Leitsatz (amtlich)
Die durch das Fremdrentengesetz begründeten Rentenanwartschaften unterliegen nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden.
Die durch § 22 Abs. 4 des Fremdrentengesetzes in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1461) erfolgte Absenkung der auf dem Fremdrentengesetz beruhenden Entgeltpunkte um 40 vom Hundert ist auch dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Rentenanwartschaft der Berechtigten, die auf rentenrechtlichen Zeiten sowohl in den Herkunftsgebieten als auch in der Bundesrepublik Deutschland beruht, als Gesamtrechtsposition insgesamt dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterstellt würde.
Zum verfassungsrechtlichen Erfordernis einer Übergangsregelung für die von § 22 Abs. 4 des Fremdrentengesetzes in der Fassung von 1996 betroffenen, zum damaligen Zeitpunkt rentennahen Jahrgänge.
Verfahrensgang
Tenor
Es ist mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip unvereinbar, dass § 22 Absatz 4 des Fremdrentengesetzes (FRG) in der Fassung des Artikel 3 Nummer 4 Buchstabe b des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz – WFG) vom 25. September 1996 (Bundesgesetzblatt I Seite 1461) auf Berechtigte, die vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente nach dem 30. September 1996 beginnt, ohne eine Übergangsregelung für die zum damaligen Zeitpunkt rentennahen Jahrgänge zur Anwendung kommt.
Tatbestand
A.
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Vorlagen betreffen die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, bei der Berechnung der Renten von Aussiedlern und Spätaussiedlern die für Beitrags- und Beschäftigungszeiten auf der Grundlage des Fremdrentengesetzes ermittelten Entgeltpunkte durch Multiplikation mit dem Faktor 0,6 zu reduzieren.
I.
1. Das Fremdrentenrecht war seit den 1960er Jahren von der Leitidee bestimmt, Vertriebene und Flüchtlinge in das Wirtschafts- und Sozialsystem der Bundesrepublik Deutschland mit Hilfe der gesetzlichen Rentenversicherung zu integrieren. Sie wurden rentenrechtlich nach dem Zuzug so behandelt, als ob sie ihre bisherige Erwerbstätigkeit unter der Geltung des Rentenversicherungsrechts der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt hätten (Eingliederungsprinzip). Das zuvor maßgebliche, noch vom Gedanken des Lastenausgleichs geprägte Entschädigungsprinzip, nach dem der Versicherungsträger im Bundesgebiet lediglich in Vorlage für den ursprünglich verpflichteten Versicherungsträger trat, war als nicht befriedigend empfunden worden. Das Gesetz zur Neuregelung des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts und zur Anpassung der Berliner Reichsversicherung an die Vorschriften des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes und des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz – FANG) vom 25. Februar 1960 (BGBl I S. 93), dessen Artikel 1 das Fremdrentengesetz (FRG) enthielt, setzte das Prinzip der Eingliederung an die Stelle des Gedankens der Entschädigung (vgl. zum Folgenden auch BVerfGE 29, 22 ≪24≫). Den von den Vertriebenen in den Herkunftsländern zurückgelegten Versicherungszeiten wurden fiktive Bruttoarbeitsentgelte zugeordnet, für die dann – wie für originäre Versicherungszeiten in der Bundesrepublik Deutschland – Entgeltpunkte (bis 1992: Werteinheiten) ermittelt werden. Entgeltpunkte drücken das Verhältnis des versicherten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens zu dem Durchschnittsentgelt der Versicherten aus. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres ergibt einen vollen Entgeltpunkt (§ 63 Abs. 2 SGB VI). Multipliziert mit dem Rentenartfaktor, der bei einer Altersrente 1,0 beträgt (§ 67 Nr. 1 SGB VI), und dem aktuellen Rentenwert ergeben die Entgeltpunkte den Monatsbetrag der Rente (§ 64 SGB VI).
2. Im Zuge des Rentenreformgesetzes (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I S. 2261), das zum 1. Januar 1992 in Kraft treten sollte, wurde das Fremdrentengesetz geändert. Dabei sollten vor allem Unstimmigkeiten, die noch aus dem Entschädigungsprinzip herrührten und zu Kritik geführt hatten, beseitigt und Pauschalregelungen abgebaut werden (vgl. BTDrucks 11/4124, S. 217). Der politische Wandel in den ehemaligen Ostblock-Staaten und die Wende in der Deutschen Demokratischen Republik veranlassten den Gesetzgeber allerdings, noch vor In-Kraft-Treten des Rentenreformgesetzes 1992 das Fremdrentenrecht neu zu regeln.
a) Durch den Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 (BGBl II S. 537; im Folgenden: Staatsvertrag) wurden Übersiedler, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach dem 18. Mai 1990 in der Bundesrepublik Deutschland genommen hatten, von der Anwendung des Fremdrentengesetzes ausgeschlossen (Art. 20 Abs. 7 des Staatsvertrages). Allerdings stellte bereits die Regierungsbegründung zu Art. 22 und 23 des Vertragsgesetzes zum Staatsvertrag das Eingliederungsprinzip grundsätzlich in Frage. Dieses habe seine historische Legitimation in den Kriegs- und Nachkriegsereignissen, in Flucht und Vertreibung von Millionen Deutschen, gefunden. Angesichts der in Osteuropa mittlerweile eingetretenen politischen, rechtlichen und tatsächlichen Veränderungen sei diese Legitimation jedenfalls so weitgehend entfallen, dass es auch aus Gründen der Gleichbehandlung nicht mehr vertretbar wäre, an den begünstigenden Bestimmungen des Fremdrentenrechts festzuhalten (vgl. BTDrucks 11/7171, S. 39).
b) Das Gesetz zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz – RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S. 1606) hielt im Fremdrentenrecht am Eingliederungsprinzip fest, führte aber mit Wirkung vom 1. August 1991 (vgl. Art. 42 Abs. 8 RÜG) einen pauschalen Abschlag in Höhe von 30 vom Hundert auf die für Zeiten nach § 15 und § 16 FRG ermittelten Entgeltpunkte ein (§ 22 Abs. 3 FRG in der vom 1. August 1991 bis 31. Dezember 1991 geltenden Fassung des Art. 14 Nr. 20 Buchstabe a RÜG; § 22 Abs. 4 FRG in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung des Art. 14 Nr. 20 Buchstabe b RÜG; vgl. Art. 42 Abs. 1 RÜG; im Folgenden: FRG 1991). Der Entwurf eines Renten-Überleitungsgesetzes hatte zunächst nur eine Multiplizierung der maßgeblichen Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,8 (Kürzung um 20 vom Hundert) vorgesehen. Damit wollte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass nicht nur zwischen dem Beitrittsgebiet und den alten Bundesländern ein erhebliches Wirtschaftsgefälle besteht, sondern dass sich auch innerhalb der alten Bundesländer die Lebensbedingungen unterscheiden. Aussiedler, die in die alten Bundesländer kommen, sollten daher Leistungen erhalten, die dem Einkommensniveau strukturschwacher Gebiete entsprechen (vgl. BTDrucks 12/405, S. 115). Auf Vorschlag des Bundesrates wurde dann jedoch – entsprechend dem bei Zahlung einer Auslandsrente anwendbaren Vom-Hundert-Satz – der Faktor 0,7 (Kürzung um 30 vom Hundert) eingeführt (vgl. BTDrucks 12/630, S. 15).
Von diesem Rentenabschlag wurden aus Vertrauensschutzgründen drei Gruppen von Aussiedlern durch Art. 6 § 4 Abs. 5 FANG (im Folgenden: FANG 1991) ausgenommen. Die Vorschrift lautete:
(5) § 22 Abs. 3 des Fremdrentengesetzes in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung und § 22 Abs. 4 des Fremdrentengesetzes in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung finden keine Anwendung auf Berechtigte, die
- vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet genommen haben,
- nach Maßgabe des Abkommens vom 8. Dezember 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit Ansprüche und Anwartschaften auf der Grundlage des Abkommens vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung haben oder
- Ansprüche auf Zahlung einer Rente vor dem 1. August 1991 haben.
Außerdem blieben Berechtigte im Beitrittsgebiet, die nach Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG 1991 auf dem dortigen niedrigeren Niveau (Rentenformel Ost) eingegliedert wurden, von dem pauschalen Rentenabschlag zunächst verschont. Nach Art. 6 § 4 Abs. 7 Satz 1 FANG 1991 sollten Entgeltpunkte (Ost) für Zeiten nach § 22 Abs. 1 FRG ermittelt werden, bis die verfügbare Standardrente (§ 68 Abs. 3 SGB VI) im Beitrittsgebiet 70 vom Hundert der verfügbaren Standardrente im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet erreicht; erst ab diesem Zeitpunkt sollten Entgeltpunkte nach Maßgabe von § 22 Abs. 4 FRG 1991, also auf Westrentenniveau, aber mit Rentenabschlag, ermittelt werden. Dies war mit der Rentenanpassung ab 1. Juli 1993 der Fall.
3. Die Rückführung der Leistungen nach dem Fremdrentengesetz wurde durch das Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz – WFG) vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1461) fortgesetzt. Kernstück der Neuregelung war die Abkehr vom Eingliederungsprinzip.
Zu diesem Zweck wurde der durch das Renten-Überleitungsgesetz eingeführte Rentenabschlag von 30 vom Hundert auf 40 vom Hundert erhöht und der hiervon betroffene Personenkreis durch Änderung der entsprechenden Übergangsregelung erheblich erweitert.
§ 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des Art. 3 Nr. 4 Buchstabe b WFG (im Folgenden: § 22 Abs. 4 FRG 1996) bestimmt:
(4) Die nach den Absätzen 1 und 3 maßgeblichen Entgeltpunkte werden mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt.
Die Übergangsregelung des Art. 6 § 4 Abs. 5 FANG (im Folgenden: FANG 1996) erhielt durch Art. 4 Nr. 2 Buchstabe b WFG eine neue Fassung. Sie lautet nunmehr:
(5) § 22 Abs. 3 des Fremdrentengesetzes in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung und § 22 Abs. 4 des Fremdrentengesetzes in der ab 1. Januar 1992 sowie in der vom 7. Mai 1996 an geltenden Fassung finden keine Anwendung auf Berechtigte, die nach Maßgabe des Abkommens vom 8. Dezember 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit Ansprüche und Anwartschaften auf der Grundlage des Abkommens vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung haben.
Die Ausnahmeregelung für Bezieher von Renten, die nach dem Rentenwert (Ost) berechnet werden, entfiel. Art. 6 § 4 Abs. 7 FANG 1991 wurde gestrichen (Art. 4 Nr. 2 Buchstabe c WFG); § 22 Abs. 4 FRG ist nunmehr auch auf diesen Personenkreis uneingeschränkt anwendbar.
