Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Freier Dienstleistungsverkehr. Beschränkungen. Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession für die Veranstaltung von Online-Glücksspielen. Praktische Unmöglichkeit der Erlangung einer entsprechenden Erlaubnis für in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene private Wirtschaftsteilnehmer

 

Beteiligte

Unibet International

Unibet International Ltd

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Központi Hivatala

 

Tenor

1. Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, mit der ein System von Konzessionen und Erlaubnissen für die Veranstaltung von Online-Glücksspielen errichtet wird, entgegensteht, wenn sie Vorschriften enthält, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Wirtschaftsteilnehmer diskriminieren, oder wenn sie Vorschriften vorsieht, die nicht diskriminierend sind, aber nicht transparent angewandt werden oder in einer Weise gehandhabt werden, die die Bewerbung bestimmter Bieter verhindert oder erschwert, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind.

2. Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er Sanktionen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die wegen Verstoßes gegen nationale Rechtsvorschriften, mit denen ein System von Konzessionen und Erlaubnissen für die Veranstaltung von Glücksspielen errichtet wird, verhängt werden, falls sich herausstellt, dass solche nationalen Rechtsvorschriften gegen diesen Artikel verstoßen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Fovárosi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Budapest, Ungarn) mit Entscheidung vom 9. Dezember 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Januar 2016, in dem Verfahren

Unibet International Ltd.

gegen

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Központi Hivatala

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Regan, J.-C. Bonichot, C. G. Fernlund und S. Rodin (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Unibet International Ltd., vertreten durch A. Jádi-Németh und A. Kovács, ügyvédek,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér, G. Koós und E. E. Sebestyén als Bevollmächtigte,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck und M. Jacobs als Bevollmächtigte im Beistand von P. Vlaemminck, R. Verbeke und J. Van den Bon, advocaten,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo und A. Silva Coelho als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe und L. Havas als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. April 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 56 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Unibet International Ltd. (im Folgenden: Unibet), einer maltesischen Gesellschaft, und der Nemzeti Adó- és Vámhivatal Központi Hivatala (Zentrale nationale Steuer- und Zollverwaltung Ungarns, im Folgenden: ungarische Steuerbehörde) über Entscheidungen Letzterer, mit denen die zeitweilige Sperrung des Zugangs zu den unter den Domain-Namen hu.unibet.com und hul.unibet.com erreichbaren Websites von Unibet angeordnet wurde.

Rechtlicher Rahmen

Ungarisches Recht

Rechtslage am 25. Juni 2014

  • Gesetz über die Veranstaltung von Glücksspielen

Rz. 3

§ 1 des Szerencsejáték szervezéséről szóló 1991. évi XXXIV. törvény (Gesetz Nr. XXXIV von 1991 über die Veranstaltung von Glücksspielen) in der am 25. Juni 2014 geltenden Fassung (im Folgenden: Glücksspielgesetz) bestimmte in seinen Abs. 3 bis 5:

„(3) Tätigkeiten der Veranstaltung von Glücksspielen im Sinne von § 1 Abs. 1 Buchst. i des Koncesszióról szóló 1991. évi XVI. törvény (Gesetz Nr. XVI von 1991 über die Konzession; im Folgenden: Konzessionsgesetz) sind

e) die Veranstaltung von Online-Glücksspielen,

(4) Tätigkeiten der Veranstaltung von Glücksspielen, bei denen die Teilnahme von ungarischem Hoheitsgebiet aus durch Telekommunikationsmittel und -systeme möglich ist, dürfen nur nach Maßgabe der Vorschriften dieses Gesetzes ausgeübt werden.

(5) Für die Veröffentlichung von Angeboten zur Teilnahme an einem über Telekommunikationsmittel und -systeme veranstalteten Glücksspiel ist eine Erlaubnis der staatlichen Steuerbehörde erforderlich. Finanzinstitute und Erbringer von Telekommunikationsdienstleistungen dürfen weder an der Veröffentlichung oder Annahme von Angeboten zur Teilnahme an einem unerlaubten Glücksspiel mitwirken noch technische Unterstützung dafür leisten.”

Rz. 4

§ 2 Abs. 2a und 3 dieses Gesetzes sah vor:

„(2a) Die Erbringung von Online-Glücksspieldienstleistungen bedarf der Erlaubnis durch die staatliche Steuerbehörde. Online-Glücksspieldienst...

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