Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung der Geschäftsgebühr bei Festsetzung der Verfahrensgebühr im nachfolgenden Rechtsstreit

 

Leitsatz (amtlich)

Ein vorprozessuales Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten, in dem der Beklagte aufgefordert wurde, bei Vermeidung der angedrohten Klage den Anspruch innerhalb der gesetzten Frist zu erfüllen, steht im nachfolgenden Rechtsstreit der Festsetzung einer vollen Verfahrensgebühr nach RVG VV Nr. 3100 zugunsten des Klägers nicht entgegen (Abweichung von BGH, Beschl. v. 22.1.2008 - VIII ZB 57/07).

 

Normenkette

ZPO § 91; RVG-VV Nr. 2300 ff., Nr. 3100

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 18.02.2008; Aktenzeichen 22 O 312/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt bis 7.000 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nahm den Beklagten auf Genehmigung eines am 30.5.2007 notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrages in Anspruch. Nachdem ein vorprozessuales Aufforderungsschreiben erfolglos geblieben war, reichte sie am 31.7.2007 die Klage ein. Der Beklagte wurde durch Versäumnisurteil vom 15.2.2008 antragsgemäß verurteilt. Auf den Antrag der Klägerin vom 15.2.2008 hat das LG die bis dahin entstandenen Kosten des Rechtsstreits gegen den Beklagten festgesetzt, darunter eine 1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 RVG-VV nach dem vom LG festgesetzten Gegenstandswert von 2.250.000 EUR. Gegen diese Festsetzung im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.2.2008 wendet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten, mit der dieser geltend macht, für das anwaltliche Aufforderungsschreiben vom 12.7.2007 (Anl. K 6) sei den Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Gebühr gem. Nr. 2300 RVG-VV entstanden, die Verfahrensgebühr Nr. 3100 sei nach Vorbem. 3 (4) RVG-VV daher auf 0,65 zu kürzen.

Mit Beschluss vom 31.3.2008 hat der Einzelrichter das Verfahren gem. § 568 Satz 2 ZPO dem Senat zur Entscheidung übertragen.

II. Das Rechtsmittel ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig, hat jedoch in der Sache aus den im Beschluss des Einzelrichters vom 31.3.2008 (vgl. AGS 2008, 216) ausgeführten Gründen, auf die Bezug genommen wird, keinen Erfolg.

Ergänzend ist anzumerken:

Das von der sofortigen Beschwerde angestrebte Ergebnis, die der Klägerin zu erstattende Verfahrensgebühr RVG VV 3100 wegen des vorprozessualen Anwaltsschreibens vom 12.7.2007 (Anl. K 6) von 1,3 auf 0,65 und damit um 5.359,90 EUR zzgl. MWSt zu kürzen, ist mit § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht in Einklang zu bringen. Das Schreiben, dem der Klageschriftsatz im Entwurf beigefügt war, in dem auf das hohe Prozesskostenrisiko hingewiesen und dem Beklagten eine letzte Frist zur Vermeidung der Klage gesetzt wurde, war zweifellos eine zweckentsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung, so dass die anwaltlichen Gebühren nach RVG VV 2300, 2302, soweit sie bei der Festsetzung auf die Gebühr VV 3100 anzurechnen sind, ihrerseits als notwendige Prozesskosten festzusetzen wären. Anders als die nicht anrechenbare Geschäftsgebühr (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 6.12.2007 - I ZB 16/07) würden diese Kosten durch eine gesetzlich angeordnete Anrechnung zu Kosten "des Rechtsstreits".

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war aus den Gründen des Beschlusses vom 31.3.2008 zuzulassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2020997

MDR 2008, 1427

AGS 2008, 473

HRA 2008, 9

RVGreport 2008, 312

VRR 2008, 363

OLGR-Ost 2008, 844

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