Leitsatz (amtlich)

Aus einer Formularklausel, wonach sich die Mietvertragsparteien zur Herstellung der Schriftform verpflichten und bis zum endgültigen Scheitern ihrer Bemühungen auf das Recht zur Kündigung wegen fehlender Schriftform verzichten, folgt im Verhältnis der ursprünglichen Vertragsparteien die Treuwidrigkeit einer auf Formmangel gestützten Kündigung, solange nicht erfolglos versucht ist, die andere Partei zu einer Heilung des Mangels zu veranlassen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 18.02.2015; Aktenzeichen 29 O 274/14)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.2.2015 verkündete Urteil des LG Berlin - 29 O 274/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren und - in Änderung des Beschlusses des LG Berlin vom 18.2.2015 - für den ersten Rechtszug auf 231.336 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. [1] Der am 2.10.2015 verstorbene Erblasser, der von den nunmehrigen Klägern beerbt worden ist, und die S.Inc. schlossen am 23.6.2012 einen Mietvertrag über Gewerberäume in der W.straße ..., ...B., und am 29.11.2012 auch mit den Beklagten eine "Vereinbarung über Mietvertragsübernahme". Das LG Berlin hat auf die Klage des Erblassers festgestellt, dass das mit Vereinbarung vom 29.11.2012 entstandene und mit Wirkung zum 1.1.2013 übergegangene Mietverhältnis zwischen dem Erblasser und den Beklagten zu 1. und 2. vor Ablauf der 10-jährigen Festmiete am 31.8.2022 nicht ordentlich durch die Beklagten zu 1. und zu 2. gekündigt werden kann und insbesondere nicht aufgrund der mit Schreiben vom 2.7.2014 erklärten Kündigung mit Wirkung zum 31.12.2014 beendet worden ist. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

[2] Mit der Berufung begehren die Beklagten weiterhin Klageabweisung und machen geltend:

Die Mietvertragsübernahmevereinbarung der Parteien wahre nicht die nach § 550 Satz 1 BGB erforderliche Schriftform, schon weil sie die Vereinbarung über die Vergütung von Sonder-wünschen vom 29.11.2012 (Anlage B 16) nicht erwähne. Diese sei ein weiterer Nachtrag zum Mietvertrag vom 23.6.2012 und eine wesentliche vertragliche Vereinbarung, mit der eine spätere Übergabe des Erdgeschosses sowie Einzelheiten zu Sonderwünschen und zu deren Vergütung durch den Mieter geregelt worden seien.

Zum anderen sei das Mietobjekt im Mietvertrag nicht hinreichend bestimmt, weil die im Erdgeschoss des Hauses W.straße ...zu einer Miete von 15 EUR/qm zuzüglich 2,50 EUR/qm Nebenkostenvorauszahlung mitvermietete Grünfläche überhaupt nicht bestimmt und auch anhand der den mietvertraglichen Vereinbarungen beigefügten Zeichnungen nicht ansatzweise zu bestimmen sei.

Aufgrund des unterschiedlichen Beginns des Mietverhältnisses für das 1. Obergeschoss und Erdgeschoss lasse sich auch nicht eindeutig bestimmen, an welchem Datum das Mietverhältnis endet.

Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 2.7.2014 verstoße nicht gegen die - ohnehin unwirksame - Heilungsklausel in Ziffer 22.1. Satz 3 des Mietvertrages, weil ihre Bemühungen um eine Herstellung der Schriftform zuvor endgültig gescheitert seien.

Das LG hätte Beweis durch Vernehmung des Zeugen S.erheben müssen über die Frage, ob die Parteien im Jahr 2012 mündlich eine Kaufoption über die Gewerbeflächen im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss vereinbart haben mit der Folge, dass der Mietvertrag mangels notarieller Beurkundung gemäß § 125 BGB nichtig und auch nach § 550 Satz 1 BGB nicht formwirksam geschlossen ist. Die Beklagten hätten sehr wohl in eine Vereinbarung, die eine Kaufoption beinhaltet, eintreten wollen. Stets habe der Beklagte zu 2. als einziger Gesellschafter der S.Inc. und der erst am 26.10.2012 gegründeten Beklagten zu 1. dahinter gestanden. Die Beklagten hätten im Rahmen der Mietvertragsübernahmevereinbarung keinen neuen Vertrag zum 1.1.2013 schließen wollen. Der in Italien geborene und bis zu diesem Zeitpunkt nicht beruflich in Deutschland tätige Beklagte zu 2. müsse nicht zwangsläufig Kenntnis von der Beurkundungspflicht von Grundstücksgeschäften gehabt haben. Die Beklagten hätten nicht gewusst, dass die Kaupfoption notarieller Beurkundung bedurfte. Dass es bei Unter-zeichnung des Mietvertrages eine Kaufoption einschließlich Kaufpreis gegeben habe, ergebe sichferner aus den Ausführungen im Schreiben des Erblassers vom 19.12.2013, wonach die tatsächlichen Umbaukosten zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung nicht vorhersehbar gewesen seien. Die Vereinbarung eines Kaufpreises von (900 qm × 3 TEUR/qm =) 2.700 TEUR ergebe sich auch aus handschriftlichen Notizen zum Gespräch der Parteien vom 28.4.2012 (Anlage B 22). Für den Abschluss des Mietvertrages nebst Erg...

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