Leitsatz (amtlich)

Die vom Vermieter gestellte Formularklausel, wonach die Nebenkosten im Verhältnis der Fläche des Mieters zu den "tatsächlich vermieteten Mietflächen im Objekt" erfolgen soll, ist wegen Abwälzung des Leerstandsrisikos auf den Mieter auch in einem Gewerbemietverhältnis nach § 307 BGB unwirksam.

Die wegen Unwirksamkeit des vertraglichen Umlagemaßstabs bestehende Vertragslücke ist durch ergänzende Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB grundsätzlich dahin zu schließen, dass die Umlage im Verhältnis zur gesamten Nutzfläche des Objekts vorgenommen werden soll.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 09.01.2015; Aktenzeichen 32 O 578/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 09.01.2015 verkündete Urteil des LG Berlin -32 O 578/13- teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.836,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 1.752,19 EUR seit dem 01.02.2011 und von 2.083,97 EUR seit dem 01.02.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu tragen. Von den Kosten des

Berufungsverfahrens haben die Klägerin 9/10 und die Beklagte 1/10 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin begehrt - nach Teilrücknahme der Klage mit Schriftsatz vom 09.10.2014 - Nachzahlung von Betriebs- und Heizkosten für die Jahre 2009 und 2010 in Höhe von insgesamt 36.637,92 EUR. Dem liegen folgende Abrechnungen zugrunde:

1) für die Mietfläche von 356,49 qm für 2009:

Abrechnung vom 22.12.2010 (K 3) idF vom 07.10.2014 (K 16) über

24.166,23 EUR,

davon Klageforderung:

21.166,23 EUR,

2) für die Mietfläche von 68,45 qm für 2009:

Abrechnung vom 22.12.2010 (K 4) idF vom 07.10.2014 (K 15) über

2.986,57 EUR,

3) für die Mietfläche von 117,84 qm für 2010:

Abrechnung vom 23.12.2011 (K 5) idF vom 07.10.2014 (K 17) über

12.485,12 EUR.

Das LG hat die Klage abgewiesen, wogegen sich die Berufung der Klägerin richtet. Auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Formularklausel des § 8 Nr. 5 Mietvertrag (MV), wonach eine Umlage nach dem Verhältnis der Mietfläche zu den "tatsächlich vermieteten Mietflächen im Objekt" erfolgen soll, gemäß § 307 BGB unwirksam sei und bei Kürzung diverser Positionen (teils auf Null) kein Nachzahlbetrag verbleibe.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor:

1) Das LG sei zu Recht von der formellen Wirksamkeit der Abrechnungen ausgegangen. Denn es habe ohne weitere Stellungnahme die materielle Richtigkeit der Einzelpositionen geprüft.

2) Zu Unrecht habe das LG die formularmäßige Abwälzung des Leerstandsrisikos auf den Mieter gemäß § 307 BGB für unwirksam gehalten. Indem die "tatsächlich vermietete Fläche" als Umlagemaßstab sowohl in § 8 Nr. 5 als auch § 8 Nr. 22 MV genannt werde, werde er auch hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Bedeutung deutlich hervorgehoben. Die Beklagte habe vor Vertragsschluss die Möglichkeit gehabt, sich über die Ist-Leerstandsflächen im Objekt sowie die Vermarktungsaktivitäten der Klägerin hinsichtlich etwaiger Leerstandsflächen und der Auswirkungen auf Nebenkosten zu erkundigen. Da beide Parteien als Kaufleute, die über eigenes Personal oder über Personal von Schwestergesellschaften über immobilienspezifische Kenntnis verfügten, sei davon auszugehen, dass die Klausel nach abschließendem Entscheidungsprozess Grundlage des gemeinsamen Geschäftswillens geworden sei. Die Beklagte sei ein Unternehmen der G.Gruppe mit über 100 Hotels.

Ein Geschäftsraummieter wie die Beklagte sei entgegen dem LG nicht in gleichem Umfang schützenswert wie ein Wohnraummieter.

Das OLG Düsseldorf gewähre dem Vermieter im Gewerbemietrecht sogar die Möglichkeit, Leerstandskosten nachträglich auf die vorhandenen Mieter zu überbürden, da die Kostentragung allein durch den Vermieter eine krasse Unbilligkeit darstelle (ZMR 2011, 795). Erst recht müsse es dann möglich sein, von Beginn an ein Leerstandsrisiko "auf Augenhöhe" zu regeln. Mit Urteil vom 21.05.2015 -10 U 29/15- habe das OLG Düsseldorf die formularvertragliche Umlage nach den vermieteten Flächen als wirksam anerkannt.

3) Entgegen der Ansicht des LG habe die Klägerin die verwendeten Verteilerschlüssel schriftsätzlich erläutert.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 09.01.2015 verkündeten Urteils des LG Berlin -32 O 578/13- die Beklagte zu verurteilen, an sie 36.637,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 24.152,80 EUR seit dem 01.02.2011 und aus 12.485,12 EUR seit dem 01.02.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufun...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge