Leitsatz (amtlich)

Kündigt ein Vermieter gem. § 543 Abs. 2 Nr. 3a BGB fristlos und überholt diese fristlose Kündigung eine zuvor vom Insolvenzverwalter erklärte ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nach § 109 InsO, hat der Vermieter grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen Kündigungsfolgeschadens.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 20.07.2006; Aktenzeichen 25 O 490/05)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.7.2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des LG Berlin - 25 O 490/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 20.7.2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des LG Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Die Beklagte hafte der Klägerin nicht auf Zahlung aus der am 29.6.2000 übernommenen Mietbürgschaft. Die Klägerin habe gegen die Hauptschuldnerin keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Mietausfalls für die Monate April, Mai und Juni 2005.

Das LG habe unzutreffend nicht berücksichtigt, dass die von dem Insolvenzverwalter der Hauptschuldnerin mit Schreiben vom 9.11.2004 ausgesprochene Kündigung des der Bürgschaft zugrunde liegenden Mietverhältnisses von der durch die Klägerin mit Schreiben vom 19.11.2004 ausgesprochene fristlose Kündigung überholt worden sei und der Klägerin deshalb etwaige Schadensersatzansprüche nicht zustünden. Das LG habe sich dabei ausdrücklich gegen die Rechtsprechung des BGH und die gesamte Kommentierung in der Literatur sowie im Ergebnis gegen die Rechtsprechung des RG zu § 19 KO gestellt.

Ferner habe das LG verkannt, dass in dem der Bürgschaft zugrunde liegenden Mietvertrag vom 30.6.1999 unter § 5 lit. c) zugunsten beider Vertragsparteien ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht vereinbart gewesen sei, von dem der Insolenzverwalter der Hauptschuldnerin jedenfalls mit Schreiben vom 9.11.2004 mit der Folge Gebrauch gemacht habe, dass etwaige Schadensersatzansprüche ausgeschlossen seien.

Auch im Rahmen einer Kündigung gem. § 109 InsO sei nicht die gesetzliche Kündigungsfrist, sondern die vertraglich Vereinbarte anzuwenden.

Das LG sei im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte Schadenshöhe rechtsirrig davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht substantiiert dazu vorgetragen habe, dass die Klägerin ihrer Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB nicht nachgekommen sei. Sie, die Beklagte habe unter Beweisantritt vorgetragen, dass die e.-d. GmbH bereit gewesen sei, die streitgegenständlichen Räume über den Monat März 2005 hinaus zu mieten und insb. die Nutzungsvereinbarung fortzusetzen. Die Klägerin habe hingegen nicht dargelegt, dass bzw. wie sie sich um eine Weitervermietung des Streitobjekte für den Zeitraum April bis Juni 2005 bemüht habe. Die Klägerin müsse sich den durch die gedachte Weitervermietung an die e.-d. GmbH erzielbaren Mietzins i.H.v. 8.000 EUR monatlich, d.h. 24.000 EUR anrechnen lassen.

Die Klageforderung sei nur mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen, da es sich um eine Bürgschaftsforderung handele.

Die Beklagte beantragt, das am 20.7.2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des LG Berlin abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor:

Sie, die Klägerin, habe den streitgegenständlichen Mietvertrag nicht wegen des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gekündigt, sondern allein deshalb, weil der Insolvenzverwalter die laufende Miete nicht gezahlt habe. Diese Fallkonstellation werde in den von der Beklagten in Bezug genommenen Gerichtsentscheidungen überhaupt nicht erörtert. Auch keine einzige Stelle in den gängigen Kommentaren befasse sich mit dem hier in Frage stehenden Problem.

§ 5 Abs. 2 des Mietvertrages habe dem Insolvenzverwalter kein vertragliches Sonderkündigungsrecht gegeben. Davon abgesehen habe der Insolvenzverwalter von einem derartigen Sonderkündigungsrecht auch keinen Gebrauch gemacht.

Sie, die Klägerin, habe in den streitgegenständlichen Monaten April, Mai und Juni 2005 keine Mieter für die streitgegenständlichen Räume gehabt und habe dementsprechend keinen Mietzins erzielen können. Es wäre allein Sache der Beklagten, darzulegen, dass die Klägerin sich nicht um einen Nachfolgemieter gekümmert habe.

Soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz erstmals behaupte, die Schuldnerin sei bereit gewesen, die streitgegenständlichen Räume über den Monat März 2005 hinaus zu mieten und die Nutzungsvereinbarung fortzusetzen, sei der Vortrag völlig neu und verspätet. Die Schuldnerin habe lediglich eine Miete von 2.000 EUR für das ganze Objekt angeboten.

II. D...

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