Leitsatz (amtlich)

Der Umstand, dass sich der tatsächliche zu einem bestimmten Zeitpunkt geschuldete Erbbauzins bei einer vereinbarten Indexgleitklausel nicht unmittelbar aus dem Grundbuch ergeben muss (vgl. BGH, Urt. v. 1.6.1990 - V ZR 84/89 -, NJW 1990, 2380), steht der Eintragung eines insoweit veränderten Erbbauzinses nicht entgegen.

 

Normenkette

BGB § 1105; ErbbauRG § 9; GBO §§ 13, 19

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Mitte (Beschluss vom 06.02.2014; Aktenzeichen 241 WS 1...N-2, 5...N)

 

Tenor

Der Beschluss wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, an Stelle des in Abt. II lfd. Nr. 1 gebuchten Erbbauzinses i.H.v. 3.474 EUR einen solchen i.H.v. 3.762,24 EUR jährlich mit Wertsicherungsklausel einzutragen.

 

Gründe

Die Beteiligten schlossen am 2.7.2007 zur UR-Nr. 2.../2...des Notars C.-F.F.einen Erbbaurechtsvertrag. Darin vereinbarten sie einen Erbbauzins von jährlich 3.474 EUR und dessen Sicherung durch erstrangige Eintragung im Grundbuch. Nach § 3 des Vertrags soll der Erbbauzins unter bestimmten Bedingungen der wirtschaftlichen Entwicklung nach oben oder unten anzupassen sein, erstmals zum 1.8.2010 und danach frühestens nach Ablauf von drei Jahren seit der jeweils letzten Neufestsetzung.

Am 24.10.2008 wurde das im Beschlusseingang näher bezeichnete Erbbaugrundbuch angelegt und in Abt. II lfd. Nr. 1 ein Erbbauzins i.H.v. 3.474 EUR jährlich u.a. mit Wertsicherungsklausel eingetragen.

Am 29.10.2013 bewilligten die Beteiligten zu 2 und 3 "die Eintragung einer weiteren Erbbauzinsreallast für den jeweiligen Eigentümer des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks (...) i.H.v. 288,24 EUR jährlich unter gleichzeitiger Vereinigung mit der derzeit eingetragenen Erbbauzinsreallast i.H.v. 3.474 EUR jährlich zu einer jetzt geschuldeten Erbbauzinsreallast i.H.v. 3.762,24 EUR jährlich als Ausdruck der vereinbarten Wertsicherung mit dem bisher vereinbarten Inhalt (wertgesichert und zwangsversteigerungsfest) - UR-Nr. 3.../2...des Notars C.-F.F.in B.

Am 30.10.2013 hat der Urkundsnotar unter Überreichung seiner UR-Nr. 3.../2...die Eintragung entsprechend der dortigen Bewilligung beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 15.11.2013 darauf hingewiesen, der Bewilligung sei nicht zu entnehmen, ob nun in Abt. II ein neuer Erbbauzins i.H.v. 288,24 EUR eingetragen werden solle oder ob eine Veränderung des Rechts Abt. II lfd. Nr. 1 einzutragen sei. Im zweiten Fall wäre eine Rangrücktrittserklärung des Berechtigten Abt. II lfd. Nr. 2 [der Beteiligten zu 1] erforderlich. Zur Eintragung einer weiteren Reallast sei die Eigentümerzustimmung erforderlich.

Mit Schriftsatz vom 23.12.2013 hat der Urkundsnotar mitgeteilt, der Erhöhungsbetrag von 288,24 EUR sei weder eine neue Erbbauzinsreallast noch eine Veränderung des eingetragenen Rechts Abt. II lfd. Nr. 1, sondern lediglich Ausdruck der im Grundbuch eingetragenen Wertsicherung.

Das Grundbuchamt hat den Antrag auf Eintragung mit Beschluss vom 6.2.2014 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 14.3.2014, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 20.3.2014 nicht abgeholfen hat.

II. Die Beschwerde ist gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das Grundbuchamt hat einen Antrag zurückzuweisen, wenn die Hebung eines mittels Zwischenverfügung aufgezeigten Eintragungshindernisses innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgewiesen worden ist, § 18 Abs. 1 S. 2 GBO. Voraussetzung ist die Rechtmäßigkeit der Zwischenverfügung, woran es hier fehlt. Das in der Zwischenverfügung vom 15.11.2013 aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht und der beantragten Eintragung stehen keine weiteren Hindernisse entgegen.

2. Allerdings sind die Beanstandungen des Grundbuchamts im Ausgang durchaus gerechtfertigt. Die Bewilligung vom 29.10.2013 ist auslegungsbedürftig, weil die Formulierung "Eintragung einer weiteren Erbbauzinsreallast" den Schluss zulässt, ein neues ("weiteres") Recht solle eingetragen werden.

a) Der Zweck des Grundbuchs, auf sicherer Grundlage bestimmte und eindeutige Rechtsverhältnisse für unbewegliche Sachen zu schaffen und zu erhalten, erfordert klare und eindeutige Eintragungen. Dementsprechend haben die Beteiligten im Eintragungsverfahren auf klare und eindeutige Erklärungen zu achten (Senat, Beschl. v. 22.6.2010 - 1 W 277/10 -, FGPrax 2010, 172; Demharter, GBO, 29. Aufl., Anhang zu § 13 Rz. 5). Das schließt die Auslegung von Grundbucherklärungen nicht aus. Im Grundbuchverfahren kann im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz und das Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsgrundlagen eine Auslegung aber nur erfolgen, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt. Dabei ist auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH NJW 1995, 1081,1082, Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rz. 172; Demharter, a.a.O., § 19 Rz...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge