Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Unlautere Geschäftspraktiken. Erteilung einer falschen Auskunft durch ein Telekommunikationsunternehmen gegenüber einem Abonnenten, die diesem zusätzliche Kosten verursacht. Einstufung als ‚irreführende Geschäftspraxis’

 

Normenkette

Richtlinie 2005/29/EG

 

Beteiligte

UPC Magyarország

Nemzeti Fogyasztóvédelmi Hatóság

 

Tenor

1. Die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen, dass die Erteilung einer falschen Auskunft durch einen Gewerbetreibenden an einen Verbraucher wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende als „irreführende Geschäftspraxis” im Sinne dieser Richtlinie einzustufen ist, auch wenn diese Auskunftserteilung nur einen Verbraucher betraf.

2. Die Richtlinie 2005/29 ist dahin auszulegen, dass im Fall einer Geschäftspraxis, die alle in Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Voraussetzungen für eine Einstufung als den Verbraucher irreführende Praxis erfüllt, nicht mehr geprüft zu werden braucht, ob eine solche Praxis auch den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie widerspricht, um sie als unlauter und mithin nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie verboten ansehen zu können.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Kúria (Ungarn) mit Entscheidung vom 14. Mai 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Juli 2013, in dem Verfahren

Nemzeti Fogyasztóvédelmi Hatóság,

Beteiligte:

UPC Magyarország Kft.,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter A. Borg Barthet und E. Levits, der Richterin M. Berger sowie des Richters F. Biltgen (Berichterstatter),

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der UPC Magyarország Kft., vertreten durch A. Simon, ügyvéd,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Fehér und K. Szíjjártó als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek und A. Tokár als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. Oktober 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. L 149, S. 22, berichtigt im ABl. 2009, L 253, S. 18).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Nemzeti Fogyasztóvédelmi Hatóság (Ungarische Verbraucherschutzbehörde) und der UPC Magyarország Kft. (im Folgenden: UPC) wegen der Erteilung einer falschen Auskunft durch UPC an einen ihrer Abonnenten, die diesem zusätzliche Kosten verursacht hatte.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 5 bis 9, 11 bis 14, 18 und 22 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken heißt es:

„(5) … Hemmnisse für den grenzüberschreitenden Dienstleistungs- und Warenverkehr oder die Niederlassungsfreiheit … sollten … beseitigt werden. Diese Hemmnisse können nur beseitigt werden, indem in dem Maße, wie es für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes und im Hinblick auf das Erfordernis der Rechtssicherheit notwendig ist, auf Gemeinschaftsebene einheitliche Regeln, die ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleisten, festgelegt und bestimmte Rechtskonzepte geklärt werden.

(6) Die vorliegende Richtlinie gleicht deshalb die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken einschließlich der unlauteren Werbung an, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher unmittelbar und dadurch die wirtschaftlichen Interessen rechtmäßig handelnder Mitbewerber mittelbar schädigen …

(7) Diese Richtlinie bezieht sich auf Geschäftspraktiken, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidungen des Verbrauchers in Bezug auf Produkte stehen …

(8) Diese Richtlinie schützt unmittelbar die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher vor unlauteren Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern. Sie schützt somit auch mittelbar rechtmäßig handelnde Unternehmen vor Mitbewerbern, die sich nicht an die Regeln ...

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