Entscheidungsstichwort (Thema)
Militärisch genutzte Liegenschaften. Inanspruchnahme durch DDR-Behörden. Nutzung durch sowjetische Streitkräfte. Wiedervereinigung. Übergang des Eigentums auf den Bund. Weiternutzung des Geländes durch die Bundeswehr. verteidigungspolitische Erwägungen. neues militärfachliches Konzept. Berücksichtigung der Belange betroffener Gemeinden. Anhörungspflicht
Leitsatz (amtlich)
Liegenschaften, die auf der Grundlage des Verteidigungsgesetzes der DDR in Anspruch genommen und den sowjetischen Streitkräften für militärische Zwecke zur Verfügung gestellt wurden, sind in aller Regel als Teil des Verwaltungsvermögens nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV Eigentum des Bundes geworden.
Sie dürfen von der Bundeswehr nach Maßgabe des materiellen Rechts der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich weiter militärisch genutzt werden, ohne dass ein Verfahren nach § 1 Abs. 3 LBG durchgeführt zu werden braucht.
Entwickelt der Bund aufgrund einer veränderten Bedarfslage ein neues Konzept für die Nutzung vorhandener Truppenübungsplätze, so hat er die betroffenen Gemeinden anzuhören und die gemeindlichen Belange in seine Entscheidung einzustellen.
Normenkette
GG Art. 28 Abs. 2 S. 1; EV Art. 19; EV Art. 21 Abs. 1; GzDSTrV Art. 2; LBG § 1 Abs. 2-3
Verfahrensgang
OVG für das Land Brandenburg (Entscheidung vom 24.03.1999; Aktenzeichen 3 A 60/97) |
VG Potsdam (Entscheidung vom 29.08.1996; Aktenzeichen 1 K 123/95) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 24. März 1999 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die klagende Gemeinde wendet sich gegen die Nutzung eines ehemals von den sowjetischen Streitkräften als Schieß- und Bombenabwurfplatz genutzten Geländes durch die Bundeswehr als Truppenübungs- und Luft-Boden-Schießplatz. Das südostwärts von Wittstock gelegene Areal umfasst etwa 13 000 ha. An seinem nordwestlichen Rand reicht es bis 200 m an den Ortskern der etwa 200 Einwohner zählenden Klägerin heran. Von deren knapp 2 000 ha großem Gemeidegebiet erfasst es eine Fläche von rund 1 000 ha. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland ist Eigentümerin des weit überwiegenden Teils des Geländes. Ca. 210 ha sind Gegenstand möglicher Rückübertragungsansprüche von Privatpersonen. Der Klägerin wurde durch Vermögenszuordnungsbescheide der Präsidentin der Oberfinanzdirektion Cottbus vom 9. Juli 1993 und vom 19. Oktober 1994 das Eigentum an mehreren Wegegrundstücken zugesprochen. Die Beklagte wurde in diesen Verfahren nicht beteiligt. Mit Schreiben vom 7. Juni 1996 beantragte sie, die Entscheidungen aufzuheben. Die Oberfinanzdirektion kündigte unter dem 11. Februar 1999 an, die Bescheide insoweit aufheben zu wollen, als die Wegeflächen innerhalb des von der Beklagten in Anspruch genommenen Gebiets liegen.
Der nördliche Teil des umstrittenen Geländes wurde seit Ende der 40er-Jahre von der Westgruppe der sowjetischen Truppen – WGT – als Ausbildungszentrum mit Schießplatz für Panzer, Artillerie und Infanterie genutzt. In der Folgezeit wurde das Gelände erweitert. Seit den 60er-Jahren wurde der südliche Bereich für Luftwaffenübungen genutzt. Täglich fanden bis zu 450 Einsätze statt, bei denen u.a. scharfe Bomben mit einem Gewicht von bis zu 500 kg abgeworfen wurden. Zusammen mit den Schießübungen der Landstreitkräfte lag die Zahl der jährlichen Einsätze zwischen 20 000 und 25 000.
Das Bundeswehrkommando Ost teilte dem Landrat des damaligen Landkreises Wittstock auf eine Anfrage nach den Stationierungsplänen mit Schreiben vom 20. Februar 1991 mit, die Bundeswehr strebe mit Ausnahme des Fliegerhorstes Wittstock grundsätzlich keine Übernahme der sowjetischen Liegenschaften an. Am 19. und am 25. Juni 1992 fanden auf Staatssekretärsebene zwischen der Landesregierung Brandenburg und dem Bundesministerium der Verteidigung Gespräche über die künftige Nutzung von Truppenübungsplätzen im Land Brandenburg durch die Bundeswehr statt. Dabei wurde von Seiten des Bundes die Absicht bekundet, das Areal südöstlich von Wittstock als Truppenübungsplatz für Artillerie (Heer) und Luft-Boden-Schießübungen (Luftwaffe) zu nutzen. In der Besprechung vom 25. Juni 1992 gaben die Vertreter des Landes nach einer Unterredung mit dem Landrat des Kreises Wittstock und 14 Bürgermeistern zu verstehen, dass die örtlichen Repräsentanten „sich mit allen Kräften gegen die Fortsetzung der bisher durch Tiefflug- und Detonationslärm ertragenen Belastungen (wehren)”. In dem am 30. Juni 1992 vom Bundesminister der Verteidigung gebilligten Truppenübungsplatzkonzept wurde der „Truppenübungsplatz Wittstock” als einer der 12 Truppenübungsplätze in den neuen Bundesländern genannt. Der Deutsche Bundestag stimmte diesem Konzept am 14. Januar 1993 zu. Die künftige Nutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock wurde dabei wie folgt umschrieben: „Üben und Schießen, zwei Schießbahnen ab 20 mm, Artillerieschießen, Luftwaffe als Hauptnutzer, ca. 3 000 Einsätze im Jahr, Verwendung von Übungsmunition.”
Das Areal des vorgesehenen Truppenübungsplatzes wurde in der Zeit vom 1. Mai bis 16. August 1993 von den sowjetischen Streitkräften an die Beklagte, vertreten durch das Bundesvermögensamt Potsdam, übergeben. Im September 1993 wurden Dienstposten der Bundeswehr zur Übernahme des Geländes abgestellt, die u.a. mit dem Aufstellen von Grenztafeln und ersten Einrichtungsmaßnahmen betraut waren. Am 16. Dezember 1993 wurde zwischen der Bundesfinanzverwaltung, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen, und der Bundeswehrverwaltung, vertreten durch das Bundesministerium der Verteidigung, eine Verwaltungsvereinbarung über die Abgabe ehemaliger WGT-Liegenschaften getroffen, die auch den „ehemaligen Truppenübungsplatz und Bombenabwurfplatz Wittstock” zum Gegenstand hatte. Die tatsächliche Übergabe fand am 27. Januar 1994 statt.
Ende Dezember 1993 teilte der Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung dem Chef der Staatskanzlei des Landes Brandenburg mit, dass ab Januar 1994 Einsätze der Luftwaffe geplant seien, die keine erhebliche Lärmbelastung erwarten ließen, da die allgemeine Mindestflughöhe von 1 000 Fuß nur innerhalb der Grenzen des Truppenübungsplatzes unterschritten werde. In der Folgezeit nahm der Beklagte davon Abstand, Artillerieschießbahnen einzurichten. Nach seiner derzeitigen Konzeption soll der Truppenübungsplatz für Gefechtsübungen des Heeres und als Luft-Boden-Schießplatz der Luftwaffe genutzt werden. Für den Luft-Boden-Schießplatz sind maximal 3 000 Einsätze pro Jahr vorgesehen. Es soll grundsätzlich von Norden her ein- und nach Süden hin abgeflogen werden. Die zulässige Mindestflughöhe wird mit 100 Fuß innerhalb und 1 000 Fuß außerhalb der Grenzen des Truppenübungsplatzes angegeben. Vorgesehen ist ausschließlich die Verwendung von Übungsmunition. Flugbetrieb soll montags bis donnerstags von 9.00 bis 17.00 Uhr mit einer zweistündigen Mittagspause und freitags von 9.00 bis 12.00 Uhr stattfinden. Anflüge bei Nacht sind nur montags bis donnerstags in der Zeit von 30 Minuten nach Sonnenuntergang bis spätestens 23.30 Uhr zulässig. An Wochenenden und Feiertagen sowie während etwa sechs Wochen in den Ferienzeiten ist kein Flugbetrieb vorgesehen.
