4.7.1 Grundsätze

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist zwar Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG), weil sie Leistungen an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringt. Nach § 4 Nr. 13 UStG sind jedoch die Leistungen der Gemeinschaften an die Eigentümer von der Umsatzsteuer befreit. Einzige Ausnahme nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG stellen Einnahmen aus Stellplatzvermietungen dar. Diese sind allerdings erst umsatzsteuerpflichtig, wenn sie 22.000 EUR übersteigen. Sie sind auch dann nicht umsatzsteuerpflichtig, wenn die Stellplatzvermietung lediglich eine Nebenleistung etwa zur Vermietung von Sondereigentum darstellt.

 

Verstoß gegen EU-Recht

Die Regelung des § 4 Nr. 13 UStG verstößt allerdings gegen EU-Recht, was der EuGH[1] im Dezember 2020 klargestellt hat. So lange der deutsche Gesetzgeber die Regelung des § 4 Nr. 13 UStG jedoch nicht abschafft, womit in nächster Zeit nicht zu rechnen ist, hat die Entscheidung keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Wohnungseigentümergemeinschaften. Sie hat allerdings insoweit mittelbare Auswirkungen, als sich Eigentümergemeinschaften unmittelbar auf das EU-Recht beziehen könnten. Würden Gemeinschaften derart aktiv werden, etwa weil eine besonders kostenintensive Erhaltungsmaßnahme ansteht, müssten sie berücksichtigen, dass dann alle Leistungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer an die Wohnungseigentümer umsatzsteuerpflichtig würden.

4.7.2 Option bezüglich einzelner Eigentümer

Da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer also zunächst weiterhin von der Umsatzsteuer befreit ist, kann die Umsatzsteuerbefreiung allerdings für einzelne Eigentümer von Nachteil sein, nämlich für diejenigen, die ihr Teileigentum zu unternehmerischen Zwecken nutzen oder zu solchen Zwecken weitervermieten. Diese unternehmerisch tätigen Eigentümer hätten beispielsweise aus Erhaltungsaufwendungen für das Gemeinschaftseigentum und die Verwaltungskosten keinen Vorsteuerabzug. Wollen vermietende Teileigentümer in den Genuss des Vorsteuerabzugs kommen, müssen sie ihrerseits gemäß §§ 4 Nr. 12, 9 UStG auf die Steuerfreiheit der Vermietungseinnahmen verzichten und die Teileigentumseinheit muss zu gewerblichen Zwecken genutzt oder vermietet sein.

Dann kann die Eigentümergemeinschaft zur Umsatzsteuerpflicht optieren. Diese Option kann freilich nur insoweit ausgeübt werden, als der jeweilige Eigentümer unternehmerisch tätig ist. Des Weiteren kann für jede einzelne Leistung – beispielsweise Erhaltungsaufwendungen oder Verwalterkosten – entschieden werden, ob zur Steuerpflicht optiert werden soll. Die Gemeinschaft kann also hinsichtlich jedes einzelnen Umsatzes und für jedes einzelne Mitglied gesondert zur Steuerpflicht optieren und dies auch beschränkt auf einzelne Kostenpositionen. Vorteil der Option ist, dass die Umsatzsteuer für unternehmerisch tätige Eigentümer nicht zum Kostenfaktor, sondern als durchlaufender Posten behandelt wird.

Da keinem Wohnungseigentümer ein Nachteil daraus entstehen darf, dass er Wohnungseigentümer ist, hat der unternehmerisch tätige oder der gewerblich vermietende Wohnungseigentümer einen Anspruch auf entsprechende Beschlussfassung. Die Wohnungseigentümer müssen die Option jedenfalls beschließen. Aber auch für die übrigen Wohnungseigentümer dürfen mit Blick auf die Umsatzsteueroption keine Nachteile verbunden sein. Das heißt, dass die Nutznießer der Option die übrigen Wohnungseigentümer von etwaigen zusätzlichen Kosten freistellen müssen.

 

Beschlussfassung über Steuerberaterbeauftragung

Mit der Beschlussfassung über die Option kann gleichzeitig die Beauftragung eines Steuerberaters beschlossen werden – dann zu Kostenlast der nutznießenden Teileigentümer. Denn im Fall der Option zur Umsatzsteuer ist die Eigentümergemeinschaft verpflichtet, Umsatzsteuer-Voranmeldungen beim Finanzamt einzureichen und jährlich eine Umsatzsteuererklärung abzugeben. Die Optionserklärung gegenüber dem Finanzamt ist grundsätzlich formlos möglich. Hierfür genügt es bereits, wenn die Umsatzsteuer in der Jahresabrechnung eines Teileigentümers ausgewiesen ist. Ansonsten kann die Optionserklärung auch gegenüber dem Finanzamt erfolgen und selbstverständlich durch Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung.

Ist bezüglich einzelner Wohnungseigentümer beschränkt oder unbeschränkt zur Umsatzsteuer optiert worden, muss dies in der jeweiligen Jahresabrechnung seinen Niederschlag finden.

 
Praxis-Beispiel

Umsatzsteueroption

Die Eigentümergemeinschaft besteht aus 2 Wohnungseigentümern. Beide haben gleichgroße Miteigentumsanteile. Der eine Wohnungseigentümer betreibt im Erdgeschoss eine Anwaltskanzlei, der andere wohnt im Obergeschoss. Die Gemeinschaft hat hinsichtlich des Anwalts zur Umsatzsteuer optiert. Im Jahr 2022 wurde die Fassade mit Kosten in Höhe von 10.000 EUR netto zzgl. 19 % USt. in Höhe von 1.900 EUR, also insgesamt zu Brutto-Kosten in Höhe von 11.900 EUR instandgesetzt. Auf jede der beiden Sondereigentumseinheiten entfällt somit ein Brutto-Betrag in Höhe von 5.950 EUR.

 

Muster: Darstellung der Um...

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