Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Unionsbürgerschaft. Nicht erwerbstätiger Staatsbürger eines Mitgliedstaats, der sich auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält. Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Voraussetzungen der Erlangung eines Rechts auf Aufenthalt für mehr als drei Monate. Sozialhilfe. Begriff. Gleichbehandlung. Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Übergangszeitraum. Innerstaatliche Bestimmung, nach der Unionsbürger, die nach innerstaatlichem Recht über ein Recht auf befristeten Aufenthalt verfügen, keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben

 

Normenkette

AEUV Art. 18 Abs. 1; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 1, 7, 24; Richtlinie 2004/38/EG Art. 7, 24

 

Beteiligte

The Department for Communities in Northern Ireland

CG

The Department for Communities in Northern Ireland

 

Tenor

Art. 24 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Aufnahmemitgliedstaats, nach der Unionsbürger mit einem vom Aufnahmemitgliedstaat auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts gewährten Recht auf vorübergehenden Aufenthalt, die nicht erwerbstätig sind und nicht über ausreichende Existenzmittel verfügen, keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben, während Personen, die die Staatsangehörigkeit des Aufnahmemitgliedstaats besitzen, in einer solchen Situation einen solchen Anspruch haben, nicht entgegensteht.

Hält sich ein Unionsbürger nach innerstaatlichem Recht rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als desjenigen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, auf, haben sich die zuständigen nationalen Behörden bei der Entscheidung über die Gewährung von Sozialhilfe jedoch zu vergewissern, dass die auf die genannte Regelung gestützte Ablehnung von Sozialhilfe den betreffenden Unionsbürger und die Kinder, für die ihm die elterliche Sorge zusteht, nicht einem konkreten und gegenwärtigen Risiko der Verletzung ihrer Grundrechte, wie sie in den Artikeln 1, 7 und 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbürgt sind, aussetzt. Verfügt der betreffende Unionsbürger über keinerlei Mittel, um für seinen Lebensunterhalt und den seiner Kinder aufzukommen, und ist er auf sich allein gestellt, haben sich die zuständigen nationalen Behörden zu vergewissern, dass er im Falle der Nichtgewährung von Sozialhilfe mit seinen Kindern dennoch unter würdigen Umständen leben kann. Bei dieser Prüfung können die zuständigen nationalen Behörden sämtliche Hilfeleistungen berücksichtigen, die das innerstaatliche Recht vorsieht und die der betreffende Unionsbürger und seine Kinder tatsächlich in Anspruch nehmen können.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Appeal Tribunal for Northern Ireland (Berufungsgericht für Nordirland, Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 21. Dezember 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Dezember 2020, in dem Verfahren

CG

gegen

The Department for Communities in Northern Ireland

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Kammerpräsidenten E. Regan, M. Ilešič, L. Bay Larsen, A. Kumin und N. Wahl, des Richters T. von Danwitz, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin), der Richter C. Lycourgos, I. Jarukaitis und N. Jääskinen, der Richterin I. Ziemele und des Richters J. Passer,

Generalanwalt: J. Richard de la Tour,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2021,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von CG, vertreten durch R. Drabble und T. de la Mare, QC, T. Royston und G. Sarathy, Barristers, sowie M. Black und S. Park, Solicitors,
  • von The Department for Communities in Northern Ireland, vertreten durch C. Cooley als Bevollmächtigte im Beistand von T. McGleenan, QC, und L. McMahon, BL,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch F. Shibli und S. McCrory als Bevollmächtigte im Beistand von D. Blundell, QC, sowie J. Smyth, Barrister,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Montaguti und J. Tomkin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Juni 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 18 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen CG, die sowohl die kroatische als auch die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt und seit 2...

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