Leitsatz (amtlich)

1. Entsteht im Obhutsbereich des (Gewerbe-) Mieters beim Mietgebrauch ein Schaden an der Mietsache (hier: Schaden durch das Ausströmen von Wasser aus einem Wasserhahn unterhalb eines Waschbeckens im Herren-WC), trägt der Mieter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er den Schaden nicht zu vertreten hat.

2. Dieser Darlegungslast genügt der Mieter nicht dadurch, dass er - ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt - vorträgt, es sei nicht ausgeschlossen, dass der Wasserhahn nie geschlossen gewesen sei und am Schadenstag sich eine jahrelange Verstopfung gelöst habe oder aber dass das Absperrventil sich infolge eines mechanischen Defekts gelockert habe.

3. Es bedeutet keinen Verfahrensfehler, wenn das Erstgericht nicht Beweis über behauptete Indizien erhebt, die - bei Wahrunterstellung - für den sicheren Schluss auf die Haupttatsache nicht ausreichen.

4. Das Fehlen eines Ablaufs im Boden eines Herren-WC in einem im Jahre 1910 errichteten Gebäude bedeutet weder einen Mangel der Mietsache noch begründet es ein Mitverschulden des Vermieters an einem Wasserschaden wegen eines offenen Wasserhahns.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 25 O 133/09)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen ihre Mieterin, die Beklagte, Schadensersatzansprüche wegen eines Wasserschadens geltend.

Die Klägerin vermietete an die Beklagte Gewerberäume auf dem Grundstück Blücherstraße 22 in 10961 Berlin. Das Mietverhältnis begann am 1.1.1998.

Am 5./6.9.2007 kam zu einem Wasserschaden, nachdem aus einem geöffneten Wasserhahn unterhalb des Waschbeckens auf dem Herren-WC in den von der Beklagten angemieteten Räumen in großen Mengen Wasser austrat und sich in der gesamten von der Beklagten angemieteten Einheit sowie zumindest auch im Treppenhaus verteilte.

Die Klägerin begehrt Ersatz des ihr vermeintlich entstandenen Schadens i.H.v. insgesamt 51.782,06 EUR sowie von weiteren Nebenkosten.

Die Beklagte, die dem von ihr beauftragten Reinigungsunternehmen, H GmbH, den Streit verkündet hat, macht geltend: Für den Wasserschaden könne auch die Lockerung eines Absperrventils infolge eines mechanischen Defekts ursächlich gewesen sein. Der Wasserhahn sei von den Mitarbeitern der Beklagten nicht genutzt worden. Es werde bestritten, dass Mitarbeiter der Beklagten oder Mitarbeiter der Streitverkündeten, die am Abend des 5.9.2007 in den Gewerberäumen der Beklagten Reinigungsarbeiten durchführte, am 5. oder 6.9.2007 den Wasserhahn auf- und nicht wieder zugedreht hätten.

Nach der Rechtsprechung des BGH müsse zunächst der Vermieter nachweisen, dass sich der Wasserhahn vor dem Schadenseintritt in ordnungsgemäßen Zustand befunden habe.

Im Übrigen sei nicht vorhersehbar gewesen, dass trotz des Nichtbenutzens des Wasserhahns unterhalb des Waschbeckens aus diesem Wasser austreten werde.

Die Klägerin habe sich jedenfalls ein Mitverschulden anrechnen zu lassen, weil sich das Herren-WC in einem nicht ordnungsgemäßen Zustand befunden habe. Denn unstreitig befand sich dort keine Ablaufstelle. Dies stelle eine Verstoß gegen die DIN 1986 "Entwässerung für Gebäude und Grundstücke" dar. Hätte es einen Fußbodenablauf gegeben, wäre es zu gar keinem Schaden gekommen.

Das LG hat im Wege eines Grundurteils ausgesprochen, der Anspruch der Klägerin sei dem Grunde nach gerechtfertigt. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beweislast für die Ursache des Schadens liege hier bei der Beklagten, weil der Schaden im Obhuts- und Gefahrenbereich des Nutzungsberechtigten entstanden sei. Es spreche alles dafür, dass der Schaden von Mitarbeitern der Streitverkündeten verursacht worden sei. Für einen technischen Defekt seien keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein Mitverschulden müsse sich die Klägerin nicht zurechnen lassen, weil der Wasserschaden offenbar vorsätzlich verursacht worden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend:

Es stelle eine Verletzung rechtlichen Gehörs dar, dass das LG die Darstellung zum möglichen alternativen Geschehensablauf ohne Beweisaufnahme verworfen habe.

Unzutreffend sei, dass das LG die Beweislast für eine fehlende Verursachung bzw. ein fehlendes Verschulden bei der Beklagten gesehen habe. Die Beklagte wiederholt insoweit den in der ersten Instanz gehaltenen Vortrag und macht weiter geltend, sie habe unter Beweisantritt behauptet, dass sämtliche ihrer Mitarbeiter sowie sämtliche der dort tätigen Mitarbeiter der Streitverkündeten den Wasserhahn nicht berührt hätten.

Das LG gehe von einer vorsätzlichen Schadenszufügung aus. Dann müsse sich die Beklagte das vorsätzliche schädigende Verhalten aber nicht gem. § 278 BGB zurechnen lassen, weil kein sachlicher Zusammenhang zwischen den Reinigungsaufgaben der Erfüllungsgehilfin und dem vom LG angenommenen mutwilligen Öffnen eines Wasserhahns bestehe.

Ein Mitverschulden der Klägerin trete j...

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