Die Gemeindevertretung der Klägerin beschloss am 1. März 1994, eine Innenbereichs- und Abrundungssatzung gemäß § 34 Abs. 4 BauGB aufzustellen. Im Entwurf sind die vorhandene Bebauung als Dorfgebiet und die neuen Bauflächen als allgemeines Wohngebiet gekennzeichnet. Die Gemeindevertretung beschloss am 24. Oktober 1995, einen Flächennutzungs- und Landschaftsplan aufzustellen. Hiergegen wandte die Wehrbereichsverwaltung VII mit Schreiben vom 5. Januar 1996 ein: Der Truppenübungsplatz genieße Bestandsschutz. Innerhalb der Grenzen der Liegenschaften der Bundeswehr sei sowohl tagsüber als auch nachts ein Richtwert von 70 dB (A) maßgeblich. Kurzzeitige Geräuschspitzen dürften diesen Wert um 20 dB (A) überschreiten. Bei jedem neuen Wohnbauvorhaben sei mit Lärmbelästigungen zu rechnen. Lärmprobleme ließen sich erst bei einem Abstand von 3 000 m ausschließen. Im April 1997 beschloss die Gemeindevertretung die Aufstellung zweier Bebauungspläne, die innerhalb der 3 000 m-Zone die Schaffung einer Ferien- und einer Wohnsiedlung vorsehen.
Die Klägerin hat am 27. Januar 1994 Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht Potsdam hat mit Urteil vom 29. August 1996 auf einen Hilfsantrag hin „festgestellt, dass für die militärische Nutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock durch die Beklagte zu militärischen Zwecken ein förmliches Planungsverfahren nach § 1 Abs. 2, 3 des Landbeschaffungsgesetzes erforderlich ist”.
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg hat das angefochtene Urteil unter dem 24. März 1999 geändert und auf die Berufung der Klägerin die Beklagte „verurteilt, eine Nutzung des Geländes des früheren Truppenübungsplatzes Wittstock auf dem Gemeindegebiet der Klägerin als Truppenübungsplatz oder Luft-Boden-Schießplatz, einschließlich einer dieser Nutzung dienenden Durchführung von Tiefflügen, zu unterlassen”. Die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Nutzung des Geländes insbesondere für Luft-Boden-Schießübungen greife ohne eine dafür erforderliche gesetzliche Grundlage nachhaltig in die Planungshoheit ein. Die Beklagte könne sich nicht auf Art. 21 EV berufen. Die Vorschrift regele die Vermögenszuordnung, ermächtige aber nicht dazu, den betreffenden Vermögensgegenstand zu Lasten Dritter in bestimmter Weise zu nutzen. Auch Abschnitt I Ziff. 12 des Protokolls zum Einigungsvertrag vom 31. August 1990 (BGBl II S. 889) rechtfertige die weitere militärische Nutzung nicht. Die Vorschrift diene lediglich der Wahrung der Länderinteressen. Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. Oktober 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Bedingungen des befristeten Aufenthalts und die Modalitäten des planmäßigen Abzugs der sowjetischen Truppen aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland – GzDSTrV – vom 21. Dezember 1990 (BGBl II S. 256) gebe für eine Nutzungsbefugnis der Bundeswehr ebenfalls nichts her. Mit dem Gesetz zum Abzugsvertrag habe der Gesetzgeber die Befugnis zur militärischen Fortnutzung auf die Zeitspanne beschränkt, in der die Flächen für die im Vertrag genannten Zwecke weiterhin benötigt worden seien. Eine Überleitung der sowjetisch genutzten Liegenschaften in das Landbeschaffungsrecht auch über den Zeitpunkt der Erreichung des Vertragszwecks hinaus lasse sich Art. 2 GzDSTrV nicht entnehmen. Zur Rechtfertigung der militärischen Nutzung könne die Beklagte sich auch nicht auf eine entsprechende Widmung der Flächen berufen. Jedenfalls seien die Flächen über die Nutzung durch die sowjetischen Streitkräfte hinaus nicht umfassend militärischen Zwecken gewidmet worden. Sollte das Truppenübungsplatzareal nicht zur Gänze Bundeseigentum sein, setze die Einrichtung eines Luft-Boden-Schießplatzes voraus, dass der Bundesminister der Verteidigung dieses Vorhaben nach § 1 Abs. 3 LBG bezeichne. Aber auch wenn die Beklagte Alleineigentümerin sei, müsse der mit der militärischen Nutzung verbundene Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügen, die an staatliche Planungsentscheidungen zu stellen seien. Dass für diesen Fall derzeit keine gesetzliche Regelung vorhanden sei, ändere nichts an diesem Erfordernis. Denn bei jedem Akt planerischer Gestaltung müssten die widerstreitenden Belange durch Abwägung zum Ausgleich gebracht werden. Die Beklagte habe den Anforderungen des Abwägungsgebotes nicht genügt. Dem Bundesverteidigungsministerium hätten keine konkreten Informationen über die abwägungserheblichen Belange der Klägerin vorgelegen. Eine förmliche Anhörung sei nicht erfolgt. Die Beklagte habe in dem Gespräch, das am 25. Juni 1992 auf Staatssekretärsebene stattgefunden habe, lediglich zur Kenntnis genommen, dass der Landrat des Kreises Wittstock und 14 Bürgermeister aus angrenzenden Gemeinden massive Bedenken gegen eine weitere Nutzung als Schießplatz vorgebracht hätten.
Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Revision trägt die Beklagte vor: Die Befugnis zur Fortnutzung der Liegenschaft zu militärischen Zwecken ergebe sich, ohne dass es der Durchführung eines Bezeichnungsverfahrens nach § 1 Abs. 3 LBG bedürfte, einerseits aus Art. 21 EV in Verbindung mit der Protokollnotiz I Nr. 12, andererseits aus Art. 2 Abs. 2 GzDSTrV, jedenfalls aber unmittelbar aus § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 64 Abs. 2 Satz 1 LBG. Art. 21 EV ordne das Verwaltungsvermögen der Gebietskörperschaft zu, die nach dem Grundgesetz für die Wahrnehmung der entsprechenden Verwaltungsaufgabe zuständig sei. Mit dem Vermögen gehe auch das Recht zu seiner bestimmungsgemäßen Nutzung über. Der Sinn der Regelung sei es gerade, die Kontinuität der hoheitlichen Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. Die Protokollnotiz I Nr. 12 bestätige dies. Sie setze die Befugnis zur zweckentsprechenden Nutzung voraus. Die DDR habe das Gelände den sowjetischen Streitkräften auf der Grundlage des Stationierungsabkommens zum Zwecke der militärischen Nutzung zur Verfügung gestellt. Diese hoheitliche Entscheidung wirke nach Art. 19 EV fort. Die Regelung des Art. 2 GzDSTrV beziehe sich nicht nur auf den Zeitraum bis zum Abzug der sowjetischen Truppen. Die Flächen seien innerstaatlich militärischen Zwecken gewidmet gewesen. Nach dem Untergang der DDR habe lediglich auf der Ebene des Völkerrechts ein neues Überlassungsverhältnis begründet werden müssen. Die innerstaatliche Widmung sei hiervon unberührt geblieben. Sie sei durch Art. 2 GzDSTrV auf eine neue innerstaatliche Grundlage gestellt worden. Das Gesetz zu dem Vertrag regele darüber hinaus durch die Verweisung auf das Landbeschaffungsgesetz auch die hoheitliche Nutzungsbefugnis nach dem Abzug der sowjetischen Truppen. Art. 2 Abs. 2 GzDSTrV habe die Bedeutung einer dem § 64 LBG vergleichbaren Übergangsvorschrift. Einer ausdrücklichen Erwähnung dieser Bestimmung habe es nicht bedurft, da das Landbeschaffungsgesetz über Art. 8 EV auf dem Gebiet der ehemaligen DDR ohnehin zum 3. Oktober 1990 in Kraft gesetzt worden sei. Die Befugnis zur weiteren militärischen Nutzung der Liegenschaften ergebe sich jedenfalls aus den §§ 1 und 64 LBG. Der Gesetzgeber gehe in § 1 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 LBG von der Gleichwertigkeit der Verteidigungszwecke aus. Ein Bezeichnungsverfahren erübrige sich, weil Lage und Umgrenzung des Vorhabens durch die vorangegangene Nutzung bereits bestimmt seien. Bevor der Truppenübungsplatz Wittstock von der Bundeswehr übernommen worden sei, sei schließlich ein Verfahren durchgeführt worden, das rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügt habe. Es hätten umfangreiche Konsultationen stattgefunden. Die betroffenen Gebietskörperschaften seien so beteiligt worden, wie dies im Rahmen des § 1 Abs. 2 LBG geboten gewesen wäre.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 24. März 1999 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 29. August 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie macht geltend: Die militärische Nutzung des Areals als Truppenübungsplatz stelle einen Eingriff in ihre Planungshoheit dar, für den es keine gesetzliche Grundlage gebe. Art. 21 EV scheide aus, da er lediglich die Qualität einer fiskalischen Zuweisungsnorm habe. Dementsprechend sei das Gelände zunächst in das allgemeine Verwaltungsvermögen des Bundes unter der Aufsicht des Bundesvermögensamts gelangt. Auch das Gesetz zum Truppenabzugsvertrag gestatte die Nutzung durch die Bundeswehr nicht. Vertrag und Gesetz regelten lediglich die Bedingungen des befristeten Aufenthalts und die Modalitäten des planmäßigen Abzugs der sowjetischen Truppen. Unabdingbare Voraussetzung für eine Nutzung als Truppenübungsplatz sei die Durchführung eines Bezeichnungsverfahrens, das den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen genüge und den Abwägungsgrundsätzen entspreche. Es müsse mit einer Entscheidung enden, in der die räumlichen Grenzen des beanspruchten Gebiets und die Nutzungsart genau bestimmt seien. An beidem fehle es. Die Grenze sei im Laufe der Zeit willkürlich vorgeschoben oder zurückgenommen worden. Über den Nutzungsumfang bestehe ebenfalls Unklarheit. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei jedenfalls deshalb begründet, weil u.a. Grundstücke in Anspruch genommen würden, die durch unanfechtbare Vermögenszuordnungsbescheide ihr zuerkannt worden seien. Hinzu komme, dass weite Flächen des übrigen Areals die Merkmale eines FFH-Gebiets aufwiesen und als solches inzwischen vom Land Brandenburg gemeldet worden seien. Ein Unterlassungsanspruch ergebe sich auch daraus, dass für den Truppenübungsplatz die nach dem Immissionsschutzrecht gebotene Genehmigung nicht vorliege.
