Leitsatz (amtlich)

1. Als von einem Bauträger gestellte allgemeine Geschäftsbedingung eines Bauträgervertrags benachteiligt die folgende Regelung den Erwerber unangemessen und ist daher unwirksam:

"Der Termin für die bezugsfertige Herstellung der Wohneinheit verschiebt sich immer dann, wenn der Käufer eine Kaufpreisrate zum Fälligkeitszeitpunkt nicht gezahlt hat, und zwar um denjenigen Zeitraum, der zwischen dem Tage der Fälligkeit der Kaufpreisrate und ihrer Zahlung liegt."

2. Beauftragt der Erwerber beim Bauträger nachträglich Sonderwünsche für die Ausstattung seiner Wohneinheit, die über den im Bauträgervertrag vereinbarten Standard hinausgehen und vereinbart er mit dem Bauträger hierfür eine zusätzliche Vergütung, richtet sich deren Fälligkeit im Zweifel auch nach einer vertraglichen auf § 3 Abs. 2 MaBV gestützten Regelung.

3. Auch wenn ein Bauträger dem Erwerber die versprochene Wohneinheit nicht zum vereinbarten Termin übergeben hat, ist er mit der Erfüllung dieser Vertragspflicht nicht in Verzug, solange er die Wohneinheit bezugsfertig hergestellt hat und sich auf die Einrede des § 320 BGB berufen kann. Dazu ist er berechtigt, solange er die Erfüllung des Vertrages mit dem Erwerber nicht abschließend verweigert hat und zugleich der Erwerber die Zug um Zug gegen Übergabe geschuldeten Zahlungen nicht geleistet oder in Annahmeverzug begründender Form angeboten hat.

4. Die Dauer dieser verzugsfreien Einredephasen während der Durchführung eines Bauträgervertrags ist notfalls anhand des Verlaufs der vertraglichen Leistungsbilanz chronologisch zu ermitteln.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 63 O 79/17)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts vom 28. September 2019 wie folgt geändert:

1. Die Beklagte wird veurteilt, an die Klägerin 27.845,38 EUR nebst der folgenden Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen:

• Aus 18.000,00 EUR ab dem 14. Dezember 2017,

• aus weiteren 1.000,00 EUR jeweils ab dem 1. Januar 2018 und dem 1. Februar 2018,

• aus weiteren 915,00 EUR jeweils zu jedem Monatsersten ab dem 1. März 2018 bis zum 1. Oktober 2018

• sowie anstelle dieser Teilbeträge aus dem vollen Betrag von 27.845,38 EUR ab dem 1. November 2018.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 887,03 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits haben in Abänderung der Kostenentscheidung des Landgerichts die Klägerin zu 30 % und die Beklagte zu 70 % zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem Bauträgervertrag wegen verspäteter Übergabe der verkauften Wohneinheit auf Schadensersatz in Anspruch.

Mit notariellem Vertrag vom 2. April 2013 (im Folgenden: Bauträgervertrag) verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin das Wohneigentum an der Wohnung Nr. 7 nebst einem Kellerraum auf dem Grundstück J... Straße ... / ..., ... zu verschaffen. In § 2a dieses Vertrages verpflichtete sich die Beklagte zur Errichtung dieser Wohnung.

Der Bauträgervertrag enthält unter anderem die folgenden Regelungen, wobei die Klägerin als Käufer, die Beklagte als Verkäufer bezeichnet wird:

§ 2.2: "Der Kaufpreis beläuft sich auf 165.792,- EUR."

§ 2a.3: "Die Bezugsfertigkeit des Sondereigentums der kaufgegenständlichen Wohnung (...) muss bis zum 30. Juni 2014 erfolgen."

§ 2a.3a: "(...) Schließlich verschiebt sich der Bezugsfertigstellungstermin immer dann, wenn der Käufer eine Kaufpreisrate zum Fälligkeitszeitpunkt nicht gezahlt hat, und zwar um denjenigen Zeitraum, der zwischen dem Tage der Fälligkeit der Kaufpreisrate und ihrer Zahlung liegt."

§ 2a.3b: "Bei schuldhafter Überschreitung des zugesicherten Bezugsfertigkeitstermin der Wohnung schuldet der Verkäufer für die Folgezeit ab dem 1. Juli 2014 - jedoch unter Berücksichtigung von Abs. 3a - dem Käufer Schadensersatz in Höhe von monatlich 9,- EUR pro qm, maximal jedoch 10 % des Kaufpreises, ohne dass weitergehende Schadensersatzansprüche des Käufers wegen Fristüberschreitung (auch wegen etwaiger steuerlicher Nachteile) ausgeschlossen sind. (...)"

Nach § 3.4 ist der Kaufpreis ist in sechs Raten zu zahlen, wobei die Klägerin Zug um Zug gegen Übergabe der bezugsfertigen Wohnung einen Zahlungsstand von 96,5 % schuldet und ihr ein Anspruch auf Sicherheitsleistung in Höhe von 5 % des Kaufpreises gemäß § 632a BGB zugebilligt wird (§ 3.1).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 verwiesen.

In einem weiteren notariellen Vertrag vom 30. September 2013 verkaufte die B...

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