht abschließend entschiedene „Altfälle” wie dem vorliegenden anzuwenden ist (ebenso: Hansens, Anwaltsblatt 2009, 535; Schons, AGS 2009, 216).

Dies ergibt sich daraus, dass für diese gesetzliche Neuregelung in Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften (vgl. Bundesgesetzblatt I 2009 S. 2449) keine Übergangsvorschrift geschaffen worden ist und dass die in § 60 RVG enthaltene Übergangsvorschrift auf diesen Fall keine Anwendung findet.

2. Gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Rechtsanwaltsvergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erteilung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend deshalb nicht erfüllt, weil die Regelung des § 15 a RVG keine Gesetzesänderung in diesem Sinne darstellt, sondern eine von dem Gesetzgeber im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH FamRZ 2009, 225; BGH Beschluss vom 02.10.2008, Az.: I ZB 30/08, zitiert nach Juris Rn.10; BGH NJW 2008, 1323) für erforderlich gehaltene Klarstellung der bereits zuvor geltenden Rechtslage hinsichtlich der Anrechnung von Rechtsanwaltsgebühren (vgl. ebenso: OLG Stuttgart a.a.O. Juris Rn. 10).

2.1. Das Landgericht Saarbrücken (vgl. dazu den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 14. März 2008 – Az.: 5 T 41/08 m.w.N.) hat ebenso wie zahlreiche andere Gerichte (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 16.01.2008 – Az.: 2 B 8/08 – zitiert nach juris, Rdnr. 9; OLG Karlsruhe, JurBüro 2007, 635; OLG München, Rechtspfleger 2007, 686; OLG Koblenz, JurBüro 2007, 636; OL...

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