Der Oberbundesanwalt hat sich am Verfahren beteiligt. Er unterstützt den Rechtsstandpunkt der Beklagten. Er führt aus: Nach dem Einigungsvertrag wirkten die Rechtsgrundlagen, die die Behörden der DDR und der sowjetischen Streitkräfte zur Wahrnehmung der ihnen obliegenden Verwaltungsaufgaben berechtigt hätten, zugunsten der neuen Aufgabenträger fort. Das gelte auch, soweit für Aufgaben der Landesverteidigung Liegenschaften benötigt würden, die von der WGT benutzt worden seien. Mit Art. 2 GzDSTrV werde die Verknüpfung mit dem Landbeschaffungsgesetz hergestellt und klargestellt, dass auch Liegenschaften, die den sowjetischen Truppen zur Verfügung gestellt worden seien, von der Bundeswehr weitergenutzt werden dürften. Die Kontinuität der Verteidigungsnutzung sei nicht unterbrochen worden. Die Bundeswehr verfüge derzeit über keinen eigenen Luft-Boden-Schießplatz. Entsprechende Einrichtungen existierten zwar in Nordhorn und in Siegenburg, sie stünden aber unter britischer bzw. amerikanischer Verwaltungshoheit. Die Luft-Boden-Schießausbildung der Luftwaffe und der Marine finde zu 75 % im Ausland statt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision der beklagten Bundesrepublik Deutschland ist gemäß § 144 Abs. 4 VwGO zurückzuweisen. Das Berufungsurteil verletzt zwar Bundesrecht mit der Annahme, die Bundeswehr dürfe das ehemals von der Westgruppe der sowjetischen Truppen (WGT) genutzte Gelände nach dem Abzug dieser Truppen nicht nutzen, bevor nicht ein Verfahren nach § 1 Abs. 3 des Landbeschaffungsgesetzes vom 23. Februar 1957 (BGBl I S. 134) – LBG – durchgeführt oder eine besondere gesetzliche Grundlage dafür geschaffen worden sei. Die Entscheidung stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Inanspruchnahme eines großen Teils – hier etwa der Hälfte – des Gebiets einer Gemeinde als militärisches Übungsgelände die Planungshoheit der Gemeinde beschränkt und einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Diese gesetzliche Grundlage ist – entgegen der Annahme des Berufungsgerichts – für die Inanspruchnahme des Gebiets der Klägerin durch den Truppenübungs- und Luft-Boden-Schießplatz Wittstock dem Grunde nach vorhanden. Eines besonderen förmlichen Verfahrens der Bereitstellung der Flächen für die Zwecke der Bundeswehr bedurfte es nicht.
a) § 1 Abs. 2 und 3 des Landbeschaffungsgesetzes, das gemäß Art. 8 des Einigungsvertrages – EV – vom 31. August 1990 (BGBl II S. 889) seit dem 3. Oktober 1990 auch im Beitrittsgebiet gilt, erfordert ein bestimmtes Verfahren, wenn Grundstücke für die in § 1 Abs. 1 LBG genannten Zwecke erworben werden sollen. Es soll eine angemessene Berücksichtigung unter anderem der Belange des Städtebaus gewährleisten und schließt eine Anhörung der betroffenen Gemeinden ein. Es erübrigt sich, wenn der Bund bereits Eigentümer der Grundstücke ist und wenn darüber hinaus die Grundstücke – wie hier – bereits zu einem früheren Zeitpunkt zulässigerweise für Zwecke der Verteidigung in Anspruch genommen worden sind. Der erkennende Senat hat im Urteil vom 11. April 1986 – BVerwG 4 C 51.83 – (BVerwGE 74, 124) zum Ausdruck gebracht, dass es eines Aktes planender Gestaltung jedenfalls gegenüber der Gemeinde auch bedürfe, wenn der Bund beabsichtige, bereits in seinem Eigentum stehende Grundstücke einer militärischen Nutzung zuzuführen und sie damit der Planung der Gemeinde zu entziehen. Das betrifft indes Fälle, in denen Flächen erstmals der Planungshoheit der Gemeinde entzogen werden. Das hier umstrittene Gelände südöstlich von Wittstock wurde bereits vor Inanspruchnahme durch die Bundeswehr zulässigerweise für militärische Zwecke genutzt. Daran knüpft die Bundeswehr an. Die Möglichkeit hierzu eröffnet der Einigungsvertrag grundsätzlich jedenfalls insoweit, als der Bund Eigentümer der Grundstücke geworden ist. Das trifft für weite Teile des Gebiets zu.
aa) Das Eigentum an diesen Flächen ist auf den Bund übergegangen. Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV ist das Vermögen der Deutschen Demokratischen Republik, das unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben diente (Verwaltungsvermögen), Bundesvermögen geworden, sofern es nicht nach seiner Zweckbestimmung am 1. Oktober 1989 überwiegend für Verwaltungsaufgaben bestimmt war, die nach dem Grundgesetz von Ländern, Gemeinden (Gemeindeverbänden) oder sonstigen Trägern öffentlicher Verwaltung wahrzunehmen sind. Das Gelände, um dessen Nutzung die Beteiligten streiten, war in seinem jetzigen Umfang seit dem Jahre 1962 Volkseigentum, das am Stichtag des 1. Oktober 1989 Verteidigungszwecken diente. Grundlage hierfür bildete das Verteidigungsgesetz der Deutschen Demokratischen Republik – DDR – vom 20. September 1961 (GBl I S. 175); dieses ermächtigte in § 10 Abs. 1 Satz 1 dazu, Grundstücke im Interesse der Verteidigung der Republik in Volkseigentum zu überführen, und es ließ in § 16 Abs. 1 zu, die der Nationalen Volksarmee zustehenden Leistungen auch zugunsten der Streitkräfte der verbündeten Staaten in Anspruch zu nehmen. Das Volkseigentum, das an einer Vielzahl von Sachwerten bereits nach Art. 12 Abs. 1 der DDR-Verfassung bestand, gehörte nach den §§ 18 ff. des Zivilgesetzbuchs der DDR – ZGB – vom 19. Juni 1975 (GBl I S. 465) zu den Erscheinungsformen des sozialistischen Eigentums, das im Gegensatz zu dem in §§ 22 ff. ZGB geregelten persönlichen Eigentum als „Grundlage der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft” diente. Dabei fungierte bei der Wahrnehmung von Verteidigungsaufgaben als Rechtsträger nach § 29 Abs. 1 und § 33 Abs. 1 der Leistungsverordnung vom 16. August 1963 (GBl II S. 667) sowie nach § 17 Abs. 1 und § 21 Abs. 1 der Leistungsverordnung vom 26. Juli 1979 (GBl I S. 265) insbesondere das Ministerium für Nationale Verteidigung.
Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV bewirkte, dass das Eigentum an dem Gelände als Teil des für Verteidigungsaufgaben bestimmten Vermögens der DDR auf den Bund überging (vgl. zu Art. 134 GG: BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 – BVerwG 3 C 8.00 – DVBl 2000, 1454). Die Regelung beruht auf dem Gedanken, dass das Verwaltungsvermögen demjenigen Verwaltungsträger zustehen soll, der auch die entsprechende Aufgabe zu erfüllen hat. Das ist gemäß den Artikeln 87 a und 87 b GG der Bund. Mit Art. 21 EV verfolgten die Vertragsparteien ausweislich der Denkschrift zum Kapitel VI des Einigungsvertrages (BTDrucks 11/7760 S. 365) den Zweck, das Verwaltungsvermögen der DDR so zu verteilen, wie dies der föderativen Struktur der Bundesrepublik entsprach. Die Regelung lehnt sich an Art. 134 GG an, der in den neuen Bundesländern zwar formal gilt, aber praktisch gegenstandslos ist, weil sich das Reichsvermögen im Zeitpunkt des Beitritts längst in anderen Händen befand (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. September 1995 – BVerwG 7 C 57.94 – BVerwGE 99, 283). Ähnlich wie diese Vermögensüberleitungsvorschrift ordnet Art. 21 EV das öffentliche Vermögen der DDR so zu, dass die jeweiligen Verwaltungsträger in die Lage versetzt werden, die von ihnen wahrzunehmenden Aufgaben zu erfüllen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. März 1997 – 2 BvG 3, 4/95 – BVerfGE 95, 250 ≪262 ff.≫).
Von dieser Funktionsnachfolgeregelung sind Grundstücke, die nach dem DDR-Recht Verteidigungszwecken dienten, nicht ausgenommen. Dies macht Abschnitt I Ziff. 12 des Protokolls zu Art. 21 Abs. 1 Satz 1 des Einigungsvertrages deutlich. Danach haben die Vertragsparteien mit Bezug auf diese Norm „folgende Klarstellung” getroffen: „Über die weitere Inanspruchnahme militärisch genutzter Liegenschaften sind die Länder zu unterrichten. Bevor bisher militärisch genutzte Liegenschaften, die Bundesvermögen werden, einer anderen Nutzung zugeführt werden, sind die betroffenen Länder zu hören.” Diese Regelung geht als selbstverständlich davon aus, dass der Bund auch als Träger der Aufgabe, die Landesverteidigung zu gewährleisten, in die Position der Deutschen Demokratischen Republik eingerückt ist. Sie knüpft die weitere Inanspruchnahme ausschließlich an die Voraussetzung, dass die Länder „zu unterrichten” sind. Abgesehen von dieser Informationspflicht macht sie die Nutzung von keinen sonstigen verfahrensrechtlichen Vorkehrungen abhängig.
bb) Die Regelung des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV wird ergänzt durch Art. 19 EV. Aus dieser Vorschrift lässt sich ableiten, dass die der Beklagten zugeordneten Grundstücke weiterhin für militärische Zwecke zur Verfügung stehen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift bleiben vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der DDR wirksam. Dem DDR-Recht war zwar die Rechtsfigur der Widmung fremd, weil die Grenzlinien zwischen öffentlichem und Privatrecht anders verliefen und das Eigentum eine andere Funktion erfüllte als unter der Geltung des Grundgesetzes. Auch ihm war aber die Konzeption der förmlichen Zweckbindung geläufig, die dazu führte, Sachen, die für die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben benötigt wurden, durch einen Rechtsakt einem besonderen Nutzungsregime zu unterwerfen. Im Verteidigungsbereich eröffnete § 16 des Verteidigungsgesetzes vom 20. September 1961 die Möglichkeit, Grundstücke u.a. „zur Schaffung von militärischen Anlagen aller Art, wie Kasernen, Flugplätze, Hafenanlagen, Lager- und Übungsplätze” in Anspruch zu nehmen und für diese Zwecke über die Grundstücke hinaus, die sich die sowjetischen Truppen mit nachträglicher Billigung durch Art. 15 des Stationierungsabkommens vom 12. März 1957 (GBl I S. 237) kraft Besatzungsrechts verschafft hatten, auch den sowjetischen Streitkräften zur Verfügung zu stellen. Welcher Maßnahmen es bedurfte, um das militärische Nutzungsverhältnis zu begründen, ergab sich aus den §§ 28 ff. der Leistungsverordnung vom 16. August 1963. Ausdruck fand die veränderte Zweckbestimmung nicht zuletzt darin, dass es bei einem Zugriff auf persönliches Eigentum zu einer Überführung in Volkseigentum kam (§ 39 Abs. 1 der LeistungsVO) und bei der Inanspruchnahme volkseigener Grundstücke ein Rechtsträgerwechsel eintrat (§ 34 Abs. 1 LeistungsVO).
b) Die der Beklagten durch Art. 21 und 19 EV ermöglichte militärische Nutzung der vormals sowjetisch genutzten Liegenschaften ist weder durch das Gesetz zum Vertrag vom 12. Oktober 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Bedingungen des befristeten Aufenthalts und die Modalitäten des planmäßigen Abzugs der sowjetischen Truppen aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (BGBl II S. 258) noch durch Entwidmung ausgeschlossen oder eingeschränkt worden.
aa) Der Vertrag vom 12. Oktober 1990 enthält keine abschließende Regelung über die Nutzung der den sowjetischen Streitkräften über den Zeitpunkt des Beitritts der neuen Bundesländer hinaus zur Verfügung gestellten Liegenschaften. Er trägt ausschließlich dem Umstand Rechnung, dass mit der Herstellung der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 die bisherige vertragliche Grundlage zur Stationierung der sowjetischen Truppen entfiel. In dem Abkommen vom 12. März 1957 hatte die Regierung der DDR den sowjetischen Streitkräften das Recht eingeräumt, die zu einem früheren Zeitpunkt beschafften militärischen Liegenschaften weiterhin zu benutzen und zusätzliche Liegenschaften nach näheren Maßgaben im Zusammenwirken mit den zuständigen nationalen Organen in Anspruch zu nehmen. Mit dem Beitritt der neuen Bundesländer ging die DDR als Völkerrechtssubjekt unter. Die vertraglichen Regelungen über die Gestattung und die Ausgestaltung des Aufenthalts der sowjetischen Truppen erloschen. Die Verhandlungen über ein Abkommen, das die Bedingungen des Aufenthalts sowjetischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland regelte, waren im Zeitpunkt des Beitritts der DDR noch nicht abgeschlossen. Um kein rechtliches Vakuum entstehen zu lassen, wurde in Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Inkraftsetzung von Vereinbarungen betreffend den befristeten Aufenthalt von Streitkräften der Französischen Republik, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika nach Herstellung der deutschen Einheit vom 24. September 1990 (BGBl II S. 1246) der Weg der vorläufigen einseitigen Aufenthaltsgestattung gewählt. Diese Regelung wurde für das Beitrittsgebiet durch den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 12. Oktober 1990 abgelöst. Die Vereinbarung schuf die Grundlage dafür, dass die sowjetischen Truppen sich über den 3. Oktober 1990 hinaus in den ihnen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zugewiesenen Liegenschaften berechtigt aufhalten durften. Darüber hinaus regelte er die Modalitäten des Truppenabzuges, für dessen Vollzug eine Frist bis zum Ende des Jahres 1994 gesetzt wurde. Die Frage der Verwendung der Liegenschaften nach Abzug der sowjetischen Streitkräfte war nicht Vertragsgegenstand.
