Verfahrensgang

AG Münster (Urteil vom 22.11.2000; Aktenzeichen 48 C 6412/00)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 22. November 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung, jedoch trägt die Streithelferin der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer folgt im wesentlichen den Gründen der angefochtenen Entscheidung.

Es ist nicht rechtsfehlerhaft, wie die Klägerin meint, auf die Erklärungen der Beklagten die Regelungen des Haustürwiderrufsgesetzes anzuwenden. Auch die Kammer folgt insoweit den schon vom Amtsgericht herangezogenen Rechtsentscheiden der Oberlandesgerichte Braunschweig vom 15. September 1999 (Wohnungswirtschaft und Mietrecht 1999 Seiten 631 bis 633) und Koblenz vom 9. Februar 1994 (NJW 1994 S. 418 f.), die mit überzeugenden Gründen in vergleichbaren Fällen auch den Mieter als „Verbraucher” und den Vermieter als „Unternehmer” i. S. dieses Gesetzes angesehen haben. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat diese Auffassung auch in der Literatur Zustimmung gefunden (vgl. Ulmer in Müko Bd. 3, 3. Auflage München 1995, HausTWG § 1 Rn. 11; Palandt-Putzo 60. Auflage München 2001 HausTWG § 1 Rn 7; Fischer/Machunsky Haustürwiderrufsgesetz 2. Auflage Neuwied 1995 § 1 Rn. 30 m.w.N.). Danach ist die Aussage gerechtfertigt, dass mit der inzwischen ganz herrschenden Meinung von der prinzipiellen Anwendbarkeit des HausTWG auf Wohnungsmietverträge auszugehen ist (so auch Herr „Mieterschutz durch das Haustürwiderrufsgesetz” in Wohnungswirtschaft und Mietrecht 1999 S. 607 mit. vielen Nachweisen). Im übrigen darf nicht übersehen werden, dass auch ohne Anwendung des HausTWG dem Mieter in Fällen, in denen ihm keine ausreichende Bedenkzeit eingeräumt worden ist, ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss auf Befreiung von den neu vereinbarten Pflichten zugestanden wird (vgl. Fischer/Machunsky a.a.O. Grundlagen Rn. 70 m.w.N.). Schließlich besteht auch entgegen der Ansicht der Klägerin keine Veranlassung, von diesem Schutz die Änderung bestehender Verträge auszunehmen. Der Schutz vor unangemessener Überrumpelung ist hier ebenso bedeutsam wie bei einem Neuabschluss (vgl. dazu auch Herr a.a.O. und Fischer/Machunsky a.a.O. § 1 Rn. 32). Wenn, wie in diesem Fall, die Miete um 129 % – von 327,50 DM auf 750,00 DM im Monat – erhöht werden soll, liegt eine ganz bedeutende und substanzielle Vertragsänderung vor, bei der das Schutzbedürfnis nicht geringer ist als bei einem Neuabschluss.

Da die angestrebte Vertragsabänderung in der Privatwohnung der Beklagten erfolgte, liegen auch die Voraussetzungen der „Überrumpelung” nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HausTWG vor. Eine „vorhergehende Bestellung” nach Abs. 2 Nr. 1 durch die Beklagte ist nicht gegeben. Schon nach dem eigenen Vorbringen der Streithelferin der Klägerin, das sich diese nach der Erklärung ihres Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zu eigen macht, kann von dem Vorliegen einer solchen „Bestellung” nicht ausgegangen werden. Nach h.M. kommt diese Ausnahme insbesondere nicht in Betracht, wenn der Unternehmer die Unterredung in der Wohnung des Verbrauchers durch eine vorherige telefonische Kontaktaufnahme veranlasst hat (so BGHZ 109, 127 m.w.N.). So aber liegt die Sache hier. Denn hier hat nicht etwa die Beklagte bei der Streithelferin angerufen und um den Besuch eines Mitarbeiters gebeten. Vielmehr hat der benannte Mitarbeiter der Streithelferin die Beklagte angerufen und seinen Besuch angekündigt. Wörtlich heißt es, er habe „Nachfrage gehalten, ob er einmal vorbeischauen dürfe”. Es mag dahingestellt bleiben, ob nicht daraus und aus dem Fehlen jeglicher Andeutungen bei diesem Telefonat gegenüber der hochbetagten Beklagten über den Zweck des Besuchs schon eine schuldhafte Pflichtverletzung abgeleitet werden kann. Jedenfalls ist von einer Überrumpelung im Sinne der genannten Norm auszugehen.

Daran ändert sich im Ergebnis auch nichts dadurch, dass vor Jahren, nach dem Vortrag der Klägerin im Oktober 1995, mit der Beklagten in ähnlicher Art und Weise eine Mieterhöhung vereinbart worden war. Aus welcher rechtlichen Erwägung heraus dieser Umstand relevant sein sollte, trägt die Klägerin nicht vor. Eine solche Relevanz ist auch nicht gegeben. Aus gesetzwidrigem oder auch nur unredlichem eigenen Verhalten können weder die Streithelferin der Klägerin noch diese selbst als deren Rechtsnachfolgerin Rechte herleiten. Denn einen entsprechenden Rechtsgrundsatz gibt es nicht. Andererseits hat auch die Beklagte ihr Widerrufsrecht im vorliegenden Fall dadurch weder verloren noch verwirkt. Wer sich in früherer Zeit einmal hat überrumpeln lassen, verliert damit noch nicht für die Zukunft seine ihm gesetzlich zustehenden Rechte. Sofern die Beklagte aber damals nicht überrumpelt worden sein sollte, hat sie ebensowenig das Recht verloren oder verwirkt, sich später gegen eine solche Überrumpelung wie hier a...

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