Zugleich wurde durch Art. 4 Nr. 4 WFG eine neue Übergangsregelung eingeführt. Die Vorschrift des Art. 6 § 4 c FANG (im Folgenden: FANG 1996) lautete:
§ 4 c
Für Berechtigte, die vor dem 7. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente vor dem 1. Oktober 1996 beginnt, sind für die Berechnung dieser Rente das Fremdrentengesetz und Artikel 6 des Fremdrenten- und Auslandsrentenneuregelungsgesetzes in der am 6. Mai 1996 geltenden Fassung anzuwenden.
Von dem Rentenabschlag in Höhe von 40 vom Hundert werden damit alle nach dem 6. Mai 1996 Zugezogenen und – unabhängig vom Datum des Zuzugs – alle nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten mit einem Rentenbeginn ab 1. Oktober 1996 erfasst, wenn sie nicht unter das Abkommen vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung (BGBl II 1976 S. 393 ≪396≫; im Folgenden: Deutsch-Polnisches Sozialversicherungsabkommen) fallen.
Nach Art. 12 Abs. 2 WFG traten Art. 3 Nr. 4 Buchstabe b und Art. 4 Nr. 4 WFG bereits mit Wirkung vom 7. Mai 1996, dem Tag des Kabinettsbeschlusses über die Einbringung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes, in Kraft.
Für die nach dem 6. Mai 1996 zugezogenen Spätaussiedler legte der Gesetzgeber in dem durch Art. 3 Nr. 5 WFG eingefügten § 22 b FRG – ebenfalls mit Wirkung vom 7. Mai 1996 (vgl. Art. 12 Abs. 2 WFG) – eine Obergrenze der bei einem Berechtigten anrechenbaren Entgeltpunkte für Zeiten nach dem Fremdrentengesetz fest. Diese Obergrenze beläuft sich bei einem allein stehenden Berechtigten auf höchstens 25 Entgeltpunkte, bei Ehegatten und in eheähnlichen Gemeinschaften lebenden Berechtigten auf höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte. Die Übergangsregelung des Art. 6 § 4 b FANG in der Fassung des Art. 4 Nr. 4 WFG bestimmte, dass § 22 b FRG nicht für Berechtigte anzuwenden ist, die vor dem 7. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben.
4. Art. 13 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 – RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2998) gab der Übergangsregelung des Art. 6 § 4 c FANG mit Wirkung vom 7. Mai 1996 (vgl. Art. 32 Abs. 6 RRG 1999) folgenden Wortlaut:
§ 4 c
Für Berechtigte, die vor dem 7. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente vor dem 1. Oktober 1996 beginnt, sind für die Berechnung dieser Rente § 22 Abs. 3 des Fremdrentengesetzes in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung und § 22 Abs. 4 des Fremdrentengesetzes in der ab dem 1. Januar 1992 geltenden Fassung sowie § 4 Abs. 5 und 7 in der am 6. Mai 1996 geltenden Fassung anzuwenden.
II.
Den Ausgangsverfahren liegen folgende Sachverhalte zugrunde:
1. a) Die 1936 in Rumänien geborene Klägerin im Ausgangsverfahren des Normenkontrollverfahrens 1 BvL 9/00 siedelte im Oktober 1983 von dort in die Bundesrepublik über. Sie ist als Vertriebene anerkannt. Im Bundesgebiet legte sie von Februar 1986 bis September 1986 und von März 1987 bis November 1996 Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund von versicherungspflichtigen Beschäftigungen sowie aufgrund des Bezuges von Kranken- und Arbeitslosengeld zurück.
In mehreren Bescheiden (Herstellungsbescheiden) anerkannte die im Ausgangsverfahren beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund) die von der Klägerin in Rumänien zurückgelegten Beschäftigungszeiten (15. Juli 1955 bis 25. August 1983) als gleichgestellte Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz und ordnete ihnen fiktive Bruttoarbeitsentgelte zu. Außerdem merkte sie eine Ausfallzeit wegen schulischer Ausbildung und eine Ersatzzeit vor.
b) Auf ihren Antrag wurde der Klägerin mit Bescheid vom Februar 1997 ab Dezember 1996 eine Altersrente für Frauen bewilligt. Dabei legte die Bundesversicherungsanstalt der Rentenberechnung nicht mehr die zunächst festgestellten fiktiven Arbeitsentgelte zugrunde, sondern ermittelte diese auf der Grundlage des nunmehr geltenden § 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 FRG 1991 in Verbindung mit § 256 b SGB VI nach den Anlagen 13 und 14 zum SGB VI neu. Die Beträge wurden auf 6/10 ihres Wertes gekürzt. Mindestentgeltpunkte wegen geringen Arbeitsentgelts (§ 262 SGB VI) wurden im Umfang von 8,2477 berücksichtigt. Insgesamt betrug die Summe der persönlichen Entgeltpunkte 31,9130. Die monatliche Bruttorente belief sich auf 1.489,38 DM.
c) Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren beschritt die Klägerin den Rechtsweg. Sozialgericht und Landessozialgericht wiesen ihre Klage ab. Auf die Revision der Klägerin verurteilte das Bundessozialgericht die Bundesversicherungsanstalt mit Teilurteil, der Klägerin ab Dezember 1996 die Altersrente unter Zugrundelegung mindestens der in den Herstellungsbescheiden zuerkannten Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz und der dabei vorgenommenen Bewertung zu zahlen. Diese Bescheide seien bestandskräftig geworden und hätten ihre Bestandskraft behalten; die Beklagte hätte daher die in diesen Bescheiden bereits vor dem Rentenbewilligungsverfahren bindend anerkannten Arbeitsverdienste und nicht die – ganz überwiegend niedrigeren – fiktiven Arbeitsverdienste nach § 22 Abs. 1 FRG 1991 anrechnen müssen. Im Übrigen hat das Bundessozialgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt,
ob § 22 Abs. 4 Fremdrentengesetz (FRG) in der Fassung des Art. 3 Nr. 4 Buchstabe b des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz ≪WFG≫) vom 25. September 1996 (BGBl. I 1996, S. 1461), in Kraft getreten am 7. Mai 1996, in Verbindung mit Art. 6 § 4 c des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) in der Fassung des Art. 4 Nr. 4 WFG, in Kraft getreten am 7. Mai 1996, mit Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar ist, soweit dadurch die erworbene Rangstelle von Anwartschaftsrechtsinhabern durch Vervielfältigung der für FRG-Zeiten ermittelten Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 gemindert worden ist.
Ob § 22 Abs. 4 FRG 1996 in Verbindung mit Art. 6 § 4 c FANG 1996 gültig sei, sei entscheidungserheblich. Im Fall der Gültigkeit hätte die Klägerin kein Vollrecht auf Altersrente mit einem monatlich höheren Rentenwert erworben, als ihr die Beklagte ab Dezember 1996 zuerkannt habe. Denn die Neuregelung des § 22 Abs. 4 FRG 1996 hätte bereits den in Entgeltpunkten bemessenen Wert ihres Anwartschaftsrechts vor Eintritt des Versicherungsfalls gesetzesunmittelbar herabgesetzt. Die betreffenden Vorschriften erlaubten keine andere, also auch keine verfassungskonforme Auslegung.
Das vorlegende Gericht ist überzeugt, dass § 22 Abs. 4 FRG 1996 in Verbindung mit der Übergangsregelung des Art. 6 § 4 c FANG 1996 insofern verfassungswidrig ist, als hiermit unter Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG auch diejenigen Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz erfasst würden, die bei In-Kraft-Treten der Neuregelung die allgemeine Wartezeit erfüllt und das 55. Lebensjahr vollendet hatten. Die Rechtsposition dieser Personen in Bezug auf ihren künftigen Rentenanspruch sei bereits derart verfestigt, dass ein von der Eigentumsgarantie geschütztes Anwartschaftsrecht vorliege. Gegenstand dieses Anwartschaftsrechts sei der Mindestwert der zu diesem Zeitpunkt aufgrund von Beitragszeiten und gleichgestellten Zeiten erreichten und in Entgeltpunkten ausgedrückten Rangstelle des Berechtigten innerhalb der Versichertengemeinschaft. Die Maßgeblichkeit der Altersgrenze von 55 Jahren entnimmt das Bundessozialgericht unmittelbar der Wertung, die § 109 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 zugrunde liegt. Nach dieser Vorschrift erhalten Versicherte, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, von Amts wegen Auskunft über die Höhe der Anwartschaft, die ihnen ohne weitere rentenrechtliche Zeiten als Regelaltersrente zustehen würde. Diese Rentenauskunft bezwecke, dem Versicherten eine Vertrauens- und Kalkulationsgrundlage zur Planung einer ausreichenden Vorsorge für sein Alter zu geben. Der gesetzlichen Anordnung könne daher ohne weiteres die materiell-rechtliche Grundentscheidung entnommen werden, dass die Anwartschaft auf Altersrente jedenfalls ab diesem Zeitpunkt zum Anwartschaftsrecht erstarke.
Dies gelte auch, soweit die Teilhabeposition des Versicherten auf dem Fremdrentengesetz beruhe. Die Gleichstellung der in fremden Sicherungssystemen zurückgelegten Zeiten mit im Bundesgebiet erworbenen Beitragszeiten durch das Fremdrentengesetz sei schon bei ihrer ersten Ausgestaltung im Jahre 1960 nicht nur ein Akt einseitiger „staatlicher Fürsorge” gewesen. Zwar sei der Gesetzgeber ursprünglich frei darin gewesen, die Vertriebenen für den Fall des Alters, der Invalidität oder des Todes anders zu sichern als durch die Integration in die gesetzliche Rentenversicherung und damit in ein System, das aufgrund der Struktur seines Kernbereichs eine allein von fürsorgerischen Erwägungen des Staates getragene Einräumung subjektiver Rechte typischerweise nicht kenne. Durch seine Entscheidung für das Integrationsprinzip habe der Gesetzgeber sich aber den nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten gegenüber in gleichem Maße gebunden wie gegenüber den in der Bundesrepublik Deutschland beitragsrelevant Versicherten und somit Eigentum geschaffen. Beim Zusammentreffen mit originären Bundesgebiets-Beitragszeiten gehe die auf der Grundlage des Fremdrentengesetzes entstandene Berechtigung in einer Gesamtrechtsposition auf, die als solche dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliege.