Auch das Gesetz vom 21. Dezember 1990 (BGBl II S. 256) zu dem Vertrag vom 12. Oktober 1990 (GzDSTrV) lässt die in den Art. 21 und 19 EV getroffenen Rechtsfolgen unberührt. Wie aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu ersehen ist (BTDrucks 11/8154, S. 4), lag insbesondere der Vorschrift des Art. 2 GzDSTrV die Erwägung zugrunde, dass zu den Liegenschaften, die den sowjetischen Streitkräften nach dem Vertrag bis zum Abzug zur Verfügung gestellt wurden, auch Flächen gehören konnten, die im Eigentum Dritter standen. Art. 2 GzDSTrV sicherte auch in diesen Fällen die Erfüllung der von der Bundesrepublik eingegangenen völkervertraglichen Verpflichtungen, und zwar in Bezug auf Grundstücke, die aufgrund nachträglicher Ereignisse, insbesondere erfolgreicher Restitutionsansprüche, nicht mehr zum Bundesvermögen gehörten. Nach dem Verteidigungsgesetz 1961 wie auch nach dem Verteidigungsgesetz vom 13. Oktober 1978 (GBl I S. 377) waren in der Regel nichtvolkseigene Grundstücke, die für die Landesverteidigung benötigt wurden, in Volkseigentum überführt worden. Der mit Art. 2 GzDSTrV verfolgte Zweck hat sich mit dem Abzug der sowjetischen Truppen erledigt.
bb) Die aufgrund der Art. 21 und 19 EV eröffnete Befugnis zur weiteren militärischen Nutzung des Geländes ist von der Beklagten – entgegen der Annahme der Klägerin – nach Abzug der ausländischen Truppen nicht aufgegeben worden. Eine Entwidmung ist freilich an keine bestimmte Form gebunden. Es bedarf jedoch einer eindeutigen Erklärung, die für jedermann klare Verhältnisse schafft und keinen Zweifel daran aufkommen lässt, welche Flächen künftig wieder für andere Nutzungen offen stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Dezember 1988 – BVerwG 4 C 48.86 – BVerwGE 81, 111, vom 31. August 1995 – BVerwG 7 A 19.94 – BVerwGE 99, 166 und vom 27. November 1996 – BVerwG 11 A 2.96 – BVerwGE 102, 269). Daran fehlt es hier. Dass das Areal zwischen dem 1. Mai und dem 16. August 1993 von den sowjetischen Truppen an Mitarbeiter der Bundesvermögensverwaltung übergeben und erst am 27. Januar 1994 aufgrund der Verwaltungsvereinbarung vom 16. Dezember 1993 von der Bundeswehrverwaltung übernommen wurde, rechtfertigt nicht die Schlüsse, die das Berufungsgericht aus diesen Vorgängen zieht. Die Einschaltung der Bundesvermögensverwaltung lässt sich nicht als Hinweis darauf werten, dass eine Weiterverwendung für militärische Zwecke zu diesem Zeitpunkt nicht in Betracht gezogen wurde. Sie entspricht vielmehr der Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Bundesverwaltung.
Die ausländischen Streitkräften zur militärischen Nutzung überlassenen Liegenschaften werden auf deutscher Seite von den Bundesvermögensämtern verwaltet. Auch die Abwicklung der Geschäfte, die bei der Freigabe solcher Grundstücke anfallen, gehört zum Zuständigkeitsbereich der Bundesvermögensverwaltung. Die Beantwortung der Frage, ob Liegenschaften, die von den ausländischen Streitkräften nicht mehr benötigt werden, von der Bundeswehr weiter genutzt werden dürfen, hängt indes nicht davon ab, wie die Vermögensverwaltung intern auf die einzelnen Ressorts verteilt ist. Die Beklagte ließ überdies keinen Zweifel daran aufkommen, dass ihr auch nach dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte daran gelegen war, das Gelände südöstlich von Wittstock als Truppenübungsplatz in Anspruch zu nehmen. Schon im Juni 1992, lange vor der Räumung durch die Westgruppe der sowjetischen Truppen, bekundete sie die Absicht, das Gebiet weiterhin für Verteidigungszwecke zu nutzen. In dem vom Bundestag am 14. Januar 1993 gebilligten „Truppenübungsplatzkonzept” war ausdrücklich auch der „Truppenübungsplatz Wittstock” aufgeführt. Dass es sich hierbei nicht um eine unverbindliche Absichtserklärung handelte, unterstrich die Beklagte dadurch, dass bereits im September 1993 unmittelbar nach der endgültigen Übergabe durch die sowjetischen Streitkräfte Dienstposten der Bundeswehr abgestellt wurden, die erste Einrichtungsmaßnahmen trafen, und dass im Januar 1994 der Übungsbetrieb, wenn auch in beschränktem Umfange, aufgenommen wurde. Dieser Ablauf belegt, dass eine Entwidmung zu keiner Zeit auch nur ernsthaft erwogen wurde.
2. Trotz dieser rechtlichen Ausgangslage ist die Bundeswehr derzeit daran gehindert, die militärische Nutzung des Geländes ohne weiteres fortzusetzen.
a) Ein rechtliches Hindernis ergibt sich bereits für die Grundstücke, deren Eigentümer der Bund nicht ist. Der Klägerin wurde durch Vermögenszuordnungsbescheide der Präsidentin der Oberfinanzdirektion Cottbus vom 9. Juli 1993 und vom 19. Oktober 1994 das Eigentum an mehreren Wegegrundstücken zugesprochen. Die Beklagte weist zwar darauf hin, sie sei seinerzeit nicht am Verfahren beteiligt worden; überdies habe die Oberfinanzdirektion im Februar 1999 angekündigt, die Bescheide aufheben zu wollen. Vieles deutet darauf hin, dass die Zuordnungsentscheidungen nicht hätten ergehen dürfen. Denn die Wegegrundstücke waren sowohl an dem nach Art. 21 Abs. 1 EV maßgeblichen Stichtag des 1. Oktober 1989 als auch an dem nach § 11 Abs. 1 Satz 3 VZOG maßgeblichen Stichtag des 20. Dezember 1993 Teil des Truppenübungsplatzgeländes. Solange jedoch die angekündigte Rücknahme noch aussteht oder der Beklagte sich die Eigentümerstellung nicht anderweitig – notfalls im Wege der Enteignung nach dem Landbeschaffungsgesetz – verschafft, kann er sich über das Eigentum der Klägerin nicht kurzerhand hinwegsetzen.
Einer Bezeichnung im Sinne des § 1 Abs. 3 LBG bedarf es für den noch erforderlichen Eigentumserwerb indes nicht, wenn es sich um Flächen handelt, die gemessen an der Größe des vormals durch die sowjetischen Truppen in Anspruch genommenen Gebiets nicht wesentlich ins Gewicht fallen. Stehen die Lage und die Grenzen eines militärisch schon genutzten Areals nicht ernsthaft zur Diskussion, so erübrigt sich der Rückgriff auf das Instrument der räumlichen Festlegung gemäß § 1 Abs. 3 LBG (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 1964 – BVerwG 1 C 4.60 – Buchholz 406.33 § 11 LBG Nr. 1). Ist insbesondere die Zugriffsmöglichkeit bloß punktuell eingeschränkt, so wird die Fortsetzung einer bereits in der Vergangenheit an einem bestimmten Standort ausgeübten und – hier, wie ausgeführt, durch Rechtsakte der früheren DDR – zugelassenen militärischen Nutzung hierdurch nicht von Grund auf in Frage gestellt. So liegen die Dinge hier. Die Klägerin macht selbst nicht geltend, dass diese Grundstücke im Verhältnis zum Bundesvermögen erheblich zu Buche schlagen.
b) Aber auch abgesehen von dem noch ausstehenden Erwerb der besagten Grundstücke darf die Beklagte die militärische Nutzung des vormals sowjetischen Übungsplatzes nicht ohne weiteres fortsetzen. Vielmehr hat sie darüber eine dem materiellen Recht entsprechende Entscheidung nach Anhörung der in ihrer Planungshoheit betroffenen Klägerin zu treffen. Das ergibt sich aus Folgendem:
aa) Der Bund ist, auch soweit er in Ausübung von Aufgaben der Landesverteidigung auf Positionen Dritter trifft, an das materielle Recht gebunden. Der Gesetzgeber räumt ihm zwar im Hinblick auf die Bedeutung der Verteidigungsaufgaben und deren Besonderheiten in vielerlei Beziehung eine Sonderstellung ein (vgl. z.B. § 37 BauGB, § 60 BImSchG, § 30 BNatSchG) und stellt ihn auch weitgehend von den für andere Vorhaben mit „Aussenwirkung” erforderlichen Genehmigungsverfahren frei. Das darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass er auch bei Maßnahmen, für die ihn das Gesetz von einem behördlichen Zulassungsverfahren freistellt, die einschlägigen materiellrechtlichen Anforderungen zu beachten hat. Hierzu gehört insbesondere das Immissionsschutzrecht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1991 – BVerwG 7 C 19.90 – BVerwGE 88, 210: Lärm eines Schießplatzes der britischen Streitkräfte). Er ist insoweit für die Einhaltung der rechtlichen Anforderungen selbst verantwortlich und kann bei Nichtbeachtung von den dadurch in ihren Rechten verletzten Betroffenen im Gerichtswege zur Einhaltung gezwungen werden.
