Rz. 72
Die Vorschrift des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, die den Vermieter bei Zahlungsverzug des Mieters zur fristlosen Kündigung berechtigt, sofern der Zahlungsverzug im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 nicht auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19 Pandemie vom 27.3.2020, BGBl I Nr. 14, Seite 569–574; vgl. dazu Rn. 74a), enthält drei Kündigungstatbestände:
Wohnraum
Für Wohnraum ist die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen ist, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt (§ 569 Abs. 3 Nr. 1). Ist eine Mietzahlung in anderen Zeitabschnitten vereinbart (etwa wochen- oder quartalsweise oder jährlich), ist der Rückstand auf eine Monatsmiete umzurechnen (Schmidt-Futterer/Streyl, § 543 Rn. 171).
Insolvenz des Mieters
Bei Insolvenz des Mieters sind nur diejenigen Zahlungsrückstände kündigungsbegründend, die nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten sind (§ 112 InsO), nicht die davor entstandenen Rückstände. Dasselbe gilt bei unpünktlichen Mietzahlungen. Eine vor Eröffnung des Verfahrens bereits zugegangene Kündigung wirkt auch gegenüber dem Insolvenzverwalter.
Rz. 73
Der Begriff "Miete" wird in § 543 in zweierlei Zusammenhängen gebraucht. Er bezeichnet zum einen die Verpflichtung, mit deren Erfüllung der Mieter in Verzug geraten muss, und zum anderen in Verbindung mit bestimmten Zeiträumen ("für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils" in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a bzw. "über mehr als zwei Termine … mit der … Miete … für zwei Monate" in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b) die Höhe des für die Kündigung erforderlichen Zahlungsrückstands. "Miete" i. S. dieser Vorschriften ist zunächst die Grundmiete in der geschuldeten Höhe.
Rückstandsberechnung
Für die Rückstandsberechnung kommt es auf die vertraglich vereinbarte und nicht die wirksame Miete auch dann an, wenn eine Mietpreisvereinbarung gegen § 556d (Mietpreisbremse verstößt oder gemäß § 5 WiStG, § 291 StGB, § 134 unwirksam ist (Schmidt-Futterer/Streyl, § 543 Rn. 175 m. w. N.).
Bei Mieterhöhungen etwa gemäß § 558 (auf die ortsübliche Vergleichsmiete), § 559 (nach einer Modernisierung), § 560 (wegen Betriebskostensteigerungen), auf Grund einer Staffelmietvereinbarung, Mietsenkungen gemäß § 560 (wegen verringerter Betriebskosten) oder auf Grund einer Vertragsanpassung gemäß § 313 dürfte auf die höchste im Rückstandszeitraum geschuldete Miete abzustellen sein (Schmidt-Futterer/Streyl, § 543 Rn. 176 m. w. N.).
Wegen verjährter (Schmidt-Futterer/Streyl, § 543 Rn. 183 m. w. N.) oder verwirkter Forderungen kann der Vermieter nicht kündigen. Bei Rückständen aufgrund von gerichtlichen Entscheidungen gemäß §§ 558–560 kann der Vermieter nicht vor dem Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung kündigen (§ 569 Abs. 3 Nr. 3). Da im Falle der Verurteilung eines Mieters, einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters zuzustimmen, seine Verpflichtung zur Zahlung der erhöhten Miete für die Zeit ab dem Beginn des dritten Kalendermonats nach dem Zugang des Erhöhungsverlangens erst mit Rechtskraft des Zustimmungsurteils fällig wird und Verzug mit den Erhöhungsbeträgen daher nicht rückwirkend eintreten, sondern erst nach Rechtskraft des Zustimmungsurteils begründet werden kann, ist eine Mahnung nach Rechtskraft erforderlich, um Verzug des Mieters zu begründen (BGH, Urteil v. 4.5.2005, VIII ZR 94/04, GE 2005, 730). Dafür reicht auch ein Kündigungsschreiben aus, in dem die rückständigen Beträge aufgeführt sind (BGH, Urteil v. 12.10.2011,VII ZR 3/11, NJW 2012, 53; BGH, Urteil v. 20.2.2008, VIII ZR 139/07, GE 2008, 114; LG Berlin, Urteil v. 25.5.2012, 63 S 426/11, GE 2012, 956). Eine Mahnung ist nicht erforderlich für vereinbarte Mieterhöhungen zu einem bestimmten Termin; auch nicht, wenn sie in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart worden sind (OLG Hamm, RE v. 27.12.1991, GE 1992, 145).
Ein erst nach Mietfälligkeit gemäß § 556b Abs. 1 in den ersten Tagen eines Monats eintretender Mangel hat keinen Einfluss mehr auf das zu Anfang des Monats gemäߧ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 entstandene Kündigungsrecht (Schmidt-Futterer/Streyl, § 543 Rn. 179). Das Kündigungsrecht erlischt in solchen Fällen vielmehr nur, wenn der Vermieter vor der Kündigung vollständig befriedigt wird (§ 543 Abs. 2 Satz 2), wozu es ausreicht, wenn für den Monat, in dem der Mangel auftrat, die geminderte Miete gezahlt wird; für die Zeit davor muss aber der ganze Rückstand beglichen werden (Sc...