Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 64 S 267/00)

AG Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 2 C 423/99)

 

Tenor

Ein nachträgliches Absinken der ortsüblichen Vergleichs niete führt nicht zur Unwirksamkeit einer späteren Mietstaffel nach § 134 BGB in Verbindung mit § 5 WiStG, wenn der vereinbarte Mietzins zu einem früheren Zeitpunkt der Höhe nach zulässig war.

 

Gründe

1. Die Kläger waren aufgrund eines Mietvertrages vom 27. Juli 1995 Mieter einer im Hause der Beklagten in Berlin-Neukölln gelegenen Zwei-Zimmer-Wohnung nebst Nebenräumen. Als Mietbeginn war der 1. September 1995 vereinbart, wobei die kalte Grundmiete 15,00 DM/m² betrug. Diese sollte sich jeweils zum 1. September der darauf folgenden Jahre um 1,00 DM/m² bis zu einem Betrag von 20,00 DM/m² erhöhen. Bis zum 31. August 1997 unterfielen die Wohnräume im entsprechenden Berliner Mietspiegel dem Feld G9, wobei der hieraus ersichtliche Oberwert ohne Zuschläge 15,18 DM/m² betrug. Unter Berücksichtigung von Ab- und Zuschlägen belief sich der Oberwert in diesem Zeitraum auf 15,86 DM/m², so dass der von den Klägern in der Zeit vom 1. September 1995 bis zum 31. August 1996 bzw. vom 1. September 1996 bis zum 31. August 1997 entsprechend der vereinbarten Staffel gezahlte Mietzins die Wesentlichkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 WiStG (15,83 DM + 20 % =) 19,03 DM nicht überstieg.

Nach In-Kraft-Treten des Mietspiegels 1998 betrug die Obergrenze des Feldes G9 ab 1. September 1997 nur noch 10,58 DM/m², wobei sich der Mietzins für die Wohnräume der Kläger durch Zuschläge auf 11,79 DM/m² erhöhte. Unter Berücksichtigung des Wesentlichkeitszuschlags von 20 % (= 2,36 DM) belief sich der höchst zulässige Mietzins demnach auf 14,15 DM/m², so dass die für diesen Zeitraum vereinbarten Erhöhungen von 17,00 DM bzw. 18,00 DM/m² die Höchstgrenze überstiegen.

Mit der Klage begehren die Kläger Rückzahlung überzahlten Mietzinses für die Zeit vom 1. September 1995 bis zum Ende des Mietverhältnisses am 31. Juli 1999.

Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Mietzins im Zeitraum vom 1. September 1995 bis zum 31. August 1997 die Höchstgrenzen nicht überstiegen habe und das nachfolgende Absinken des Mietzinses nicht zur Nichtigkeit der ursprünglichen Mietzinsvereinbarung führen könne.

Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihren Rückzahlungsanspruch weiter.

Das Landgericht hat durch das Teilurteil vom 24. November 2000 die Berufung der Kläger insoweit zurückgewiesen, als es den Rückforderungsanspruch für die Zeit bis zum 31. August 1997 betrifft. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, das ein Verstoß gegen § 5 WiStG nicht vorgelegen habe, da der vereinbarte Mietzins die Wesentlichkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 WiStG nicht überschritten habe. Hinsichtlich des Rückforderungsanspruchs für den danach liegenden Zeitraum nimmt das Landgericht in Übereinstimmung mit der Zivilkammer 62 des Landgerichts Berlin an, dass im Falle des nachträglichen Absinkens der ortsüblichen Vergleichsmiete kein Bestandsschutz wegen einer zuvor zulässigen Mietzinsvereinbarung bestehe, so dass den Klägern ein Rückforderungsanspruch zustehe. Da jedoch die Zivilkammern 61, 65 und 67 des Landgerichts Berlin die Auffassung vertreten, dass eine zuvor zulässig vereinbarte Miete Bestandschutz genieße, hält es die Einholung eines Rechtsentscheids für notwendig und hat dem Kammergericht folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:

Führt ein nachträgliches Absinken der ortsüblichen Vergleichsmiete gemäß § 134 BGB i.V.m. § 5 WiStG zur Unwirksamkeit einer späteren Mietstaffel, wenn der vereinbarte Mietzins zu einem früheren Zeitpunkt der Höhe nach zulässig war?

2.

Die nach § 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO zulässige Vorlagefrage war wie aus dem Beschlusstenor ersichtlich zu beantworten. Der Senat vermag sich der Ansicht des vorlegenden Landgerichts nicht anzuschließen. Maßgeblich hierfür sind folgende Erwägungen:

Nach § 134 BGB in Verbindung mit § 5 Abs. 1, 2 WiStG sind Mietzinsvereinbarungen nichtig, mit denen der Vermieter infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen unangemessene Entgelte fordert, sich versprechen lässt oder annimmt sofern der geltende ortsübliche Mietzins hierbei um mehr als 20 % überschritten wird. Dabei knüpft die zivilrechtliche Sanktion an die objektive Tatbestandsverwirklichung des Verbotsgesetzes an, für die es ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass ein geringes Wohnraumangebot vorliegt und hierauf der Abschluss eines Mietvertrages zu einem überhöhten Mietzins zurückzuführen ist. Dieser Zusammenhang wird vermutet, wenn zur Zeit des maßgeblichen Verhaltens ein geringes Wohnraumangebot besteht (vgl. OLG Hamburg, RE vom 3.3.1999 – 4 RE-Miet U 131/98 – = NJW-RR 1991, 1610, 1611). Soweit – wie regelmäßig und auch im vorliegenden Fall – der Mietzins auf vertraglicher Vereinbarung beruht, liegt das maßgebliche Verhalten in dem Abschluss der vertraglichen Vereinbarung, während der Annahme der in Erfüllung dieser Vereinbarung geleisteten Mietzinszahlungen keine eigenständige Bedeutung mehr ...

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