In das eigentumsgeschützte Anwartschaftsrecht habe das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz unverhältnismäßig und gleichheitswidrig eingegriffen. Zwar seien die mit diesem Gesetz allgemein verfolgten Ziele – Stärkung der Wirtschaftsdynamik, Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze und dadurch Sicherung der wirtschaftlichen Fundamente des Sozialstaates – verfassungsrechtlich vertretbar. Der Eingriff sei jedoch unverhältnismäßig, da er die Klägerin übermäßig und in unzumutbarer Weise belaste. Anhand der Gesetzesmaterialien lasse sich schon keine ausreichende Abwägung der in Betracht kommenden Mittel erkennen; es fehle an nachvollziehbaren Angaben, welche Alternativen geprüft worden seien. Der Gesetzgeber habe bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums auf die Belange derjenigen Mitbürger Rücksicht zu nehmen, die auf die Nutzung des Eigentumsgegenstandes angewiesen seien. Die konkreten Auswirkungen für die Klägerin seien einschneidend. Ihre Rangstelle sei um mehr als vier Entgeltpunkte reduziert worden. Die Möglichkeit der Höherversicherung nach § 269 SGB VI, deren Beträge nicht zu dynamisieren seien, führe ersichtlich nicht zu einem finanziellen Ausgleich für die verminderte Rangstelle. Gründe des Gemeinwohls, die einen Eingriff von derartiger genereller Nachhaltigkeit rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Dies gelte umso mehr, als eine Position in der gesetzlichen Rentenversicherung betroffen sei, die innerhalb des Systems den aufgrund von gleichgestellten Beitragszeiten individuell zustehenden Anteil repräsentiere. Damit sei der geringstmögliche Grad an Sozialbindung erreicht. Die Verbundenheit der Mitglieder in den Chancen und Risiken der Versicherung finde demgegenüber insbesondere im jeweiligen aktuellen Rentenwert (vgl. § 68 SGB VI) ihren Ausdruck, der mittelbar gleichermaßen die gesamtwirtschaftliche Lage wie die Einnahmesituation der Rentenversicherung wiedergebe. Diese Größe sei demgemäß auch das dem Gesetzgeber bevorzugt zur Verfügung stehende Mittel, um hier wurzelnden generellen Problemlagen mit Wirkung für alle Mitglieder der Gemeinschaft entsprechend den Werten ihrer individuellen Teilhabeberechtigung Rechnung zu tragen.
Die neue Inhaltsbestimmung verstoße auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Anwartschaftsrechtsinhaber mit Zeiten auf Grund des Fremdrentengesetzes würden im Vergleich zu allen anderen Anwartschaftsrechtsinhabern ungerechtfertigt ungleich behandelt. Dies könne nicht mit der Kürzung lediglich „nicht beitragsgedeckter Zeiten” gerechtfertigt werden. Denn der Gesetzgeber habe selbst durch die vollständige Integration der nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten in die Rentenversicherung den Gesichtspunkt der Herkunft und der Andersartigkeit ursprünglicher Fremdelemente ersatzlos entfallen lassen. Jedenfalls mit dem Entstehen eines Anwartschaftsrechts sei der Integrationszweck des Fremdrentengesetzes vollständig erreicht; der „fiktiv” zugewiesene Arbeitsverdienst habe seinen besonderen Herkunftsbezug verloren. Jeder nach vollzogener Integration vorgenommene Eingriff in Anwartschaftsrechte könne sich demgemäß nur noch nach einheitlichen Regeln vollziehen.
Ebenfalls nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei die Ungleichbehandlung der Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz untereinander. Zu Unrecht würde die Klägerin rechtlich anders behandelt als diejenigen, die ebenfalls vor dem 7. Mai 1996 zugezogen seien, deren Rente aber anders als im Falle der Klägerin vor dem 1. Oktober 1996 beginne. Eine Ungleichbehandlung erfolge auch gegenüber all denjenigen, die bei In-Kraft-Treten der maßgeblichen Bestimmungen des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes bereits Vollrechtsinhaber gewesen seien. Der Gesetzgeber habe den Kreis derjenigen, die aus Gründen des Vertrauensschutzes von der Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG 1996 ausgenommen wurden, zu eng gezogen. Auch wer noch bei In-Kraft-Treten des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes als wenigstens 55-jähriger Inhaber eines Anwartschaftsrechts gewesen sei, habe sich in seiner Lebensführung auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung eingestellt. Die gewählte Stichtagsregelung sei insofern sachlich nicht vertretbar. Umgekehrt dürfte die Klägerin nicht mit denjenigen gleichbehandelt werden, die bei In-Kraft-Treten der beanstandeten Bestimmungen noch nicht Inhaber einer bereits eigentumsgrundrechtlich gesicherten Position gewesen oder erst nach diesem Zeitpunkt zugezogen seien. Ergänzend weist das Bundessozialgericht darauf hin, dass die Betroffenen im Hinblick auf die bis 6. Mai 1996 bestehende Rechtslage, die vor dem 1. Januar 1991 Zugezogene ausdrücklich von Kürzungen ausgenommen habe, darauf vertrauen durften, auch weiterhin von Kürzungen ausgenommen zu werden.
2. a) Der Kläger im Ausgangsverfahren des Normenkontrollverfahrens 1 BvL 12/00 wurde 1934 in Rumänien geboren und war dort von August 1952 bis Januar 1988, unterbrochen durch die Militärzeit von April 1956 bis April 1958, in verschiedenen Tätigkeiten versicherungspflichtig beschäftigt. Im Februar 1988 verlegte er zusammen mit seiner Ehefrau, der Klägerin im Ausgangsverfahren zum Vorlageverfahren 1 BvL 10/04, seinen Wohnsitz dauerhaft in die Bundesrepublik Deutschland. Hier stand er von Februar 1989 bis Ende Januar 1998 in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. Der Kläger ist als Vertriebener anerkannt.
b) Auf seinen Antrag bewilligte ihm die Bundesversicherungsanstalt mit Bescheid vom November 1997 eine Altersrente für langjährig Versicherte ab Februar 1998 in Höhe von 1.888,75 DM brutto monatlich. Bei der Rentenberechnung multiplizierte die Bundesversicherungsanstalt die nach dem Fremdrentengesetz ermittelten Bruttoarbeitsentgelte mit dem Faktor 0,6, stellte diese gekürzten Werte in den Versicherungsverlauf ein und legte sie der Berechnung der Entgeltpunkte zugrunde. Insgesamt berücksichtigte sie 39,8134 Entgeltpunkte.
c) Das Widerspruchsverfahren blieb ohne Erfolg, ebenso Klage und Berufung. Das Bundessozialgericht setzte das Revisionsverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die gleiche Frage wie im Vorlageverfahren 1 BvL 9/00 zur Entscheidung vor. Die Ausführungen des Bundessozialgerichts zur Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage und zur Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen Vorschrift stimmen mit der Begründung der Vorlage 1 BvL 9/00 überein.
3. a) Die 1937 in Rumänien geborene Klägerin im Ausgangsverfahren des Normenkontrollverfahrens 1 BvL 12/00 war dort in der Zeit vom September 1955 bis Ende Mai 1990 in verschiedenen Tätigkeiten versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog sie eine Altersrente. Im August 1990 siedelte sie in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie ist als Vertriebene anerkannt. Im Dezember 1990 nahm die Klägerin in Deutschland eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf, die sie im Hinblick auf den Beginn ihrer Altersrente im April 1997 aufgab.
b) Auf ihren Antrag gewährte ihr die Bundesversicherungsanstalt mit Bescheid vom Februar 1997 ab Mai 1997 eine Altersrente für Frauen. Die Arbeitsentgelte, die auf Grund der nach dem Fremdrentengesetz anerkannten Zeiten ermittelt wurden, vervielfältigte die Bundesversicherungsanstalt unmittelbar mit dem Faktor 0,6, bevor sie hierfür die Entgeltpunkte errechnete. Insgesamt ergaben sich 32,9127 Entgeltpunkte; die monatliche Rente belief sich auf 1.536,04 DM brutto.
c) Das Widerspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. Sozialgericht und Landessozialgericht wiesen die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hat das Bundessozialgericht das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die gleiche Frage wie in dem Vorlageverfahren 1 BvL 9/00 zur Entscheidung vorgelegt. Auch hier decken sich die Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage und zur Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit mit der Begründung der Vorlage 1 BvL 9/00.
4. a) Der Kläger im Ausgangsverfahren des Normenkontrollverfahrens 1 BvL 5/01 wurde 1936 in Rumänien geboren. Nach einer Fachschulausbildung war er dort von August 1954 bis Oktober 1973, unterbrochen durch den Militärdienst, in verschiedenen Tätigkeiten versicherungspflichtig beschäftigt. Im Oktober 1973 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über, wo er – mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit – verschiedene versicherungspflichtige Beschäftigungen ausübte. Der Kläger ist als Vertriebener anerkannt.
b) Auf seinen Antrag bewilligte die Bundesversicherungsanstalt dem Kläger mit Bescheid vom November 1996 ab Oktober 1996 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Dabei stellte sie die für die Zeiten nach dem Fremdrentengesetz ermittelten Arbeitsentgelte um 40 vom Hundert gekürzt in die Berechnung der Entgeltpunkte ein, ohne dies gesondert auszuweisen. Insgesamt legte sie der Rentenberechnung 45,5394 Entgeltpunkte zugrunde. Hieraus errechnete sich eine monatliche Bruttorente in Höhe von 2.125,32 DM.
c) Die vom Kläger hiergegen eingelegten Rechtsbehelfe blieben erfolglos. Sozialgericht und Landessozialgericht wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hat das Bundessozialgericht das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die gleiche Frage wie in dem Vorlageverfahren 1 BvL 9/00 zur Entscheidung vorgelegt. Die Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage und zur Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 22 Abs. 4 FRG 1996 in Verbindung mit Art. 6 § 4 c FANG 1996 entsprechen im Wesentlichen der Begründung in dem Vorlageverfahren 1 BvL 9/00. Das Bundessozialgericht vertieft allerdings seine Darlegungen zur Erforderlichkeit der getroffenen Regelung. Das Gebot der Abwägung zwischen den möglicherweise in Betracht kommenden Mitteln gelte nicht nur für den Inhalt der Abwägungsentscheidung, sondern auch für den Vorgang des Abwägens im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens. Es ließen sich den Gesetzesmaterialien aber keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass im Gesetzgebungsverfahren alternative Regelungen, die möglicherweise auch den angestrebten Einspareffekt hätten erzielen können, erwogen worden seien. Mithin könne bereits nicht festgestellt werden, dass der Gesetzgeber eine Abwägung getroffen und unter Berücksichtigung des ihm bei Erlass des Gesetzes zugänglichen Datenmaterials das mildeste Mittel für die Betroffenen gewählt habe. Infolgedessen habe er sein Gestaltungsermessen nicht sachgemäß ausgeübt; das Gesetzgebungsverfahren und hierdurch bedingt auch das Gesetz seien deshalb selbst fehlerhaft.
