Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Eilvorabentscheidungsverfahren. Nichtdiskriminierung. Freier Dienstleistungsverkehr. Geltungsbereich. Übereinkommen zwischen der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands. Übereinkommen über das Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Island und Norwegen. Auslieferung eines isländischen Staatsangehörigen in einen Drittstaat. Schutz der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats vor Auslieferung. Kein entsprechender Schutz der Staatsangehörigen eines anderen Staates. Isländischer Staatsangehöriger, dem vor Erwerb der isländischen Staatsangehörigkeit nach nationalem Recht Asyl gewährt worden ist. Beschränkung der Freizügigkeit. Rechtfertigung mit der Verhinderung von Straflosigkeit. Verhältnismäßigkeit. Prüfung der in Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbürgten Garantien

 

Normenkette

EWR-Abkommen Art. 36; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 19 Abs. 2

 

Beteiligte

Ruska Federacija

I.N

 

Tenor

Das Unionsrecht, insbesondere Art. 36 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 und Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ist dahin auszulegen, dass im Fall eines Auslieferungsersuchens, das ein Drittstaat gemäß dem am 13. Dezember 1957 unterzeichneten Europäischen Auslieferungsabkommen an einen Mitgliedstaat gerichtet hat, in den sich ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) begeben hat, der Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist und mit dem die Europäische Union ein Übergabeübereinkommen geschlossen hat, wenn diesem Staatsangehörigen gerade wegen der Verfolgung in dem Staat, der das Auslieferungsersuchen gestellt hat, von dem EFTA-Staat Asyl gewährt worden ist, bevor er die Staatsangehörigkeit dieses EFTA-Staates erworben hat, die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats zu prüfen hat, dass die Auslieferung nicht die Rechte aus Art. 19 Abs. 2 der Grundrechtecharta verletzen wird; bei dieser Prüfung stellt die Asylgewährung einen besonders gewichtigen Gesichtspunkt dar. Der ersuchte Mitgliedstaat ist in jedem Fall verpflichtet, vor einer Entscheidung über das Auslieferungsersuchen den EFTA-Staat zu informieren und ihm gegebenenfalls auf sein Ersuchen diesen Staatsangehörigen im Einklang mit den Bestimmungen des Übergabeübereinkommens zu übergeben, sofern der EFTA-Staat nach seinem nationalen Recht für die Verfolgung des Staatsangehörigen wegen im Ausland begangener Straftaten zuständig ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vrhovni sud (Oberster Gerichtshof, Kroatien) mit Entscheidung vom 28. November 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Dezember 2019, in dem Strafverfahren gegen

I.N.,

Beteiligte:

Ruska Federacija,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Kammerpräsidenten M. Vilaras (Berichterstatter), M. Safjan, S. Rodin und I. Jarukaitis, der Richter L. Bay Larsen, T. von Danwitz und D. Šváby, der Richterin K. Jürimäe und des Richters N. Piçarra,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: M. Longar, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2020,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von I.N., vertreten durch Đ. Perković und S. Večerina, odvjetnici,
  • der Ruska Federacija, vertreten durch S. Ljubičić als Bevollmächtigte,
  • der kroatischen Regierung, vertreten durch G. Vidović Mesarek als Bevollmächtigte,
  • Irlands, vertreten durch G. Hodge als Bevollmächtigte im Beistand von M. Gray, QC,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch S. Charitaki und A. Magrippi als Bevollmächtigte,
  • der isländischen Regierung, vertreten durch J. B. Bjarnadóttir und H. S. Ingimundardóttir als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt T. Fuchs,
  • der norwegischen Regierung, vertreten durch P. Wennerås und K. Isaksen als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch S. Grünheid, M. Wilderspin und M. Mataija als Bevollmächtigte,
  • der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch C. Zatschler, C. Howdle und I. O. Vilhjálmsdóttir als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. Februar 2020

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 18 AEUV und des Übereinkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über das Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Island und Norwegen (ABl. 2006, L 292, S. 2), das durch Art. 1 des Beschlusses 2014/835/EU des Rates vom 27. ...

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