Gegenüber der Klägerin hat der Beklagte auch bei der von ihm beabsichtigten – dem Grunde nach durch den Einigungsvertrag zugelassenen – Fortsetzung einer militärischen Nutzung des vormals sowjetischen Übungsplatzes die nach Maßgabe des Art. 28 Abs. 2 GG geschützte Planungshoheit der Klägerin zu beachten. Der Bund entscheidet zwar in eigener Verantwortung, wie, mit welchen Mitteln und an welchen Standorten er die ihm obliegenden Aufgaben der Landesverteidigung wahrnimmt. Die Geeignetheit von Standorten etwa für militärische Übungsplätze und die Auswahl zwischen verschiedenen Standorten ist in erster Linie eine Frage militärfachlicher und verteidigungspolitischer Beurteilung und insoweit rechtlich nicht gebunden. Die gemeindliche Planungshoheit darf dabei aber nicht stärker eingeschränkt werden als es der militärische Zweck erfordert.
Das Berufungsgericht hat – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – nicht näher aufgeklärt, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung der gemeindlichen Planungshoheit durch die von der Beklagten beabsichtigte militärische Nutzung des Übungsplatzes einerseits ist, sowie andererseits welche Erwägungen für die Entscheidung der Beklagten maßgebend waren, das Gelände als Truppenübungs- und Luft-Boden-Schießplatz fortzunutzen und bisher an anderen Standorten durchgeführte Übungen dieser Art auf den Standort bei Wittstock zu verlagern. Das zwingt indes nicht zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Die Beklagte geht selbst nicht davon aus, dass die Übernahme des Geländes südöstlich von Wittstock durch die Bundeswehr als schlichte Fortsetzung der zu einem früheren Zeitpunkt aufgenommenen Nutzung für Verteidigungszwecke zu werten ist. Aus ihren eigenen Angaben erhellt, dass sie sich nicht allein von dem Gedanken der Nutzungskontinuität hat leiten lassen, der den Art. 21 und 19 EV zugrunde liegt. Sie hat vielmehr unabhängig von diesen Regelungen über die militärische Weiternutzung des Geländes eine Entscheidung getroffen, die planerische Elemente einschließt. Bei dieser Entscheidung hat sie die Belange der Klägerin, insbesondere deren Betroffenheit in Bezug auf die vorhandene Ortslage und die Möglichkeiten weiterer städtebaulicher Entwicklung, nicht in der gebotenen Weise ermittelt und die Klägerin überdies nicht in der gebotenen Weise angehört. Solange diesen Anforderungen nicht genügt ist, kann die Klägerin die Beschränkung ihrer Planungshoheit abwehren.
bb) Der Entschluss der Beklagten, den Truppenübungsplatz Wittstock nunmehr für Übungszwecke der Bundeswehr zu nutzen, stand im Zusammenhang mit einer grundlegenden Neustrukturierung der Bundeswehr und einer dadurch bedingten grundlegend veränderten Bedarfslage in Bezug auf Standorte und Einrichtungen.
Die vorhersehbare Verminderung der Truppenstärke fiel mit einem Zugewinn an militärisch nutzbaren Flächen in den neuen Bundesländern zusammen. Der sicherheitspolitische Wandel und die Wiederherstellung der deutschen Einheit ermöglichten es, das Ausbildungs- und Übungskonzept der Bundeswehr und der verbündeten Streitkräfte zu überdenken. Zwar blieb es auch für die Zukunft dabei, dass die bewaffneten Verbände zur Wahrung der militärischen Effizienz für ihre Ausbildungs- und Übungstätigkeit Truppenübungsplätze benötigten. Die veränderten Umstände erlaubten es jedoch, deren Anzahl und Größe an den verminderten Bedarf anzupassen und die mit dieser Art der militärischen Nutzung verbundenen Lasten gerechter zu verteilen (vgl. den Antrag der SPD-Fraktion des Bundestages vom 6. November 1991 – BTDrucks 12/1487). Die in dieser Richtung angestellten Überlegungen fanden Eingang in das vom Bundesminister der Verteidigung erarbeitete Truppenübungsplatzkonzept vom 30. Juni 1992, das vom Verteidigungsausschuss am 29. Oktober 1992 zur Annahme empfohlen (vgl. BTDrucks 12/3689) und am 14. Januar 1993 vom Bundestag gebilligt wurde (Sten.Berichte, 12. Wahlperiode, S. 11399 A). Zu den Eckpunkten des Konzepts gehörte es, die Zahl der Truppenübungsplätze im Inland auf 30 zu begrenzen und die Nutzungsintensität insgesamt zu verringern. Wie aus der Beschlussempfehlung vom 29. Oktober 1992 zu ersehen ist, wurde in diesem Zusammenhang „die besondere psychologische Ausgangssituation für die Bevölkerung in den neuen Bundesländern” gewürdigt, „die eine von der Intensität her nicht mit den Streitkräften der Bundeswehr vergleichbare Übungstätigkeit der ehemaligen Nationalen Volksarmee und der Westgruppe der sowjetischen Truppen in der Vergangenheit erdulden musste”. Gleichwohl sprach sich der Bundesminister der Verteidigung für „ein an den Interessen der Streitkräfte und der Gesamtbevölkerung orientiertes Konzept der Ausgewogenheit” aus, das Standorte im Beitrittsgebiet mit einschloss. Wittstock wurde dabei nicht nur in den Kreis der zwölf Truppenübungsplätze in den neuen Bundesländern einbezogen, sondern zusätzlich als dritter Luft-Boden-Schießplatz neben Nordhorn und Siegenburg in die Liste aufgenommen. Die künftige Nutzung wurde dabei wie folgt umschrieben: „Üben und Schießen, zwei Schießbahnen ab 20 mm, Artillerieschießen, Luftwaffe als Hauptnutzer, ca. 3000 Einsätze im Jahr, Verwendung von Übungsmunition.”
Die Beklagte erkannte zwar, dass das von ihr entwickelte Konzept, für ausgewogene, allseits tragbare Zustände zu sorgen, nur dann Erfolg versprach, wenn dabei die jeweiligen örtlichen Interessen nicht aus dem Blickfeld gerieten. In der Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses wurde in Anknüpfung an die vom Bundesminister der Verteidigung geäußerten Zielvorstellungen betont, dass ein an den Belangen der Streitkräfte und der Gesamtbevölkerung orientiertes Konzept „alle Faktoren berücksichtigen (müsse), wie z.B. Nutzungsintensität (Lärm) oder Übungsfläche in Bezug auf demographische, geographische und strukturelle Aspekte, wie z.B. die Siedlungsdichte”. Ferner wurde als begrüßenswert hervorgehoben, dass der Bundesminister der Verteidigung den Kreisen und Kommunen angeboten habe, „die Ausgestaltung der konkreten Nutzung des jeweiligen Truppenübungsplatzes in Arbeitsgemeinschaften vor Ort möglichst einvernehmlich zu regeln”.
