7.3.2.1 Grundsätze

Der Nießbrauch ist das unveräußerliche und unvererbliche Recht, Nutzungen aus einer Sache zu ziehen. Der Nießbrauch gewährt seinem Inhaber nach § 1030 Abs. 1 BGB grundsätzlich die gesamten Nutzungen eines Gegenstands. Die Person, der ein Nießbrauch an einer Sache eingeräumt ist, hat also ein umfassendes Nutzungsrecht, das auf die Person des Inhabers des Rechts beschränkt ist. Was aber nicht ausschließt, dass die Ausübung des Nießbrauchs gemäß § 1059 Satz 2 BGB auch einem anderen überlassen werden kann, sofern die Parteien dies nicht vertraglich ausgeschlossen haben. Zwischen Nießbraucher und jeweiligem Eigentümer entsteht ein gesetzliches Schuldverhältnis mit beiderseitigen Rechten und Pflichten. Bei der Nutzung durch den Nießbraucher muss dieser freilich etwaige Zweckbestimmungen in der Teilungserklärung beachten, ansonsten kann der Nießbraucher entsprechend auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Statt des Nießbrauchers kann allerdings auch der Wohnungseigentümer direkt als mittelbarer Handlungsstörer in Anspruch genommen werden.[1]

 

Nießbrauch an Rechten und beweglichen Sachen möglich

Der Nießbrauch ist nicht auf Grundstücke beschränkt, sondern auch an beweglichen Sachen oder an einem Recht möglich, sofern es übertragbar ist.

Der Nießbrauch entsteht durch Einigung zwischen Wohnungseigentümer und Nießbrauchsberechtigtem und Eintragung im Grundbuch.

Grundsätzlich kann ein Nießbrauch auch an einem Dauerwohnrecht begründet werden. Ist bezüglich des Dauerwohnrechts ein Zustimmungsvorbehalt nach § 35 Satz 1 WEG vereinbart, umfasst ein derartiger allerdings nicht die Begründung eines Nießbrauchs. Vielmehr bedarf ein Zustimmungsvorbehalt für die Bestellung dinglicher Rechte – also insbesondere eines Nießbrauchs – einer gesonderten Vereinbarung nach § 33 Abs. 4 Nr. 1 WEG.[2]

7.3.2.2 Stimmrecht

Die Belastung des Wohnungseigentums mit einem Nießbrauch lässt das Stimmrecht des Wohnungseigentümers gemäß § 25 Abs. 1 WEG unberührt.[1] Insoweit findet auch keine Aufspaltung des Stimmrechts nach Beschlussgegenständen statt, wonach dieses also auch hinsichtlich einzelner Beschlussgegenstände nicht auf den Nießbraucher übergeht. Ferner muss der Wohnungseigentümer sein Stimmrecht weder allgemein noch in einzelnen Angelegenheiten gemeinsam mit dem Nießbraucher ausüben.

Allerdings kann der Wohnungseigentümer aus dem zwischen ihm und dem Nießbraucher bestehenden Schuldverhältnis im Einzelfall gegenüber dem Nießbraucher verpflichtet sein, bei der Stimmabgabe dessen Interessen zu berücksichtigen oder gar nach dessen Weisungen zu handeln oder ihm eine Stimmrechtsvollmacht zu erteilen. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn der Nießbraucher sämtliche Lasten und Kosten des Wohnungseigentums, insbesondere auch alle Herstellungskosten zu tragen hat. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass eine derartige Verpflichtung des Wohnungseigentümers ausschließlich das Innenverhältnis zwischen ihm und dem Nießbraucher betrifft und eine solche Verpflichtung folglich die Gültigkeit der Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft nicht berührt.

7.3.2.3 Beschlussanfechtungsrecht

Der Nießbraucher ist nicht berechtigt, anstelle des Eigentümers Beschlüsse anzufechten. Dies ergibt sich bereits direkt aus dem Gesetz, den nach § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG können ausschließlich Wohnungseigentümer eine Anfechtungsklage erheben.

 

Selbstständiges Beweisverfahren

Als nach § 1041 BGB "zur Erhaltung der Sache" Verpflichteter kann der Nießbraucher auch ein rechtliches Interesse an der Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer haben.[1]

Voraussetzung ist allerdings, dass das nießbrauchsbelastete Sondereigentum konkret beeinträchtigt ist. Zeigen sich etwa Feuchtigkeitsschäden im Bereich der dem Nießbrauch unterliegenden Sondereigentumseinheit, hat dann also auch der Nießbraucher ein rechtlich schützenswertes Eigeninteresse an der Ursachenerforschung, da er nach vorerwähnter Bestimmung zur Bestandserhaltung verpflichtet ist.

[1] LG Dortmund, Beschluss v. 29.11.2019, 17 T 76/19.

7.3.2.4 Zustimmung zu Vereinbarungen

Vereinbarungen der Wohnungseigentümer können den (Nutzungs-)Wert einzelner Wohnungen durchaus mindern. So ist zur Änderung einer Vereinbarung die Zustimmung der dinglich Berechtigten analog §§ 877, 876 Satz 1 BGB stets dann erforderlich, wenn diese von der Änderung der Vereinbarung betroffen sind. Ihre Zustimmung ist nur dann nicht erforderlich, wenn nicht bloß eine wirtschaftliche, sondern jede rechtliche Beeinträchtigung ausgeschlossen ist.[1]

Eine Zustimmung des Nießbrauchers ist erforderlich bei Vereinbarungen über

  • die Begründung, Änderung, Übertragung und Aufhebung von Sondernutzungsrechten;[2]
  • Beschränkungen der Nutzungsbefugnisse eines Sondereigentums;
  • die Änderung von Stimmrechten;[3]
  • die Einführung einer Veräußerungsbeschränkung gemäß § 12 WEG.

Nicht erforderlich ist deren Zustimmung hingegen bei Vereinbarungen übe...

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