5. a) Die Klägerin des Ausgangsverfahrens in dem Normenkontrollverfahren 1 BvL 10/04 wurde 1937 in Rumänien geboren. Dort war sie von September 1955 bis Ende 1987 versicherungspflichtig beschäftigt. Gemeinsam mit ihrem Ehemann siedelte sie im Februar 1988 von Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie ist als Vertriebene anerkannt. Nach ihrem Zuzug war die Klägerin von August 1990 bis Ende Januar 1998 mit Unterbrechungen erneut versicherungspflichtig beschäftigt. Für die Zeit von April bis Juni 1990 zahlte sie freiwillige Beiträge.
b) Auf ihren Antrag bewilligte die Bundesversicherungsanstalt der Klägerin mit Bescheid vom Januar 1998 eine Altersrente für Frauen ab Februar 1998. Dabei multiplizierte sie die Arbeitsentgelte, die auf Grund der nach dem Fremdrentengesetz zu berücksichtigenden Zeiten fiktiv ermittelt wurden, mit dem Faktor 0,6 und stellte sie in den Versicherungsverlauf ein. Insgesamt errechneten sich 33,3962 persönliche Entgeltpunkte. Die monatliche Bruttorente belief sich zum damaligen Zeitpunkt auf 1.584,32 DM.
c) Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Sozialgericht und Landessozialgericht wiesen die hiergegen erhobene Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hat das Bundessozialgericht das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,
ob § 22 Abs. 4 Fremdrentengesetz (FRG) in der Fassung des Art. 3 Nr. 4 Buchstabe b des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz ≪WFG≫) vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1461), in Kraft getreten am 7. Mai 1996, in Verbindung mit Art. 6 § 4c des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) in der Fassung des Art. 4 Nr. 4 WFG, in Kraft getreten am 7. Mai 1996, mit Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar ist, obwohl er die vor dem 7. Mai 1996 erworbenen Rangstellen von Anwartschaftsrechtsinhabern um 40 vom Hundert der Summe der Entgeltpunkte (EP) gekürzt hat, soweit diese sich auf Grund der nach dem Fremdrentengesetz gleichgestellten Beitrags- und Beschäftigungszeiten aus den hierfür zuerkannten, als versichert geltenden Arbeitsverdiensten ergeben haben.
Die Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage und zur Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 22 Abs. 4 FRG 1996 in Verbindung mit Art. 6 § 4 c FANG 1996 entsprechen im Wesentlichen der Begründung in den vorausgegangenen Vorlagen. Ergänzend führt das Bundessozialgericht aus, an der dem § 109 SGB VI entnommenen gesetzlichen Wertentscheidung habe sich nichts dadurch geändert, dass diese Vorschrift durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvermögens (Altersvermögensgesetz – AVmG) vom 26. Juni 2001 (BGBl I S. 1310) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 ergänzt worden sei und nunmehr neben der Rentenauskunft zusätzlich eine Information für diejenigen Versicherten vorsehe, die das 27. Lebensjahr vollendet haben (§ 109 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der Fassung des AVmG). Das Gesetz differenziere zwischen zwei verschiedenen Formen der Mitteilung rentenversicherungsrechtlicher Informationen. Im Gegensatz zur Rentenauskunft, die Versicherten nach Vollendung des 54. Lebensjahres zu erteilen sei und nach der Neufassung unter anderem „Angaben über die Höhe der Rente” enthalten müsse, gebe die Renteninformation für jüngere Versicherte nur eine „Prognose über die Höhe der zu erwartenden Regelaltersrente”. In Bezug auf das Gebot des Einsatzes des mildesten Mittels hebt das Bundessozialgericht noch einmal hervor, eine verfassungsgemäße Abwägung setze voraus, dass jedenfalls die tatsächlichen Grundlagen, das Datenmaterial also, und die Kernpunkte einer derartigen Abwägung benannt würden.
III.
Zu den Vorlagebeschlüssen haben das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (jetzt: Bundesministerium für Arbeit und Soziales) namens der Bundesregierung, das Sozialministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (beide jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund) Stellung genommen.
1. Das Bundesministerium hält die angegriffenen Regelungen für mit dem Grundgesetz vereinbar.
a) Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG sei nicht berührt. Anwartschaften auf Leistungen der Rentenversicherung genössen diesen Schutz nur dann, wenn sie unter anderem auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhten. Diese Eigenleistungen müssten entweder dem verpflichteten Hoheitsträger gegenüber oder zumindest innerhalb der zur Leistung verpflichteten Solidargemeinschaft erbracht worden sein. Dies sei bei Rechtspositionen nach dem Fremdrentengesetz nicht der Fall. Auch in der Deutschen Demokratischen Republik erworbene Rentenansprüche und Rentenanwartschaften seien erst mit dem Beitritt und der Anrechnung durch den Einigungsvertrag in den Schutzbereich des Art. 14 GG gelangt. Dem Einigungsvertrag vergleichbare Verträge gebe es für Vertriebene und Spätaussiedler nicht, so dass eine Gleichstellung der Rentenpositionen auf Grund des Fremdrentengesetzes mit den in der Deutschen Demokratischen Republik erworbenen Rentenanwartschaften nicht gerechtfertigt sei. Die Bevölkerung der neuen Bundesländer könne insofern nicht nur auf die Zahlung von Beiträgen zu den Alterssicherungssystemen des Beitrittsgebiets oder eine nach dem Recht des Beitrittsgebiets für die Alterssicherung relevante Arbeitsleistung verweisen. Sie habe auch – anders als die Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz gegenüber ihren Herkunftsländern – ihre Ansprüche und Anwartschaften gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik verloren.
Zeiten nach dem Fremdrentengesetz könnten anderen beitragslosen Zeiten in der Rentenversicherung, wie Ersatz-, Anrechnungs-, Berücksichtigungs- und Zurechnungszeiten, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von der Eigentumsgarantie rentenversicherungsrechtlicher Anwartschaften mitumfasst seien (BVerfGE 58, 81), nicht gleichgestellt werden. Der Annexschutz dieser Zeiten rechtfertige sich letztlich daraus, dass die Begünstigten in ihrer Erwerbsphase mit ihren Beiträgen ihrerseits entsprechende Vergünstigungen an die seinerzeitigen Rentner mitfinanziert hätten, wodurch die entsprechenden Anwartschaften als mittelbar beitragsgestützt angesehen werden könnten; dies sei ein Gedanke, der sich auch in der Gesamtleistungsbewertung dieser Zeiten widerspiegele. Die Berücksichtigung von Zeiten nach dem Fremdrentengesetz sei demgegenüber eine Vergünstigung besonderer Art, die von Anfang an als besondere Kriegsfolgenlast angesehen und im Rahmen des Bundeszuschusses mitfinanziert worden sei; deren Kosten würden gemäß § 291 b SGB VI inzwischen gesondert ausgewiesen und der Versichertengemeinschaft erstattet. Im Übrigen könnten sich fremdrentenrechtliche Zeiten anders als echte beitragslose oder beitragsgeminderte Zeiten auch unabhängig von echten Beitragzeiten voll entfalten.
Durch seine Entscheidung zur Integration der Vertriebenen in die Rentenversicherung habe der Gesetzgeber keine Rechtsposition begründet, die dem Art. 14 GG unterfalle. Die bloße Berücksichtigung von Zeiten des Fremdrentenrechts genüge hierfür nicht; es hätte eine echte Transformation der durch Arbeitsleistung im Herkunftsland erworbenen Rechtsstellung in das deutsche Rentenversicherungssystem hinzukommen müssen. Letztlich vermöge auch eine Rentenauskunft nach § 109 Abs. 1 SGB VI oder der mit der Vollendung des 55. Lebensjahres verbundene Anspruch hierauf keinen Eigentumsschutz zu begründen. Die Rentenauskunft dokumentiere lediglich einen Ist-Zustand, der gegen Rechtsänderungen nicht gefeit sei; deshalb bestimme § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB VI auch ausdrücklich, dass eine Rentenauskunft „nicht rechtsverbindlich” sei.
b) Selbst wenn die Anwartschaft der Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz als eigentumsgeschützt anzusehen wäre, läge eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG vor. Die Änderungen des § 22 Abs. 4 FRG 1996 dienten der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung und beruhten damit auf Gründen eines zwingenden öffentlichen Interesses. Die sich zusehends verschlechternde Wirtschaftslage habe nachhaltige Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt gehabt und eine außergewöhnliche Belastung der Rentenversicherung in Form von hohen Rentenzugängen und Beitragsausfällen verursacht. Da die wirtschaftliche Situation es nicht erlaubt habe, die erforderlichen Mittel allein durch höhere Beiträge aufzubringen und auch der Belastung des Bundes hierdurch Grenzen gesetzt gewesen seien, hätten Sofortmaßnahmen auf der Leistungsseite ansetzen müssen.
Dabei habe sich der Gesetzgeber entschieden, gezielt bestimmte Vergünstigungen abzubauen, anstatt alle Rentner und rentennahen Jahrgänge, zum Beispiel durch Einflussnahme auf den aktuellen Rentenwert, pauschal zu belasten. Die Rentenzugangsstatistik hätte gezeigt, dass Zugangsrentner mit fremdrentenrechtlichen Anteilen, für die bereits der 30prozentige Abschlag vorgenommen worden sei, im Verhältnis zu den übrigen Rentnern immer noch recht hohe Renten erreichten. Der Gesetzgeber habe sich daher geradezu als verpflichtet angesehen, die Bewertung der Zeiten nach dem Fremdrentengesetz um weitere 10 vom Hundert zu reduzieren und umgehend alle Rentenzugänge zu erfassen. Nur so habe er erreichen können, die bestehenden Disparitäten im Hinblick auf die Rentner in strukturschwachen Gebieten der alten Bundesländer wenigstens bei den Zugangsrentnern zu beseitigen und bis zum Jahre 2000 zumindest einen Betrag von 2,3 Mrd. DM im Bereich der Fremdrenten einzusparen.
c) Die Neuregelungen des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes verletzten keine schutzwürdige Vertrauensposition der betroffenen Personenkreise.
Die wesentlich einschneidenderen sonstigen Maßnahmen dieses Gesetzes zu Lasten von Personen, die während ihres Erwerbslebens Beiträge an einen deutschen Rentenversicherungsträger entrichtet hätten, wären nicht zu rechtfertigen gewesen, ohne zugleich auch die unangemessenen Vergünstigungen im Bereich der Fremdrenten abzubauen.
Die Einführung einer schonenden Übergangsregelung sei nicht möglich gewesen. Der Handlungsbedarf sei nicht vorhersehbar gewesen, sondern habe sich aktuell aus einer sich unerwartet und rapide verschlechternden Wirtschaftslage und Arbeitsmarktsituation ergeben. Selbst nur geringfügige Übergangsregelungen hätten sich unter Gleichheitsgesichtspunkten auch auf die anderen Maßnahmen des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes erstrecken müssen mit der Folge, dass das erforderliche Einsparvolumen insgesamt nicht zeitnah erreicht worden wäre.
