Leitsatz (amtlich)

1. Die Sitzverlegung einer KG ist durch sämtliche Gesellschafter - auch die Kommanditisten - zum Handelsregister anzumelden.

2. Gegen die Ablehnung der unter 1. genannten Anmeldung sind die anmeldenden Gesellschafter beschwerdebefugt.

3. Zur Zustellungsvollmacht für den anmeldenden Notar.

4. Zu den Voraussetzungen einer Sitzverlegung und deren Nachweis.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 11.11.2011; Aktenzeichen 99 AR 8900/10 B)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3. und 4. vom 11.12.2011 gegen den Beschluss des AG Charlottenburg vom 11.11.2011 wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten tragen die Beteiligten zu 3. und 4. je die Hälfte.

3. Der Verfahrenswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Beteiligten zu 2. bis 4. meldeten am 30.11.2010 eine Übertragung der Kommanditan-teile der Beteiligten zu 3. und 4. von je 1.000 EUR auf den Beteiligten zu 2. sowie Verlegung des Sitzes der Beteiligten zu 1. von Düsseldorf nach Berlin zur Eintragung in das Handelsregister an. Der Beteiligte zu 2. handelte dabei zugleich als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beteiligten zu 1.

Nach negativen Stellungnahmen der IHK Berlin zur Sitzverlegung vom 27.1, und 24.3.2011 und einer Nichtbeseitigung des Eintragungshindernisses durch die Beteiligten zu 1. bis 4. wies das AG Charlottenburg mit Beschluss vom 11.11.2011 die Anmeldung der Sitzverlegung vom 30.11.2010 zurück.

Gegen diesen Beschluss, dem anmeldenden Notar zugegangen am 15.11.2011 haben die Beteiligten zu 3. und 4. mit jeweils eigenen Schreiben vom 11.12.2011 Beschwerde eingelegt. Eine Begründung erfolgte - trotz jeweiliger Ankündigung - nicht. Der vom Beteiligten zu 3. als Zustellungsempfänger benannte beurkundende und die Registereintragungen beantragende Beteiligte zu 5. erklärte mit Schriftsatz vom 24.1.2012, keine Bevollmächtigung für das Beschwerdeverfahren erhalten zu haben und um Zustellung an die Beschwerdeführer direkt zu bitten. Die vom Senat an die Beschwerdeführer gerichtete Verfügung vom 27.1.2012 kam hinsichtlich des Beteiligten zu 3. mit dem Vermerk "Empfänger unter der angegebenen Adresse nicht zu ermitteln" zurück. Das AG Charlottenburg hat den - nach wie vor nicht begründeten - Beschwerden mit Beschluss vom 10.1.2012 nicht abgeholfen.

B. Die Beschwerden der Beteiligten zu 3. und 4. haben keinen Erfolg.

I) Die Beschwerden sind zulässig.

Sie sind gem. §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Be-teiligten zu 3. und 4. besitzen auch die notwendige Beschwerdeberechtigung i.S.d. § 59 FamFG. Die Sitzverlegung einer Kommanditgesellschaft durch sämtliche Gesellschafter einschließlich der Kommanditisten (Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Aufl. 2010, Rz. 342). Gegen die Ablehnung der Anmeldung der Sitzverlegung steht den anmeldenden Gesellschaftern das Rechtsmittel der Beschwerde zu (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 59 Rz. 86).

Dabei sind Zustellungen für den Beteiligten zu 3. an den Beteiligten zu 5. vorzunehmen, nachdem der Beteiligte zu 3. mit seiner Beschwerde mitgeteilt hatte, dass Zustellungen für ihn im Zusam-menhang des Beschwerdeverfahrens an Notar H.zu bewirken seien. Grundsätzlich kann ein Beteiligter in einem FamFG-Verfahren seinem Bevollmächtigten ausdrücklich eine Vollmacht des Inhaltes erteilen, dass Zustellungen, durch die eine gesetzliche oder richterliche Frist in Lauf gesetzt wird, nur an diesen erfolgen sollen (OLG Hamm OLGZ 1971, 485; Keidel/Sternal, a.a.O., § 15 Rz. 24). So liegt der Fall hier. Neben dieser ausdrücklichen Vollmacht durch den Beteiligten zu 3. spricht auch die hier eingreifende Vollmachtsvermutung des § 378 FamFG (vgl. insoweit Keidel/Heinemann, a.a.O., § 378 Rz. 7 f.) dafür, dass der Beteiligte zu 5. zum Empfang von Zustellungen des Beteiligten zu 3., aber auch der übrigen Beteiligten ermächtigt ist.

II) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Die Beteiligte zu 1. hat angeblich Ihren Gesellschaftssitz von Gladbeck nach Berlin verlegt. Diese Sitzverlegung ist gem. §§ 161 Abs. 2, 107 HGB zur Eintragung in das Handelsregister an-zumelden. Die Eintragung muss jedoch unterbleiben, weil die materiellen Sitzbestimmungs-anforderungen des §§ 161 Abs. 2, 106 Abs. 1 und 2 HGB nicht erfüllt sind.

Nach § 106 Abs. 1 HGB ist Sitz der Personenhandelsgesellschaft im Inland der Sitz der tatsäch-lichen Hauptverwaltung, also der Geschäftsführung (Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012, § 106 Rz. 8). Ein solcher Sitz lässt sich in Berlin nicht feststellen. Nach den Mitteilungen der IHK Berlin vom 27.1. und 24.3.2011 ließ sich - nicht zuletzt mangelnder Kooperation der Beteilig-ten zu 1., aber auch der Beteiligten zu 2. bis 4. - nicht feststellen, dass die Gesellschaft ihren Be-trieb, die Geschäftsleitung und/oder die Verwaltung in Berlin hat (vgl. auch Mitteilung der IHK vom 11.7.2011). Gegen eine Sitzverlegung in die E. Straße ..in ...Berlin spricht ferner, dass dort Zustellungen des Rückweisungsbeschlusses vom 11.11.2011 an die Beteili...

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