Leitsatz (amtlich)

1. Die Ermächtigung durch das Amtsgericht zur Einladung zu einer Mitgliederversammlung eines (nichtrechtsfähigen) Vereins nach § 37 Abs. 2 BGB kommt auch dann in Betracht, wenn es sich um eine politische Partei handelt.

2. Der Einwand, die Bestellung eines Notvorstands durch das Parteischiedsgericht sei nichtig, kann in einem Verfahren nach § 37 Abs. 2 BGB nur dann Berücksichtigung finden, wenn die Entscheidung des Parteischiedsgerichts - gegebenenfalls durch ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit - aufgehoben worden ist.

 

Normenkette

BGB §§ 21, 37; PartG § 2

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 95 AR 472/20 B)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 5. August 2020 wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1) ist der Landesverband der ... (...). Er ist als Verein organisiert und nicht in das Vereinsregister eingetragen. Mit einem Anschreiben vom 15. Juli 2020 überreichte der Beteiligte zu 2) mit drei anderen Mitgliedern des Beteiligten zu 1) dem derzeit amtierenden und durch einen Beschluss des Schiedsgerichts der Bundespartei eingesetzten Vorstand um die 180 gleichlautende Erklärungen von weiteren Mitgliedern des Beteiligten zu 1), in dem diese den Landesvorstand aufforderten, bis zum 10. Oktober 2020 einen Landesparteitag einzuberufen, hierzu alle Mitglieder einzuladen und die den Erklärungen beigefügte Tagesordnung zum Gegenstand der Versammlung zu machen. Hintergrund war die erklärte Absicht des Landesvorstands, den Landesparteitag als Delegiertenparteitag durchzuführen. Auf diesen Antrag hin teilte der Landesvorstand mit einer Email vom 18. Juli 2020 mit, dass die Durchführung eines Mitgliederparteitages angesichts der Beschränkungen wegen der Hygiene- und Abstandsregeln mangels eines geeigneten Veranstaltungsortes nicht in Betracht käme, so dass der Vorstand die Durchführung eines Delegiertenparteitages beschlossen habe, wie dies auch in der Satzung in § 5 Abs. 4 zugelassen sei. Die von den Antragstellern zur Durchführung einer Mitgliederversammlung benannten Veranstaltungsorte seien ungeeignet. Am 29. Juli 2020 übergab eine der Mitorganisatoren des Antrags entsprechende Anträge auf Erteilung einer Ermächtigung zur Einberufung eines Mitgliedsparteitages in der Hauptsache und als einstweilige Verfügung an das Landesschiedsgericht. Nachdem dieses nicht weiter tätig wurde, reichte der Beteiligte zu 1) unter Berufung auf die ihm durch die ca. 180 erteilten Ermächtigungen beim Amtsgericht Charlottenburg als für das Vereinsregister zuständiges Amtsgericht am 3. August 2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Ermächtigung zur Einladung einer Mitgliederversammlung ein, den die Prozessabteilung mit einem Beschluss vom 4. August 2020 an die für vereinsrechtliche Angelegenheiten zuständige Abteilung abgab.

Diese hat den Antrag mit einem Beschluss vom 5. August 2020 zurückgewiesen, weil es für eine Ermächtigung nach § 37 Abs. 2 BGB an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle. Dies folge daraus, dass eine Entscheidung des Landesschiedsgerichts noch ausstehe. Darüber hinaus sehe die Satzung auch die Durchführung eines Delegiertenparteitages bei einer entsprechenden Entscheidung des Landesvorstands vor.

Gegen diesen ihm am 7. August 2020 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 2) mit einem am 11. August 2020 eingegangenen Schreiben vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt. Dieser Beschwerde hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 17. August 2020 zur Entscheidung vorgelegt. Mit einem Schreiben vom 22. August 2020 hat der Beteiligte zu 2) ergänzend beantragt, die Nichtigkeit der Bestellung des Notvorstands durch das Bundesschiedsgericht festzustellen, soweit diese Frage nicht im Rahmen der Begründetheit erörtert wird. In einem beim Amtsgericht Mitte vom Beklagten zu 1) eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren mit einem entsprechenden Feststellungsantrag hat dieses mit einem Beschluss vom 24. September 2020 seine sachliche Unzuständigkeit erklärt und den Rechtsstreit an das Kammergericht verwiesen.

II. 1. Die Beschwerde vom 11. August 2020 ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Dabei ist allein über die Frage zu entscheiden, ob der Beteiligte zu 2) nach § 37 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ermächtigen ist, zu einem Mitgliederparteitag des Beteiligten zu 1) einzuladen. Denn nur dies ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Die Frage der wirksamen Bestellung des Notvorstands ist hier als Verfahrensgegenstand nicht angefallen, weil der Senat als Rechtsmittelgericht zuständig ist und es insoweit an einer erstinstanzlichen Entscheidung fehlt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 06. Dezember 1979 - VII ZB 11/79 -, BGHZ 75, 375-383 Rdn. 11; Beschluss vom 05. Januar 2011 - XII ZB 240/10 -, juris Rdn. 7; Beschluss vom 18. Mai 2011 - XII ZB 671/10 -, juris Rdn. 12). Sie hat damit im vorliegenden Verfahren...

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