Auch die Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz, die bereits vor dem 1. Januar 1991 zugezogen seien und deren Rente nach dem 30. September 1996 beginne, könnten aus dem Umstand, dass sie von den Kürzungen durch das Renten-Überleitungsgesetz zunächst nicht betroffen waren, keinen verstärkten Vertrauensschutz ableiten. Die seinerzeitige Reduzierung sei im Gegenteil geeignet gewesen, den Personenkreis der Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz insgesamt dafür zu sensibilisieren, dass die mit diesem Gesetz vorgenommenen Einschränkungen möglicherweise nicht die letzten waren. Soweit dennoch Vertrauen der Betroffenen entstanden sei, habe dieses wegen des überwiegenden öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung enttäuscht werden dürfen. Dabei seien auch der Zeitablauf – 50 Jahre nach Kriegsende – und die veränderte Rechtslage nach der Wiedervereinigung zu beachten. Darüber hinaus sollten die einschränkenden Regelungen auch einen Beitrag zur Erhaltung der Akzeptanz der Rentenleistungen nach dem Fremdrentengesetz leisten.
d) Die Reduzierung der Bewertung von fremdrentenrechtlichen Zeiten verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sei hier besonders groß, da es um Leistungen im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des Deutschen Reichs sowie Kriegsfolgelasten gehe. Die unterschiedliche Behandlung von Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz mit einem Rentenbeginn bis zum 30. September 1996 einerseits und zum 1. Oktober 1996 andererseits stelle eine zulässige Stichtagsregelung dar, die sich am Unterschied zwischen Rentenzugang und Rentenbestand orientiere.
2. Das Sozialministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern stützt sich hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Beurteilung der angegriffenen Vorschriften weitgehend auf ein Gutachten der Professoren Dr. Podlech und Dr. Azzola sowie des Rechtsanwalts Dieners. Den Veränderungen der politischen und sozialen Lage in den Herkunftsgebieten der Fremdrentner habe der Gesetzgeber bereits 1992 durch die Neufassung des Bundesvertriebenengesetzes sowohl verfahrens- wie materiell-rechtlich angemessen und ausreichend Rechnung getragen. Das Aufnahme- und Integrationsversprechen in Art. 116 Abs. 1 GG würde ins Leere laufen, wenn es nicht mit einer sachgerechten Partizipation an den sozialen Systemen verbunden sei. Für den Bereich der Rentenversicherung bedeute Integration vor allem die Teilhabe am Generationenvertrag.
3. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger halten die angegriffenen Vorschriften übereinstimmend für verfassungsgemäß.
a) Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG sei nicht berührt. Insbesondere beruhten die sich aus dem Fremdrentengesetz ergebenden Rechtspositionen nicht auf Eigenleistungen, sondern auf staatlicher Gewährung. Auch die persönliche Arbeitsleistung der Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz im Ausland könne ohne einen dem Einigungsvertrag entsprechenden Transformationsakt keinen Eigentumsschutz begründen, wie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 1) zur Überführung der in der Deutschen Demokratischen Republik erworbenen Rentenansprüche und -anwartschaften belege. Zwar sei die Beitragsleistung nur eine mögliche Form der Eigenleistung. Andere vermögenswerte Leistungen müssten aber zumindest innerhalb der zur Leistung verpflichteten Solidargemeinschaft erbracht worden sein.
Nichts anderes ergebe sich aus dem Umstand, dass die Kläger der Ausgangsverfahren neben ihren ganz überwiegend auf dem Fremdrentengesetz beruhenden Beitragszeiten auch solche im Bundesgebiet zurückgelegt hätten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliege zwar die Anwartschaft in ihrer Gesamtheit dem Eigentumsschutz (BVerfGE 58, 81). Dies würde jedoch bedeuten, dass mit einem einzigen Bundesgebietsbeitrag auch sämtliche zuvor zurückgelegten fremdrentenrechtlichen Zeiten in den Schutzbereich des Art. 14 GG einbezogen würden. Dieses Ergebnis sei nicht akzeptabel.
b) Selbst wenn man einen Eigentumsschutz unterstelle, seien die Neuregelungen nicht verfassungswidrig. Eine Anwartschaft erstarke durch Erfüllung der allgemeinen Wartezeit und Vollendung des 55. Lebensjahres nicht zu einem „Anwartschaftsrecht”, das wie ein Vollrecht geschützt werde. Gerade die Zukunftsorientierung der Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie die Notwendigkeit, diese den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen anzupassen, verbiete die Anerkennung eines Anwartschaftsrechts in dem vom Bundessozialgericht befürworteten Sinn. Die Berechtigung des einzelnen Sozialrechtseigentümers lasse sich nicht von den Rechten und Pflichten anderer Versicherter in Gegenwart und Zukunft trennen. Rentennahe Jahrgänge würden weitgehend von erforderlichen Konsolidierungsmaßnahmen ausgenommen, und die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers vor allem in Bezug auf Maßnahmen mit kurz- und mittelfristigem Einsparungspotential wäre erheblich eingeschränkt. Das Sechste Buch Sozialgesetzbuch gebe an keiner Stelle einen hinreichend gesicherten Hinweis darauf, wann und mit welchem Inhalt eine Verfestigung der Anwartschaft eintreten könne. Insbesondere habe der Gesetzgeber eine solche Grundentscheidung nicht in § 109 Abs. 1 Satz 1 SGB VI getroffen. Diese Vorschrift enthalte unmittelbar keine Aussage zur Intensität des verfassungsrechtlichen Schutzes von Rentenanwartschaften. Die Rentenauskunft nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sei außerdem nicht rechtsverbindlich.
Die Rechtsposition der nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten könne nicht als das Ergebnis eines abgeschlossenen, nicht mehr in seine einzelnen Bestandteile zerlegbaren Erwerbstatbestandes mit der Folge betrachtet werden, dass dem Kriterium der Eigenleistung in Form von Beiträgen im Rahmen der Grundrechtsprüfung keine Bedeutung mehr beigemessen werden könne. Fremdrentenrechtliche Zeiten würden nicht in allen Belangen bundesdeutschen Zeiten gleichgestellt, sondern unterlägen besonderen Regelungen, zum Beispiel bezüglich des Leistungsexports.
c) Die unterstellte Eigentumsbeeinträchtigung wäre im Übrigen verhältnismäßig. Ein Verstoß gegen den im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes liege ebenfalls nicht vor. Das öffentliche Interesse an der Neuregelung überwiege das Interesse des betroffenen Personenkreises an einem Fortbestand der günstigeren Bewertung der fremdrentenrechtlichen Zeiten.
Ziel des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes sei die Sicherung der wirtschaftlichen Fundamente des Sozialstaats bei gleichzeitiger Beibehaltung des Grundsatzes der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente als wichtigem Strukturelement der Rentenversicherung, speziell die Vermeidung des weiteren Anstiegs der Lohnzusatzkosten durch erhebliche Beitragssatzerhöhungen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Hierzu sei die angegriffene Neuregelung grundsätzlich geeignet und erforderlich gewesen. Ein Abwägungsdefizit bei der Auswahl der Maßnahmen sei nicht zu erkennen. Als Teil eines ganzen Maßnahmebündels zur Stärkung des Versicherungsprinzips dürften die Neuregelungen des Fremdrentengesetzes im Übrigen nicht aus dem Regelungszusammenhang gerissen werden. Es habe sich aus der Sicht des Gesetzgebers um die Rückführung nur schwer verständlicher Vergünstigungen gehandelt. Insoweit seien gleich geeignete, mildere Mittel nicht ersichtlich.
Die Belastung der betroffenen Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz stehe auch in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Interessen. Aus der Notwendigkeit, die Schwankungsreserve, die zum Ausgleich der Mindereinnahmen im Jahr 1996 herangezogen worden war, wieder aufzufüllen, habe sich ein kurzfristiger, schon das Jahr 1997 betreffender Handlungsbedarf ergeben. Eine schonendere Übergangsregelung als die in Art. 6 § 4 c FANG 1996 getroffene sei daher nicht möglich gewesen. Bei einer Kürzung nur für rentenferne Jahrgänge wären die Einsparungen erheblich niedriger ausgefallen. Demgegenüber komme dem Vertrauen der Betroffenen nur eine sehr eingeschränkte Bedeutung zu, da sie für die fremdrentenrechtlichen Zeiten keine Beiträge gezahlt hätten. Sie hätten daher nicht darauf vertrauen können, dass der Gesetzgeber die für sie günstige Situation beibehalten würde. Hinzu komme, dass gerade die Bewertung der fremdrentenrechtlichen Zeiten in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand von Reformüberlegungen und Reformvorhaben gewesen sei. Die Reformen hätten auch den bereits zugezogenen Berechtigten vor Augen halten müssen, dass der Gesetzgeber an dem dem Fremdrentengesetz zugrunde liegenden Eingliederungsprinzip nicht mehr festhalten wolle.
d) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liege nicht vor. Die Unterscheidung zwischen Bestandsrentnern und Rentnern, deren Rentenbeginn unmittelbar bevorgestanden habe, einerseits und den übrigen nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten andererseits sei Ergebnis der vom Gesetzgeber gewählten Stichtagsregelung und unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Gesetzes sachlich vertretbar. Die Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Bürgern des Beitrittgebiets und den Übersiedlern aus der Deutschen Demokratischen Republik beruhe darauf, dass sich der Gesetzgeber aus Anlass der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands entschieden habe, bei der Berechnung der Renten darauf abzustellen, ob Zeiten im Beitrittsgebiet oder in anderen Staaten zurückgelegt worden seien.
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlagen sind zulässig. Allerdings bedürfen sie einer einschränkenden Auslegung. Sie können sich allein auf diejenigen nach dem Fremdrentengesetz Anwartschaftsberechtigten beziehen, die bereits vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente nach dem 30. September 1996 beginnt. Für diese Gruppe von Personen hat Art. 6 § 4 c FANG 1996 zur Folge, dass nach § 22 Abs. 4 FRG 1996 der auf dem Fremdrentengesetz beruhende Anteil ihrer Renten mit dem Faktor 0,6 multipliziert werden; Art. 6 § 4 Abs. 5 FANG 1991 hatte sie noch von der Anwendung des Kürzungsfaktors des § 22 Abs. 4 FRG 1991 (0,7) verschont. Nur insoweit kommt es für die in den Ausgangsverfahren zu treffenden Entscheidungen auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Normen an (vgl. BVerfGE 58, 300 ≪317 f.≫; stRspr).
C.
