Grundsätzlich kann sich jeder Wohnungseigentümer durch jede beliebige Person auf der Wohnungseigentümerversammlung vertreten lassen.[1] Die Wohnungseigentümer können daher eine andere Person zur Ausübung des Stimmrechts bevollmächtigen. Die Erteilung der Vollmacht bedurfte nach früherer Rechtslage keiner bestimmten Form. Seit Inkrafttreten des WEMoG sieht § 25 Abs. 3 WEG vor, dass Vollmachten in Textform nachgewiesen werden müssen. Ein Wohnungseigentümer kann sich bei der Ausübung seines Stimmrechts auch durch mehrere Bevollmächtigte vertreten lassen. Diese können nur einheitlich abstimmen, wenn sie gleichzeitig in der Versammlung anwesend sind.[2]

Insbesondere die Bestimmung des § 174 BGB ist nicht mehr zu beachten. Hiernach konnte die Vollmacht dann zurückgewiesen werden, wenn sie nicht in schriftlicher Form nachgewiesen wurde. § 25 Abs. 3 WEG verdrängt als Spezialnorm diejenige des § 174 BGB.

 

Vereinbarte Formvorschriften

Nicht eindeutig geklärt ist, ob die mit Inkrafttreten des WEMoG eingeführte Bestimmung des § 25 Abs. 3 WEG bislang strengere Vorschriften in Gemeinschaftsordnungen verdrängt, wenn diese für die Erteilung von Stimmrechtvollmachten die Schriftform vorschreiben.

Widersprüche zwischen bestehenden Vereinbarungen – insbesondere Regelungen in der Gemeinschaftsordnung – und der durch das WEMoG geprägten neuen Rechtslage will § 47 WEG auflösen. Danach stehen Vereinbarungen, die vor Inkrafttreten der Änderungen getroffen worden sind, der Anwendung der geänderten Vorschriften nur dann entgegen, wenn sich aus der Vereinbarung ein entsprechender Wille mit hinreichender Deutlichkeit ergibt. Der Gesetzgeber sieht dies deshalb als notwendig an, weil viele Gemeinschaftsordnungen den Wortlaut des bei ihrer Errichtung geltenden Gesetzestextes einfach wiederholt haben. Dies ist aber gerade bei einem vereinbarten Schriftformerfordernis bezüglich Vertretungsvollmachten nicht der Fall.

Was nun vereinbarte Formvorschriften für die Erteilung von Vertretungsvollmachten betrifft, ist festzuhalten, dass weder das Wohnungseigentumsgesetz in seiner seit 1.7.2007 geltenden Fassung noch das Wohnungseigentumsgesetz in seiner Urfassung aus dem Jahr 1951 jemals besondere Formvorschriften für eine Bevollmächtigung von Vertretern der Wohnungseigentümer enthalten haben. Es gibt hier also keinen Gesetzestext, den die Verfasser einer Gemeinschaftsordnung textlich wiederholen konnten. Für derartige Fälle wird man aber annehmen dürfen, dass der seit 1.12.2020 geltende § 25 Abs. 3 WEG die Schriftform tatsächlich durch die Textform für Vollmachten abgelöst hat. Jedenfalls hat der Gesetzgeber erstmals eine Formvorschrift statuiert, weil er es vermeiden möchte, dass Stimmen von Vertretern der Wohnungseigentümer unter Berufung auf § 174 BGB zurückgewiesen werden können.

Etwas anderes müsste aber dann gelten, wenn in neu gefassten Teilungserklärungen nach Inkrafttreten des "Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr" vom 13.7.2001 ausdrücklich die Schriftform für Vollmachten vorgeschrieben wurde. Denn in Kenntnis der Textformmöglichkeit, hatte sich der Verfasser der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung gerade gegen die Textform entschieden. Insoweit dürfte durchaus der Wille zu unterstellen sein, keine dynamische Regelung, sondern vielmehr eine statische zu schaffen. Allerdings kann dies freilich nicht abschließend beurteilt werden, derartige Unklarheiten wird vielmehr die Rechtsprechung klären müssen.

Fehlende Vollmacht

Die in der Praxis nicht ganz unbeachtliche Frage, was gelten soll, wenn eine Vollmacht nicht in Textform vorgelegt werden kann, lassen sowohl der Gesetzentwurf als auch dessen Begründung offen. Der Gesetzgeber verweist zwar auf die insoweit auch im GmbH-Recht umstrittene Frage, nimmt jedoch keine Stellung, sondern verweist auf eine entsprechende Klärung durch die Rechtsprechung. Konkret wäre jedenfalls die Frage zu klären, ob eine nicht in Textform vorliegende Vollmacht – also die lediglich mündlich erteilte – unwirksam ist oder nur zur Zurückweisung berechtigt. Allerdings dürfte der Wortlaut des § 25 Abs. 3 WEG dafür sprechen, dass eine nicht in Textform vorliegende Vollmacht unwirksam ist, da die Textform Gültigkeitsvoraussetzung ist.

Im Übrigen hat jeder Versammlungsteilnehmer jederzeit das Recht auf Einsicht in die Vollmachten. Wird die Bitte um Einsichtnahme zurückgewiesen, stellt dies einen Beschlussmangel dar und führt zur Ungültigkeit der dann angefochtenen Beschlüsse.[3]

Ehegatten

  • Grundsätzlich können sich Ehegatten ohne Weiteres untereinander wechselseitig zur Stimmabgabe bevollmächtigen. Zu beachten ist allerdings, dass das Formerfordernis des § 25 Abs. 3 WEG auch unter Ehegatten gilt. Will sich also einer der Ehegatten durch den anderen vertreten lassen, muss letzterer in der Lage sein, eine Vollmacht in Textform vorzulegen.
  • Steht das Sondereigentum mehreren Personen – insbesondere Eheleuten – gemeinschaftlich zu, führt das nicht dazu...

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