Entscheidungsstichwort (Thema)

Monatlich vier Bewerbungen als Bemühen eines arbeitslosen Schuldners um eine angemessene Erwerbstätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Monatlich vier Bewerbungen stellen kein ausreichendes Bemühen eines arbeitslosen Schuldners um eine angemessene Erwerbstätigkeit dar. Eine Vereinbarung mit einem Träger für Sozialleistungen ist nicht geeignet, die Obliegenheiten des Schuldners gem. § 4c Nr. 4 InsO zu regeln oder zu begrenzen.

 

Normenkette

BGB § 1574 Abs. 2; InsO § 4c Nr. 4

 

Tatbestand

Mit Schreiben v. 20.7.2010 (Eingang bei Gericht am 30.7.2010) beantragte der Schuldner beim AG Gera – Insolvenzgericht – die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen und stellte zugleich den Antrag auf Restschuldbefreiung gem. § 287 InsO.

Dem Antrag waren die ausgefüllten amtlichen Formulare, Personalbogen, Bescheinigung über das Scheitern außergerichtlicher Einigungsversuche, Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO, Vermögensübersicht und Vermögensverzeichnis, sowie ein Gläubiger- und Forderungsverzeichnis usw. für das gerichtliche Verfahren beigefügt. Ferner beantragte der Schuldner die Stundung der Kosten des Verfahrens.

Der Schuldner wurde am 5.1.1959 geboren. Er ist seit 1996 geschieden, kinderlos und niemandem zum Unterhalt verpflichtet. Er ist gelernter Maschinenbauer und Vollmatrose und war ehemals selbstständig als Handelsvertreter. Der Schuldner ist seit 2008 erwerbslos und bezieht Sozialleistungen nach dem SGB II.

Mit Beschl. v. 14.9.2010 hat das AG Gera – Insolvenzgericht – dem Schuldner die Kosten des Eröffnungsverfahrens gestundet. Der Schuldner wurde zudem auf seine Erwerbsobliegenheit gem. § 4c Nr. 4 InsO hingewiesen. Durch Beschluss des AG Gera v. 8.10.2010 wurde dem Schuldner aufgegeben, binnen 10 Tagen seine im Zeitraum v. 15.9.2010 bis zum 8.10.2010 vorgenommenen Bemühungen um eine sozialversicherungspflichtige Vollzeittätigkeit vollständig zu dokumentieren. Hierzu seien mindestens der Tag der Bewerbung, der Arbeitgeber und der dortige Ansprechpartner, der Anlass der Bewerbung, die Art und Weise der Bewerbung sowie die Art der angestrebten Tätigkeit und der Ablehnungsgrund nachzuweisen. Das Gericht wies ferner auf die näheren Bedingungen der Arbeitsobliegenheiten hin.

Am 20.10.2010 legte der Schuldner eine Eingliederungsvereinbarung gem. § 15 SGB II mit der Stadt Jena v. 1.9.2010 vor, demzufolge er monatlich vier Bewerbungsbemühungen nachzuweisen habe. Der Schuldner legte ferner zwei Bewerbungsschreiben v. 29.9.2010 bei der Leipziger Volkszeitung bzw. der Firma E & Co. GmbH, ein Absageschreiben der Firma E & Co. GmbH v. 6.10.2010, ein Bewerbungsschreiben des Schuldners bei K Vertrieb v. 17.9.2010 sowie ein Absageschreiben der Firma H GmbH v. 7.9.2010 vor.

Mit Beschl. v. 20.10.2010 hat das AG Gera – Insolvenzgericht – den Rechtsanwalt B, Altenburg, mit der Erstattung eines Gutachtens zwecks Feststellung von Tatsachen, die dem Gericht den Schluss auf Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Schuldners ermöglichen, beauftragt.

Das Gutachten wurde am 31.1.2011 dem Insolvenzgericht vorgelegt. Auf den Inhalt des Gutachtens wird verwiesen. Das Gutachten kam im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass der Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Der Gutachter kam ferner zu dem Ergebnis, dass das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens voraussichtlich nicht decken werde. Hinsichtlich der Erfüllung der Erwerbsobliegenheit teilte der Gutachter mit, dass der Schuldner seit August 2008 erwerbslos sei und von Sozialleistungen lebe. Nach den von dem Schuldner vorgelegten Unterlagen habe dieser für den Zeitraum v. 23.3.2010 bis zum 26.10.2010 lediglich 20 Bewerbungen um eine Arbeitsstelle nachgewiesen, mithin im Durchschnitt monatlich nur drei Bewerbungen. Er habe sich daher nicht ausreichend um eine Erwerbstätigkeit bemüht. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Schuldner ausweislich einer Mitteilung der Stadtverwaltung Jena v. 17.1.2011 intensiv um Arbeit bemüht sei. Denn für die Gewährung der Stundung der Verfahrenskosten würde nach der Rechtsprechung des OLG Jena zur Erfüllung der Erwerbsobliegenheiten rd. 20 konkrete Stellengesuche monatlich vorauszusetzen sein. Der Schuldner könne sich für die Dauer der vom Arbeitsamt bewilligten Integrationshilfe auch nicht auf Leistungsunfähigkeit berufen, denn hierbei handele es sich nicht um eine Umschulung.

Dem trat der Schuldner mit Schriftsatz v. 17.2.2011 entgegen und machte geltend, dass er nach der Eingliederungsvereinbarung mit der Stadt Jena lediglich zu vier Bewerbungsbemühungen monatlich verpflichtet sei. Dieser Verpflichtung sei jederzeit nachgekommen; es sei abwegig, von ihm 20 Stellengesuche monatlich zu erwarten. Eine solche Anforderung finde weder im Gesetzestext noch in der Literatur oder der Rechtsprechung eine Stütze.

Mit Beschl. v. 9.3.2011, auf dessen Inhalt verwiesen wird, hat das AG Gera – Insolvenzgericht – die Stundung der Verfahrenskosten aufgehoben und den Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahr...

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