Die in § 22 Abs. 4 FRG 1996 vorgeschriebene Reduzierung der nach Absatz 1 und 3 der Vorschrift maßgeblichen Entgeltpunkte durch Multiplikation mit dem Faktor 0,6 ist mit dem Grundgesetz vereinbar (I). Es verstößt jedoch gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, dass § 22 Abs. 4 FRG 1996 auf Berechtigte, die bereits vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente nach dem 30. September 1996 beginnt, ohne eine Übergangsregelung für zum damaligen Zeitpunkt rentennahe Jahrgänge zur Anwendung kommt (II).
I.
1. § 22 Abs. 4 FRG 1996 ist nicht an Art. 14 GG zu messen, soweit danach Renten betroffen sind, die ausschließlich auf Beitrags- und Beschäftigungszeiten außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland beruhen.
a) Die vom Fremdrentengesetz Betroffenen erhalten gegen den Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland erst durch das Fremdrentengesetz einen vermögenswerten Rechtsanspruch, der frühestens mit dem Tag des Zuzugs entsteht (§ 30 FRG). Fremdrentenrecht, das sie beim Zuzug nach Deutschland vorfinden, kann deshalb ihr Eigentumsgrundrecht nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht berühren. Da das Gesetz das Recht erst gewährt, das von Art. 14 GG geschützt sein soll, kann es dieses Grundrecht nicht verletzen (vgl. BVerfGE 29, 22 ≪33 f.≫; 53, 164 ≪176≫).
b) Aber auch die durch das Fremdrentengesetz begründeten Rentenanwartschaften unterliegen nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden. Zwar unterfallen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts rentenrechtliche Anwartschaften dem Eigentumsschutz (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪289 f.≫; 55, 114 ≪131≫; 69, 272 ≪298≫; 100, 1 ≪32≫). Regelmäßige Voraussetzung ist allerdings, dass sie im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben wurden. Im Falle der durch das Fremdrentengesetz begründeten Rechte fehlt es am Erfordernis der an einen Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland erbrachten Eigenleistung (vgl. schon BVerfGE 29, 22 ≪34≫), die für die Anerkennung einer sozialversicherungsrechtlichen Rechtsposition als Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unverzichtbar ist. Nur als Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung, die der besondere Grund für die Anerkennung als Eigentumsposition ist, erfahren rentenversicherungsrechtliche Anwartschaften den Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪291 f.≫; 58, 81 ≪109≫; 100, 1 ≪33≫; vgl. allgemein zu öffentlichrechtlichen Rechtspositionen schon BVerfGE 18, 392 ≪397≫; 22, 241 ≪253≫; 24, 220 ≪225 f.≫; 48, 403 ≪412 f.≫).
aa) Die eigene Leistung findet im Rentenversicherungsrecht vor allem in einkommensbezogenen Beitragszahlungen Ausdruck (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪291≫; 58, 81 ≪112≫; 69, 272 ≪301≫; 100, 1 ≪33≫). Sie rechtfertigen es, dass der durch sie begründeten rentenrechtlichen Rechtsposition ein höherer Schutz gegen staatliche Eingriffe zuerkannt wird als in den Fällen einer beitragslos begründeten Anwartschaft (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪112 f.≫). Dementsprechend richtet sich die Höhe der Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 SGB VI). Die Beiträge werden zwar bei Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt werden, von den Versicherten und von den Arbeitgebern je zur Hälfte getragen (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Aber auch der Beitrag des Arbeitgebers knüpft an die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers an; er wird folgerichtig unter dem Gesichtspunkt des eigentumsrechtlichen Schutzes als Eigenleistung des Versicherten berücksichtigt (vgl. BVerfGE 69, 272 ≪302≫; 72, 9 ≪19≫). Es ist vor allem das Kriterium der Eigenleistung, mit dessen Hilfe die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche und Anwartschaften von Rechtsansprüchen unterschieden werden, die der Staat aus Gründen der Fürsorge einräumt und die mangels einer Leistung des Begünstigten nicht am Eigentumsschutz teilnehmen (vgl. BVerfGE 100, 1 ≪33≫).
bb) Wenn der Gesetzgeber sich entschließt, die in den Herkunftsländern zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten wie Zeiten zu behandeln, die die Berechtigten im System der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt haben, so ist dies ein Akt besonderer staatlicher Fürsorge. Der Gesetzgeber verfolgt damit das legitime Ziel, insbesondere Vertriebene, Aussiedler und Spätaussiedler, die in die Bundesrepublik Deutschland übersiedeln, soweit als möglich mit Hilfe auch der Sozialversicherung zu integrieren, ohne zu dieser Lösung durch Art. 116 GG und das Sozialstaatsprinzip verfassungsrechtlich verpflichtet zu sein (vgl. auch BVerfGE 43, 213 ≪226≫). Eigentumsgeschützte Rechtspositionen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG werden aber mangels Eigenleistung der Berechtigten durch das Fremdrentengesetz nicht begründet. Soweit die nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten Beiträge zur Rentenversicherung in den Herkunftsländern gezahlt haben, sind diese Beiträge nicht den Versicherungsträgern der Bundesrepublik Deutschland zugeflossen, deren gesetzliche Aufgabe es ist, die Rentenleistungen an die nicht mehr erwerbstätige Generation zu finanzieren. Die für den Eigentumsschutz erforderliche Eigenleistung kann auch nicht in der von den Berechtigten in deren Herkunftsländern persönlich geleisteten Arbeit bestehen, da die Arbeitsleistung in einem anderen Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsystem als dem der Bundesrepublik Deutschland erbracht wurde. Sie ist Wertschöpfung, die nicht innerhalb der zur Leistung verpflichteten Solidargemeinschaft erfolgt und ihr auch nicht zugute gekommen ist. Es ist im Übrigen auch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Gewährung von Rechtsansprüchen auf der Grundlage seiner Entscheidung für das rentenversicherungsrechtliche Eingliederungsprinzip Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG begründen wollte.
cc) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die in der Deutschen Demokratischen Republik erworbenen Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen den Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG genießen (vgl. BVerfGE 100, 1 ≪32 f.≫). Denn dies gilt nur nach Maßgabe dessen, was im Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertrag – vom 31. August 1990 (BGBl II S. 889) als Rechtsposition der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannt wurde (BVerfG, a.a.O., S. 33). Die rentenrechtlichen Rechtspositionen, die in der Deutschen Demokratischen Republik begründet wurden, gelangten mit dem Beitritt und mit der Anerkennung durch den Einigungsvertrag wie andere vermögenswerte Rechtspositionen in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 91, 294 ≪307 f.≫; 100, 1 ≪33≫). Die Bundesrepublik Deutschland ist in die nach den Versorgungsordnungen der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme begründeten leistungsrechtlichen Beziehungen grundsätzlich eingetreten (vgl. BVerfGE 100, 1 ≪34≫). An einem solchen eigentumsbegründenden besonderen Transformationsakt fehlt es im Fremdrentenrecht. Folgerichtig wurden auch die Rechtsansprüche der Übersiedler aus der Deutschen Demokratischen Republik vor deren Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland originär durch das Fremdrentengesetz begründet. Erst die mit Art. 20 des Staatsvertrages eingeleitete Entwicklung hat zur Übernahme der in der Deutschen Demokratischen Republik erworbenen Rechtspositionen und ihre Anerkennung in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nummer 9 Buchstabe b des Einigungsvertrages geführt (BVerfG, a.a.O.).
2. Die Vorlagen machen keine Entscheidung der Frage erforderlich, ob die von den Berechtigten aus dem Fremdrentengesetz abgeleiteten Anwartschaften dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG dann unterliegen, wenn sie sich zusammen mit den in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften zu einer rentenrechtlichen Gesamtrechtsposition verbinden. Es kann insbesondere offen bleiben, ob unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes danach zu unterscheiden ist, welchen quantitativen Anteil die jeweils erworbenen, in Entgeltpunkten ausgedrückten Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland an der Gesamtrechtsposition aufweisen. Selbst wenn man die Gesamtheit der erworbenen Anwartschaften als rentenrechtliche Einheit dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterstellen würde (vgl. auch BVerfGE 58, 81 ≪109≫), hätte der Gesetzgeber durch § 22 Abs. 4 FRG 1996 von seiner Befugnis zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) – vorbehaltlich des noch zu prüfenden Gesichtspunkts des Vertrauensschutzes (vgl. unten unter C II) – einen verfassungsgemäßen Gebrauch gemacht. Das Ergebnis ist daher kein anderes als wenn im vorliegenden Fall der Eigentumsschutz auf die Anteile der rentenrechtlichen Position beschränkt wäre, denen in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegte Beitragszeiten zugrunde liegen.
a) Auch für rentenrechtliche Anwartschaften gilt, dass sich die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪109 f.≫; 100, 1 ≪37≫). Soweit in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit der bei ihrer Begründung bestehenden Bedingungen widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht.
b) Der Gesetzgeber hätte mit dem Erlass des § 22 Abs. 4 FRG 1996 – wäre dieser an Art. 14 Abs. 1 GG zu messen –, im Rahmen seiner Befugnis gehandelt, Inhalt und Schranken des Eigentums auszugestalten (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Der in der gesetzlichen Regelung liegende Eingriff in die Rechtsposition der nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪121≫; 100, 1 ≪40≫).
aa) Der Gesetzgeber hat mit der in Frage stehenden Vorschrift in erster Linie das Ziel verfolgt, die Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung zu verbessern. Die wirtschaftliche Situation der Rentenversicherungsträger war in der ersten Hälfte der 1990er Jahre durch einen massiven Anstieg der Ausgaben gekennzeichnet, denen ein ausreichendes Beitragsaufkommen nicht gegenüberstand. Dafür gab es mehrere Gründe. Die Frühverrentung nahm zu. Der Zuzug von Aussiedlern und Spätaussiedlern bewegte sich in der ersten Hälfte der 1990er Jahre auf einem hohen Niveau. Die Überleitung der Renten aus dem Beitrittsgebiet belastete die Rentenkassen erheblich. Der Bund hatte nur einen Teil der Aufwendungen für die übergeleiteten Renten übernommen (§ 15 Abs. 1 AAÜG). Zudem entwickelte sich die wirtschaftliche Lage in Ostdeutschland schlechter als zuvor angenommen worden war (vgl. dazu BVerfGK 2, 266 ≪274 f.≫). Hinzu kam, dass die wirtschaftliche Entwicklung seit dem zweiten Halbjahr 1995 im gesamten Bundesgebiet ungünstig verlaufen war. Für das Jahr 1997 und die folgenden Jahre wären zur Sicherstellung der erforderlichen Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Wiederauffüllung der so genannten Schwankungsreserve, auf die 1996 zum Ausgleich der Mehrausgaben und Mindereinnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung zurück gegriffen worden war, ohne gegensteuernde Maßnahmen Beitragserhöhungen in erheblichem Umfang erforderlich geworden (vgl. BTDrucks 13/4610 unter A II 1, S. 18). Die nachteiligen Folgen dieser Situation für Beitragszahler, Wirtschaft und Arbeitsmarkt durfte der Gesetzgeber als gewichtig bewerten und Maßnahmen ergreifen, das Ausgabenvolumen der gesetzlichen Rentenversicherung zu begrenzen. Die in Frage stehende Regelung diente demnach dazu, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen (vgl. zur Berechtigung dieser Zielsetzung BVerfGE 53, 257 ≪293≫; 58, 81 ≪110≫; 97, 271 ≪286≫).