Die Beklagte durfte es jedoch nicht damit bewenden lassen, sich erst im Nachhinein auf der Grundlage einer vom Bundesminister der Verteidigung bereits getroffenen Standortentscheidung ein Bild von den örtlichen Verhältnissen zu verschaffen. Sie musste sich über das Gewicht der für das Truppenübungsplatzkonzept maßgeblichen „Faktoren”, von denen in der Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses in Übereinstimmung mit den vom Bundesminister formulierten Zielvorgaben die Rede ist, vorher vergewissern. Nur anhand eines insoweit vollständig ermittelten Sachverhalts war sie in der Lage, eine Entscheidung zu treffen, die ihrem eigenen Anspruch gerecht wurde, Deutschland im Interesse einer ausgewogenen Verteilung der mit der Nutzung von Truppenübungsplätzen verbundenen Lasten als eine Einheit zu behandeln, „in die alle Länder ihren Teil als Grundlage und gegenseitige Ergänzung für den gemeinsamen Neuaufbau einbringen”. Trotz der weiten Gestaltungsfreiheit, über die die Beklagte in Wahrnehmung ihres Verteidigungsauftrages verfügte, die nach der Wiedervereinigung als überholt angesehene frühere Truppenübungsplatzkonzeption unter Einbeziehung der neuen Länder neu zu entwickeln, musste sie die gemeindlichen Belange ausreichend ermitteln und ernsthaft erwägen und sie musste die betroffenen Gemeinden vor der Billigung des neuen Konzepts hierzu anhören. Gerade weil Truppenübungsplätze große Flächen in Anspruch nehmen und ihre Nutzung typischerweise beträchtliche Auswirkungen auf vorhandene Ortsteile in der Nachbarschaft sowie auf die weitere städtebauliche Entwicklung benachbarter Gemeinden hat, durfte die Beklagte bei der Auswahl der Standorte, die für eine Weiternutzung geeignet erschienen, sowie bei der Entscheidung über Art und Umfang ihrer Weiternutzung nicht davon absehen, die gemeindlichen Belange zu berücksichtigen und in ihre Erwägungen einzustellen. Zu einer die Belange der Gemeinden ausreichend berücksichtigenden Entscheidung war die Beklagte nur in der Lage, wenn sie die betroffenen Gemeinden im Wege der Anhörung in den Entscheidungsprozess einbezog (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. Januar 1979 – 2 BvL 6/76 – BVerfGE 50, 195 ≪201≫ und vom 7. Oktober 1980 – 2 BvR 584/76 u.a. – BVerfGE 56, 298 ≪319 ff.≫; BVerwG, Urteile vom 3. Mai 1988 – BVerwG 4 C 11 und 12.85 – Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 18 und vom 16. Dezember 1988 – BVerwG 4 C 40.86 – BVerwGE 81, 95). Dies ist nicht geschehen.
Nicht zu beanstanden ist freilich, dass die Beklagte der Klägerin keine Gelegenheit gegeben hat, sich unmittelbar ihr gegenüber zu äußern, sondern es ihr anheim stellte, ihre Anliegen über die brandenburgische Landesregierung an sie heranzutragen. Eine mittelbare Anhörung reicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980 – 2 BvR 584/76 u.a. – a.a.O.). Mit einer solchen Art der Beteiligung lässt § 1 Abs. 2 LBG es selbst für den Fall bewenden, dass die Beklagte für Zwecke der Verteidigung Grundstücke beschaffen muss. Beschränkt sich der Bund auf die bloße Überprüfung, ob sich das Nutzungsregime, dem in der Vergangenheit für eine militärische Nutzung in Anspruch genommene Grundstücke unterliegen, modifizieren lässt, so können die Anforderungen nicht strenger sein. Rechtlichen Bedenken begegnet auch nicht der Umstand, dass die Klägerin keine Möglichkeit hatte, unter Beachtung bestimmter Förmlichkeiten zum Truppenübungsplatzkonzept der Beklagten Stellung zu nehmen. Denn die Anhörung durch das Land war nicht an bestimmte Formen gebunden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980 – 2 BvR 584/76 u.a. – a.a.O.).
Eine Anhörung, die den Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG genügt, setzt indes mehr voraus, als dass eine Gemeinde in beliebiger Weise über bestimmte Absichten informiert wird und Gelegenheit erhält, hierzu Erklärungen abzugeben. Erforderlich ist, dass der Gemeinde ein zeitlicher Rahmen zugebilligt wird, der es ihr ermöglicht, sich nach einer der Materie angemessenen Prüfung und Würdigung zu den aus ihrer Sicht maßgeblichen Punkten sachgemäß zu äußern. Erforderlich ist weiter, dass die eingeholte Stellungnahme zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird. An beidem hat es die Beklagte nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts fehlen lassen.
Am 19. und am 25. Juni 1992 wurden zwischen Vertretern des Bundesministeriums der Verteidigung und der brandenburgischen Landesregierung Gespräche über die künftige Nutzung von Truppenübungsplätzen im Land Brandenburg durch die Bundeswehr geführt. Vor der Besprechung am 25. Juni 1992, die für den Nachmittag dieses Tages angesetzt war, fand eine Unterredung von Vertretern der Landesregierung mit dem Landrat des damaligen Landkreises Wittstock und den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden statt. Die Beklagte macht selbst nicht geltend, die Voraussetzungen dafür geschaffen zu haben, dass die Klägerin und die anderen Gemeinden sich bereits vor den Besprechungen vom 21. und vom 25. Juni 1992 mit den Grundlinien des Truppenübungsplatzkonzepts vertraut machen konnten. Sie beschränkt sich auf die Angabe, zur Kenntnis genommen zu haben, dass die örtlichen Repräsentanten in dem Vormittagsgespräch am 25. Juni 1992 zum Ausdruck brachten, sich gegen die weitere Nutzung des Geländes zur Wehr setzen zu wollen. Nach ihren eigenen Bekundungen deutet indes nichts darauf hin, dass der von der Klägerin und den übrigen Gemeinden eingenommene Standpunkt bei der Entscheidungsfindung eine Rolle gespielt haben könnte. Denn das Truppenübungsplatzkonzept wurde bereits vor dem 25. Juni 1992 dem Verteidigungsausschuss zur Beratung zugeleitet und schon am 30. Juni 1992 vom Bundesminister der Verteidigung gebilligt. Zwar leistete die Beklagte noch in der zweiten Hälfte des Jahres 1992 im damaligen Landkreis Wittstock Aufklärungsarbeit. Die von ihr durchgeführten Informations- und Diskussionsveranstaltungen hatten jedoch nicht den Charakter einer Anhörung, die dazu diente, Material für eine Entscheidung zusammenzutragen, die noch ausstand. Vielmehr waren sie nach ihrem eigenen Verständnis dazu bestimmt, das bereits entschiedene Truppenübungsplatzkonzept des Bundesministers der Verteidigung einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen und etwaige Vorbehalte abzubauen.
Dahinstehen kann, ob die mangelhafte Anhörung als unbeachtlich angesehen werden könnte, wenn feststünde, dass das Vorbringen der Klägerin schlechterdings ungeeignet gewesen wäre, den Entscheidungsprozess auf Seiten der Beklagten zu beeinflussen. Davon kann nämlich nicht ausgegangen werden. Die Klägerin hat Gesichtspunkte zur Sprache gebracht, die möglicherweise als Anstoß dafür hätten dienen können, die für den Standort Wittstock angestellten Überlegungen auf eine breitere Grundlage zu stellen.
Die kommunale Selbstverwaltung umfasst nach der Rechtsprechung u.a. das Recht, im Wege der Bauleitplanung für das Gemeindegebiet die Bodennutzung festzulegen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. Oktober 1980 – 2 BvR 584/76 u.a. – a.a.O. ≪312≫ und vom 23. Juni 1987 – 2 BvR 826/83 – BVerfGE 76, 107 ≪117≫; BVerwG, Urteile vom 16. Dezember 1988 – BVerwG 4 C 40.86 – BVerwGE 81, 95 und vom 15. Dezember 1989 – BVerwG 4 C 36.86 – BVerwGE 84, 209). Das Selbstverwaltungsrecht ist freilich nicht schrankenlos gewährleistet. Von ihm kann die Gemeinde nur im Rahmen der Gesetze Gebrauch machen. Die Klägerin kann nicht jede ihr unliebsame Beeinträchtigung ihrer Planungshoheit abwehren, doch braucht sie Sonderopfer, die nur ihr auferlegt werden, anderen Gemeinden aber erspart bleiben, nur hinzunehmen, wenn sie der Wahrung überörtlicher Interessen dienen und durch zureichende Gründe gerechtfertigt sind. Der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit wirkt als weitere Schranke. Ihm ist nur Rechnung getragen, soweit überörtliche Interessen von höherem Gewicht eine Einschränkung der Planungshoheit erfordern. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist anhand der konkreten Gegebenheiten im Wege der Güterabwägung zu ermitteln. Je stärker eine Gemeinde schon von ihrer geographischen Lage oder ihrem sonstigen Ausstattungspotential her einer Situationsgebundenheit unterliegt, desto eher sind ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. Oktober 1980 – 2 BvR 584/76 u.a. – a.a.O. ≪313≫ und vom 23. Juni 1987 – 2 BvR 826/83 – a.a.O. ≪119/123≫).
