1 Leitsatz

Wird im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs ein Sondereigentum als Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung, bezeichnet (= Wohnungseigentum), obwohl der Miteigentumsanteil nach der in der Eintragungsbewilligung in Bezug genommenen Teilungserklärung mit dem Sondereigentum an Räumen verbunden und dort als Teileigentum bezeichnet ist, ist die Eintragung als Wohnungseigentum inhaltlich unzulässig und daher nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO zu löschen.

2 Normenkette

§ 53 Abs. 1 Satz 2 GBO; § 1 Abs. 2, Abs. 3 WEG

3 Das Problem

Im Jahr 1996 wird beim Grundbuchamt der Vollzug von Anträgen zur Bildung von Wohnungseigentum gem. einer vorläufigen und einer endgültigen Teilungserklärung beantragt. In der vorläufigen Teilungserklärung ist die Einheit Nr. 7 ein Wohnungseigentum. In der endgültigen Teilungserklärung ist sie ein Teileigentum. Das Grundbuchamt übersieht das und legt ein Wohnungsgrundbuch an. Der jetzige Eigentümer X der Einheit (er wohnt dort) bittet im Jahr 2020 um eine Klärung; hilfsweise bittet er um Eintragung eines Wohnungseigentums. Die anderen Wohnungseigentümer beantragen, ein Teileigentumsgrundbuch anzulegen.

4 Die Entscheidung

Die anderen Wohnungseigentümer haben Erfolg! Die ursprüngliche Anlegung eines Wohnungsgrundbuches sei stets unzulässig gewesen. Es sei daher ein Teileigentumsgrundbuch anzulegen. Denn die vorläufige Teilungserklärung sei später geändert worden. Dies habe zur Folge, dass das mit der unzulässigen Eintragung dokumentierte Wohnungseigentum nie entstanden sei. Da eine unzulässige Eintragung keine Grundlage für weitere Eintragungen sein könne, seien auch alle nachfolgenden Eintragungen als unzulässig zu löschen mit der weiteren Folge, dass das Wohnungsgrundbuch zu schließen sei. Der ursprüngliche Antrag sei ferner noch unerledigt und müsse nach der Löschung bzw. Schließung des Wohnungsgrundbuches neu beschieden werden, ebenso die nachfolgend die Einheit betreffenden Eintragungsanträge. Im weiteren Verlauf habe das Grundbuchamt über den hilfsweise gestellten Antrag des X auf Eintragung der von ihm einseitig erklärten Änderung zu entscheiden. Insoweit werde bereits jetzt darauf hingewiesen, dass eine Änderung der in der Teilungserklärung festgelegten Zweckbestimmung grundsätzlich einer Vereinbarung sämtlicher Wohnungs- und Teileigentümer bedürfe, es sei denn, deren Mitwirkung wäre mit Bindung für die Sondernachfolger abbedungen. Der Gemeinschaftsordnung lasse sich ein derartiger Verzicht nicht entnehmen.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall fragt sich, wie mit einem Eintragungsfehler umzugehen ist, der knapp 25 Jahre zurückliegt. Das OLG meint, die Uhren seien zurückzudrehen. Und das stimmt: So ist Sachenrecht!

Umwidmung

Wie vom OLG ausgeführt, können die Wohnungseigentümer ein Teil- in ein Wohnungseigentum umwidmen. Das kann man aber nicht beschließen, sondern muss es vereinbaren. Ein einzelner Wohnungseigentümer kann handeln, wenn das so in der Gemeinschaftsordnung vereinbart ist.

Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?

Die Verwaltung muss den Unterschied zwischen Teil- und Wohnungseigentum kennen: Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Teileigentum ist hingegen das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Für das Teileigentum gelten zwar die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend. Dies gilt aber nicht für Gebrauch und Nutzung. Dies gilt z. B. für X: Er darf im Teileigentum nicht wohnen!

6 Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss v. 12.4.2022, 8 W 288/20

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