Sind die finanziellen Erwägungen, die das zu prüfende Gesetz tragen, ein hinreichender Grund für den Eingriff, so kann offen bleiben, ob auch die anderen mit der Regelung vom Gesetzgeber verfolgten Ziele für sich oder zusätzlich die in Frage gestellte Regelung rechtfertigen könnten. Dies gilt für die Absicht des Gesetzgebers, mit dieser Maßnahme das Versicherungsprinzip und das Prinzip der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente zu stärken (vgl. BTDrucks, a.a.O., unter A II 2, S. 18), ebenso wie für das von ihm angestrebte Ziel, durch die Neuregelung die Akzeptanz des Fremdrentenrechts bei den einheimischen Versicherten zu erhöhen (vgl. BTDrucks, a.a.O., unter A IV 1 c, S. 19).
bb) § 22 Abs. 4 FRG 1996 entspricht bei einer Prüfung am Maßstab des Art. 14 Abs. 1 GG auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
(1) Die Regelung war geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen. Der Gesetzgeber erwartete insgesamt für die Jahre 1996 bis 2000 als Folge der die gesetzliche Rentenversicherung betreffenden Maßnahmen ein Sparvolumen von 27,15 Mill. DM (vgl. BTDrucks, a.a.O., unter C 1, S. 30). Nach den im sozialgerichtlichen Verfahren vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung vorgelegten Berechnungen sollte die Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG 1996 in den Fällen der vor 1991 erfolgten Zuzüge und der Zuzüge danach zwar im Jahr 1996 noch keine finanziellen Auswirkungen haben, in den folgenden Jahren aber zu Einsparungen in Höhe der folgenden Beträge führen: 72 Mio. DM (1997), 217 Mio. DM (1998), 361 Mio. DM (1999) und 538 Mio. DM (2000). Das Bundesministerium ging dabei von einer durchschnittlichen monatlichen Ersparnis von 160 DM pro Rente aus. Zwar bleibt nach den dem Bundesverfassungsgericht vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales übermittelten zeitnahen Schätzungen das Einsparvolumen hinter den Erwartungen des Gesetzgebers zurück. Diese Schätzungen ergeben Einsparungen in den Jahren 1996 bis 2000 von insgesamt 238 Mio. DM, zusammen mit den Jahren 2001 bis 2004 von insgesamt 439 Mio. DM. Aber auch unter Berücksichtigung dieser korrigierten Erwartungen durfte der Gesetzgeber von einer nicht unwesentlichen Einsparung an Mitteln zur Finanzierung der Rentenleistungen durch § 22 Abs. 4 FRG 1996 ausgehen (vgl. auch BVerfGE 76, 220 ≪241≫), die einen Beitrag zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung leisten konnte.
(2) Der durch § 22 Abs. 4 FRG 1996 bewirkte Wertverlust der Rentenanwartschaften kann auch als erforderlich angesehen werden. Dem Gesetzgeber stand kein milderes, die Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Verfügung, mit der er seine Ziele ebenso gut hätte erreichen können. Der Gesetzgeber kann nicht darauf verwiesen werden, eine Einsparung in anderen, von dem betroffenen Gesetz nicht erfassten Bereichen zu erzielen (vgl. BVerfGE 75, 78 ≪101 f.≫; 76, 220 ≪241≫; 103, 172 ≪189≫). Er war unter dem Gesichtspunkt des Erforderlichkeitsgrundsatzes nicht verpflichtet, auf andere Maßnahmen auszuweichen, insbesondere – im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen – die Beitragssätze zu erhöhen, die Bestandsrenten abzusenken oder auf eine Anpassung der Renten an die Lohn- und Gehaltsentwicklung zu verzichten (vgl. schon BVerfGE 58, 81 ≪119≫). Ebenso wenig war er, um dem Erforderlichkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen, gehalten, einen höheren Bundeszuschuss vorzusehen und gegebenenfalls zu diesem Zweck Steuern einzuführen oder zu erhöhen. Deshalb kann dem Gesetzgeber auch nicht – entgegen der Auffassung des Bundessozialgerichts – verfassungsrechtlich zur Last gelegt werden, er habe die von ihm erwogenen und verworfenen Alternativen nicht dokumentiert.
(3) Der den Betroffenen zugemutete Wertverlust ihrer Rentenanwartschaften lässt sich nicht allgemein bestimmen. Er hängt wesentlich davon ab, in welchem Jahr der Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland erfolgte, wie sich die Versicherungsbiografie im jeweiligen Herkunftsland gestaltet hatte und ob und gegebenenfalls welche rentenrechtlichen Anwartschaften nach dem Zuzug im System der gesetzlichen Rentenversicherung noch aufgebaut wurden. Für die Prüfung des Eingriffs am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kann jedoch davon ausgegangen werden, dass es in vielen Fällen zu erheblichen Wertverlusten gekommen ist (vgl. Dominok, Die Rentenversicherung 1997, S. 121 ≪123≫; Fabritius, Die Rentenversicherung 1998, S. 21 ≪23≫). Dies zeigt sich auch bei den Klägerinnen und Klägern der Ausgangsverfahren. Die durch die Anwendung des Faktors 0,6 bewirkte Kürzung ihrer Rentenanwartschaften bewegt sich immerhin zwischen 11 und über 30 vom Hundert.
Andererseits sind Rentenanwartschaften wegen des verhältnismäßig langen Zeitraums zwischen ihrem Erwerb und dem Beginn des Rentenanspruchs naturgemäß in nicht unerheblichem Umfang einer Veränderung der für die Rentenversicherung maßgeblichen Verhältnisse unterworfen (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪110≫). Vor allem aber ist bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung eines gesetzlichen Eingriffs in Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen, dass die in den Ausgangsverfahren geltend gemachten Rentenansprüche auf Entgeltpunkten beruhen, die nach dem Fremdrentengesetz ermittelt wurden. Auch wenn angenommen wird, dass die Rentenanwartschaften der nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten bei Zusammentreffen mit in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften als Gesamtrechtsposition insgesamt der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unterfallen, durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass die Anwartschaften zum Teil nicht auf Beitragsleistungen zu Gunsten der versicherungsrechtlichen Solidargemeinschaft beruhen, die die Rente finanziert. Ist es zur Sicherung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung geboten, rentenrechtliche Positionen zu verändern, so kann der soziale Bezug, der dem Gesetzgeber größere Gestaltungsfreiheit bei Eingriffen gibt, den Gesetzgeber berechtigen, in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft vor allem jene Positionen zu verkürzen, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen sind (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪111≫). Dies ist hier in Bezug auf die Anwartschaftsteile der Fall, denen Beitrags- und Beschäftigungszeiten außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zugrunde liegen.
Bei der Verfolgung seines Ziels, Ausgaben der Rentenversicherung einzusparen, hat der Gesetzgeber im Übrigen auch an anderer Stelle spürbare Eingriffe in die Rechtspositionen von Anwartschaftsberechtigten vorgenommen. Dies gilt beispielsweise für die Regelungen über die Beschleunigung der Anhebung des Renteneintrittsalters für Frauen von 60 auf 65 Jahre durch Art. 1 Nr. 10 WFG in Verbindung mit der Anlage 20 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (vgl. BVerfGK 2, 266) und über die vorgezogene und beschleunigte Anhebung der Altersgrenze für Renten wegen Arbeitslosigkeit (§ 41 Abs. 1 a SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand vom 23. Juli 1996, BGBl I S. 1078; vgl. auch Art. 1 Nr. 10 WFG).
3. Auch eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Soweit die hier in Frage stehende Gruppe von Personen, die aufgrund des § 22 Abs. 4 FRG 1996 in Verbindung mit Art. 6 § 4 c FANG 1996 einen Abschlag von 40 vom Hundert ihrer Entgeltpunkte hat hinnehmen müssen, im Vergleich zu anderen Gruppen benachteiligt wird, ist die ungleiche Behandlung hinreichend gerechtfertigt (vgl. zu diesem Maßstab BVerfGE 102, 41 ≪54≫; stRspr).
a) Zur unterschiedlichen Behandlung der nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten im Verhältnis zu den in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland versicherten Personen hat das Bundesverfassungsgericht bereits klargestellt, dass die durch das Fremdrentengesetz gewährte Begünstigung nicht Grundlage für einen Anspruch sein könne, die volle Gleichstellung mit denjenigen zu erhalten, die ein Versicherungsverhältnis zu einem Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland begründet hatten und haben (vgl. BVerfGE 29, 22 ≪33≫). Soweit die nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten anders als diejenigen behandelt werden, die Anwartschaften im sozialen Sicherungssystem der Deutschen Demokratischen Republik erworben hatten, ergibt sich die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung daraus, dass die beiden deutschen Staaten eine Einheit auch auf dem Gebiet der Sozialversicherung angestrebt und vereinbart haben (siehe oben unter C I 1 b cc). Ein zentraler Aspekt der Wiederherstellung der deutschen Einheit war die Angleichung der Lebensverhältnisse in beiden Teilen Deutschlands. Dazu gehörte ein einheitliches Rentenrecht (vgl. BTDrucks 12/405, S. 108; BVerfGE 112, 368 ≪373≫).
b) Auch die durch Art. 6 § 4 Abs. 5 FANG 1996 bewirkte Herausnahme der Inhaber von Ansprüchen und Anwartschaften, die dem Deutsch-Polnischen Sozialversicherungsabkommen unterfallen, aus der Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG 1996 ist von hinreichend sachlichen Gründen getragen. Sie beruht auf dem völkerrechtlichen Grundsatz der Gegenseitigkeit (vgl. Art. 27 Abs. 2 bis 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990, BGBl II 1991 S. 741 ≪743≫).
4. Die zur Prüfung gestellte Regelung des § 22 Abs. 4 FRG 1996 verletzt auch nicht Art. 3 Abs. 3 GG. Eine Benachteiligung wegen der Herkunft oder der Heimat der nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten bewirkt sie nicht. Die rentenrechtliche Behandlung dieser Personen ist allein darin begründet, dass sie ihre Versicherungsbiografie in einem anderen Land als der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt haben; ihre Beiträge sind anderen Versicherungsträgern, ihre Beschäftigung einem anderen Wirtschafts- und Sozialsystem zugute gekommen (vgl. auch BVerfGE 29, 22 ≪33≫). Die unterschiedliche Behandlung ist allein in unterschiedlichen Versicherungsbiografien begründet und nicht in der Anwendung eines Merkmals, das im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG diskriminiert.