Die Beklagte kann gewichtige Gründe dafür anführen, den Truppenübungsplatz Wittstock weiterhin militärisch zu nutzen. Wie aus den Art. 73 Nr. 1 und Art. 87 a Abs. 1 Satz 1 GG zu ersehen ist, gehört die Landesverteidigung zu den Aufgaben, die der Bund von Verfassungs wegen zu erfüllen hat. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, sind Maßnahmen vonnöten, die geeignet sind, die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte zu gewährleisten (vgl. BVerfG, Urteile vom 30. Juli 1958 – 2 BvF 3, 6/58 – BVerfGE 8, 104 ≪116≫ und vom 13. April 1978 – 2 BvF 1/77 u.a. – VerfGE 48, 127 ≪159≫; Beschluss vom 8. Dezember 1982 – 2 BvL 12/79 – BVerfGE 62, 354 ≪373≫). Dazu gehören Übungen, die dazu beitragen, die Einsatzbereitschaft jederzeit zu erhalten. Aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit ist erwiesen, dass sich das Gelände südöstlich von Wittstock für diesen Zweck eignet. Die Klägerin möchte die für sie schmerzliche Vorgeschichte gern ungeschehen machen. Die Vorbelastung, die sich aus der jahrelangen Existenz eines intensiv genutzten Militärareals praktisch „vor der Haustür” ergibt, kann bei der Interessenabwägung indes nicht außer Betracht bleiben. Die Beklagte macht geltend, dass ein dringender Bedarf an Flächen besteht, die als Luft-Boden-Schießplatz verwendbar sind. Die Klägerin stellt dies nicht grundsätzlich in Abrede. Lässt sich der von der Beklagten ins Feld geführte Bedarf an einem Standort decken, der, wie das Gelände bei Wittstock, für diesen Zweck bereits seit Jahrzehnten erprobt ist, so widerspräche es jeder Vernunft, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen und stattdessen einen Übungsplatz an anderer Stelle einzurichten. Den Truppenübungsplatz Wittstock fallen zu lassen, liegt auch deshalb fern, weil die Bundeswehr kaum anderswo ähnlich günstige Standortbedingungen vorfindet. Der Kreis der nachteilig Betroffenen hält sich in Grenzen, da die Gegend nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten vergleichsweise dünn besiedelt ist. Das Störpotential soll zudem gemessen an den Verhältnissen zur Zeit der Inanspruchnahme durch die sowjetischen Truppen deutlich reduziert werden. Mit einer Obergrenze von 3000 Einsätzen pro Jahr bleibt es sogar noch hinter der bisher in den alten Bundesländern für die Luft-Boden-Schießplätze Nordhorn und Siegenburg registrierten Belastung zurück. In der Entscheidung, das Areal bei Wittstock neben Nordhorn und Siegenburg als Luft-Boden-Schießplatz zu nutzen, spiegelt sich das Anliegen wieder, die Lasten zwischen diesen drei Standorten gerecht zu verteilen. Diese Gesichtspunkte verleihen den von der Beklagten wahrgenommenen Verteidigungsbelangen erhebliches Gewicht.
Auf der anderen Seite liegt auf der Hand, dass den betroffenen Gemeinden im Interesse des Allgemeinwohls ein besonders spürbares Sonderopfer auferlegt wird. Es deutet manches darauf hin, dass insbesondere die Klägerin durch die fortdauernde militärische Nutzung schwer in Mitleidenschaft gezogen wird. Erheblich ist bereits der Umstand, dass mit dem Truppenübungsplatzgelände etwa die Hälfte ihres Gemeindegebiets ihrem planerischen Zugriff entzogen ist. Es sind überdies Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sich die Beeinträchtigung in dieser unmittelbaren Flächeninanspruchnahme keineswegs erschöpft. Anlass für diese Annahme bietet die Stellungnahme, die die Wehrbereichsverwaltung VII unter dem 5. Januar 1996 zum Flächennutzungs- und Landschaftsplanentwurf der Klägerin vom 24. Oktober 1995 abgegeben hat. Danach sind bei jedem neuen Wohnbauvorhaben Lärmprobleme vorprogrammiert, es sei denn, es wird ein Abstand von 3000 m eingehalten. In welchem Ausmaß innerhalb der 3000 m-Zone mit Lärmbelästigungen zu rechnen ist, wird nicht näher erläutert. Sollten die Angaben im Schreiben der Wehrbereichsverwaltung VII sich als Hinweis darauf werten lassen, dass für die Verwirklichung von Wohnbauvorhaben weder die gewachsene Ortslage zur Verfügung steht, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bis 200 m an das Truppenübungsplatzgelände heranreicht, noch die übrigen Gemeindegebietsteile realistischerweise in Betracht kommen, so käme dies einer faktischen Planungssperre nahe. Wird die Klägerin auf die Wahrung des vorhandenen Baubestandes zurückgeworfen und von jeder nennenswerten städtebaulichen Weiterentwicklung abgeschnitten, so ist das in § 1 BauGB verbriefte Recht der Bauleitplanung weitgehend beschnitten. Auch für sonstige Entfaltungsmöglichkeiten, etwa im Bereich des Fremdenverkehrs, bleibt kaum Raum. Auch wenn diese weitreichende Folge letztlich nur dem Umstand zuzuschreiben sein sollte, dass die Klägerin als „Zwerggemeinde” zu qualifizieren ist, deren Entwicklungschancen ohnehin begrenzt sind, und wenn auch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG der einzelnen Gemeinde kein Recht auf Entwicklung im Sinne von Ortserweiterung und Aufgreifen neuer Funktionen, ja nicht einmal auf Bestand oder ungeschmälerten Bestand gewährleistet, bedarf doch der Prüfung, ob die mit der Inanspruchnahme des Truppenübungsplatzes verbundene Schmälerung der gemeindlichen Zukunftsperspektiven außer Verhältnis zum militärischen Nutzen steht. Die Beklagte stellt selbst nicht in Abrede, dass außer dem Gelände südöstlich von Wittstock für Luft-Boden-Schießübungen in Nordhorn und in Siegenburg weitere Einrichtungen zur Verfügung stehen. Sie hat nicht geltend gemacht, dass der Übungsbetrieb in dem von ihr vorgesehenen Umfang nach Wittstock verlagert werden muss, weil an den anderen beiden Standorten untragbare oder im Vergleich zu dem im Raum Wittstock beabsichtigten Übungsbetrieb gravierendere Zustände herrschen. Sie hat vielmehr entscheidend auf den Gesichtspunkt der gerechten Lastenverteilung abgehoben, ohne dies konkretisiert zu haben. Wenn dies der für die Standortentscheidung und das Nutzungskonzept maßgebliche Gesichtspunkt ist, dann muss sich die Beklagte auch daran messen lassen.
3. Dagegen braucht die Beklagte gegenüber der Klägerin keine Rechenschaft darüber abzulegen, wie weit die von ihr angestrebte Truppenübungsplatznutzung mit der Meldung des Areals als FFH-Gebiet vereinbar ist. Auf – vermeintliche – Verstöße gegen Bestimmungen des Naturschutzrechts, dem auch die Regelungen des FFH-Rechts zuzurechnen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – BVerwGE 110, 302), kann die Klägerin sich nicht berufen, da die Wahrung von Naturschutzbelangen nicht zu ihrem Aufgabenkreis gehört, sondern staatlichen Behörden obliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juli 1988 – BVerwG 4 C 15.85 – Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 69, vom 24. November 1994 – BVerwG 7 C 25.93 – BVerwGE 97, 143 und vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388).
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Gaentzsch, Berkemann, Lemmel, Halama, Rojahn
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 14.12.2000 durch Kurowski Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 642671 |
BVerwGE, 274 |
BauR 2001, 585 |
NVwZ 2001, 1030 |
NJ 2001, 328 |
ZfBR 2001, 195 |
BRS 2000, 884 |
DVBl. 2001, 395 |
UPR 2001, 153 |