II.
Es ist jedoch mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtstaatlichen Vertrauensschutzprinzip unvereinbar, dass § 22 Abs. 4 FRG 1996 auf Berechtigte, die vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente nach dem 30. September 1996 beginnt, ohne eine Übergangsregelung für zum damaligen Zeitpunkt rentennahe Jahrgänge zur Anwendung kommt.
1. Die Übergangsregelung des Art. 6 § 4 c FANG 1996 nimmt allerdings in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Berechtigte von der Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG 1996 nicht allgemein aus, die bereits vor dem 1. Januar 1991 zugezogen sind. Insoweit gilt im Ergebnis nichts anderes, wenn unter dem Gesichtspunkt der Rückwirkung von Rechtsnormen Art. 14 GG Maßstab für die Prüfung wäre. Auch dann wäre eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an dem alsbaldigen In-Kraft-Treten einer Neuregelung und dem Interesse der von ihr Betroffenen am Fortbestand des bisher geltenden, für sie günstigen Rechts geboten (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪121 ff.≫; 76, 220 ≪244 ff.≫; 97, 378 ≪388 ff.≫).
a) An die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung sind nicht die besonderen Anforderungen zu stellen, die maßgeblich sind, wenn der Gesetzgeber das Vertrauen in den Fortbestand einer befristeten Übergangsvorschrift enttäuscht, die er aus Vertrauensschutzgründen erlassen hat, und die er vor Ablauf der ursprünglichen Frist zu Lasten der Berechtigten beseitigt (vgl. dazu BVerfGE 102, 68 ≪97≫). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Es geht vielmehr allgemein um den Schutz des Vertrauens des Bürgers in den Fortbestand des geltenden Rechts in der Gestalt der Stichtagsregelung des Art. 6 § 4 Abs. 5 FANG 1991.
b) Art. 6 § 4 c FANG 1996 wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen des rechtstaatlichen Vertrauensschutzprinzips grundsätzlich gerecht.
aa) Der Vorschrift liegt die Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde, den wertmindernd wirkenden Faktor 0,6 in § 22 Abs. 4 FRG 1996 auch auf die Rentenanwartschaften von Berechtigten zur Anwendung zu bringen, die vor dem 1. Januar 1991 zugezogen sind und deren Rente nach dem 30. September 1996 beginnt. Damit wirkt sie auf noch nicht abgeschlossene Rentenrechtsverhältnisse für die Zukunft ein und verschlechtert insoweit die betroffene Rechtsposition nachträglich. Eine solche unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip können sich jedoch Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind allerdings erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszweckes nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn – was hier nach den oben unter C I 2 getroffenen Feststellungen allein in Betracht kommt – die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfGE 95, 64 ≪86≫; 96, 330 ≪340≫; 101, 239 ≪263≫; stRspr).
bb) Das Interesse derjenigen Berechtigten, deren Renteneintritt nach dem 30. September 1996 liegt, an der zeitlich unbefristeten Beibehaltung des durch Art. 6 § 4 Abs. 5 FANG 1991 herbeigeführten Rechtszustandes ist grundsätzlich nicht höher zu bewerten, als es die Gemeinwohlgründe sind, die den Gesetzgeber bei seiner Entscheidung für die Anwendbarkeit des § 22 Abs. 4 FRG 1996 auf diese Gruppe von Berechtigten bestimmt haben. Diese durften nicht damit rechnen, dass sie über die gesamte Zeit ihres Versicherungsverhältnisses bis zum Beginn der Rente nicht mehr von Kürzungen betroffen sein würden, die diejenigen erfassten, die nach dem 31. Dezember 1990 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt sind. Die für die finanzielle Situation in der gesetzlichen Rentenversicherung maßgeblichen Umstände hatten sich – wie bereits dargestellt (siehe oben unter C I 2 b aa) – seit dem In-Kraft-Treten des Renten-Überleitungsgesetzes erheblich geändert. Es musste den Betroffenen einsichtig sein, dass dies nicht ohne Auswirkungen auf die Einnahmen und Ausgaben der Sozialversicherungsträger bleiben konnte. Sie mussten damit rechnen, dass der Gesetzgeber auf diese Situation durch eine Veränderung des Rentenversicherungsrechts auch zu ihren Lasten reagieren würde. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass allein die nach dem 1. Januar 1991 in die Bundesrepublik zugezogenen, nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten die Last der Sanierung der Rentenversicherungsträger auf Dauer zu tragen hätten, konnte sich nicht bilden.
Auf der anderen Seite konnte der Gesetzgeber finanzwirtschaftliche Interessen der Versicherungsträger von einigem Gewicht ins Feld führen (siehe oben unter C I 2 b bb (1)). Es kann verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden, wenn er bei der Ausgestaltung der Übergangsregelung des Art. 6 § 4 c FANG 1996 diesen Interessen den Vorrang vor der Erwartung der Betroffenen gegeben hat, sie würden auf Dauer von den rentenrechtlichen Kürzungen – zunächst vom Kürzungsfaktor 0,7 (§ 22 Abs. 4 FRG 1991) und dann vom Kürzungsfaktor 0,6 (§ 22 Abs. 4 FRG 1996) – ausgenommen werden. Bei dieser Abwägung hat der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen, die seiner Gestaltungsfreiheit durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes gezogen sind, nicht überschritten.
2. Der Gesetzgeber war jedoch unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips gehalten, auf die legitimen Interessen der zum damaligen Zeitpunkt rentennahen Jahrgänge durch Erlass einer Übergangsregelung Rücksicht zu nehmen, die eine auf Rentenzugänge ab dem 1. Oktober 1996 ohne Einschränkung sofort wirksame Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG 1996 verhindert.
Eine solche Regelung hätte es den Betroffenen ermöglichen müssen, sich auf die neue Rechtslage in angemessener Zeit einzustellen. Die in Art. 6 § 4 c FANG 1996 getroffene Entscheidung des Gesetzgebers, § 22 Abs. 4 FRG 1996 auf alle Rentenzugänge nach dem 30. September 1996 anzuwenden, hat die rentennahen Jahrgänge zu kurzfristig mit einer neuen, ihre Anwartschaften erheblich verschlechternden Rechtslage konfrontiert. Im Falle der Klägerinnen und Kläger der Ausgangsverfahren verblieb ein für die Umstellung verfügbarer Zeitraum von zum Teil nur wenigen Wochen zwischen dem am 7. Juli 1996 ergangenen Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages und dem Beginn ihrer Rente; bei den meisten von ihnen waren es nur fünf bis zehn Monate.
Zwar war keine Übergangsregelung erforderlich, die es den Berechtigten ermöglicht hätte, die durch § 22 Abs. 4 FRG 1996 bewirkte Verringerung ihrer Rente durch eine Maßnahme der zusätzlichen und insbesondere privaten Altersvorsorge auszugleichen. Die Annahme derartiger Möglichkeiten dürfte in den meisten Fällen lebensfremd sein. Die Übergangszeit muss jedoch so bemessen sein, dass die Berechtigten in der Lage sind, ihre Lebensführung darauf einzustellen, dass ihnen auf Dauer deutlich niedrigere Renten zustehen werden als ihnen aufgrund der erteilten Rentenauskünfte in Aussicht gestellt worden war. Bei einer schrittweisen Anwendung des Abschlags auf die Entgeltpunkte wäre es ihnen beispielsweise möglich gewesen, von mittel- und langfristig wirkenden finanziellen Dispositionen abzusehen oder diese der verringerten Rente anzupassen. Der mit der Regelung des § 22 Abs. 4 FRG 1996 angestrebte Umfang der Ausgabeneinsparungen wäre zwar bei einer Übergangsregelung nicht in voller Höhe erreicht worden. In welchem Umfang sich bei einer angemessenen Übergangsregelung die Einsparungen verringert hätten, lässt sich zuverlässig nicht feststellen; dies hängt ohnehin von der näheren Ausgestaltung einer solchen Übergangsregelung durch den Gesetzgeber ab. Für die Erreichung des verfolgten Einsparungsziels ist der in Frage stehende Betrag aber eher nachrangig. Denn durch eine Übergangsregelung wäre nicht in Frage gestellt worden, dass der Kürzungsfaktor 0,6 mittel- und langfristig regelmäßig bei den nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten greift, die vor dem 1. Januar 1991 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Damit aber hätte der Gesetzgeber auch bei der Einführung einer Übergangsregelung sein finanzwirtschaftliches Hauptziel erreicht.
Die nähere Ausgestaltung der übergangsrechtlichen Regelungen steht im Ermessen des Gesetzgebers. Er kann rentennahe Jahrgänge in größerem Umfang als bisher aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung von der Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG 1996 ausnehmen. Entschließt er sich zu einer gestuften Übergangsregelung, ist es seine Sache zu regeln, in welchem Zeitraum und in welchen Zeitstufen die Anpassung erfolgen soll, um dem dargestellten legitimen Interesse der Betroffenen zu genügen. Es obliegt auch seinem sachgerechten Ermessen, wie er die rentennahen Jahrgänge bestimmt.
3. Da das Fehlen einer angemessenen Übergangsregelung Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip verletzt, bedarf es keiner Prüfung, ob die in Frage stehende Stichtagsregelung des Art. 6 § 4 c FANG 1996 gegen weitere Verfassungsrechte verstößt.
D.
I.
Da der Gesetzgeber im vorliegenden Fall eine Regelung in verfassungswidriger Weise unterlassen hat, kommt nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht.
Der Gesetzgeber hat bis zum 31. Dezember 2007 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen.
II.
Noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen sich Berechtigte, die vor dem 1. Januar 1991 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen sind und deren Rente nach dem 30. September 1996 begonnen hat, gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 22 Abs. 4 FRG 1996 wegen der dort vorgesehenen Absenkung der ihrer Rente zugrunde liegenden Entgeltpunkte wenden, bleiben ausgesetzt oder sind auszusetzen, um den Betroffenen die Möglichkeit zu erhalten, aus der vom Gesetzgeber zu treffenden Regelung Nutzen zu ziehen. Bereits bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte bleiben von der vorliegenden Entscheidung für die Zeit vor der Bekanntgabe unberührt. Es ist dem Gesetzgeber aber unbenommen, die Wirkung dieser Entscheidung auch auf bereits bestandskräftige Bescheide zu erstrecken; von Verfassungs wegen verpflichtet ist er hierzu nicht (vgl. BVerfGE 104, 126 ≪150≫).
Unterschriften
Papier, Haas, Steiner, Hohmann-Dennhardt, Hoffmann-Riem, Bryde, Gaier, Eichberger
Fundstellen