Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksam verweigerte Mängelbeseitigung nach Vertragserfüllung bei ausbleibender Sicherungsleistung nach Abnahme. Mängelbeseitigungserlass nach fruchtloser Nachfrist. Anspruch auf Vergütung und Vertrauensschadensersatz. Leistungsverweigerungsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

a) § 648a Abs. 1 BGB gibt dem Unternehmer auch nach der Abnahme das Recht, eine Sicherheit zu verlangen, wenn der Besteller noch Erfüllung des Vertrages (Mängelbeseitigung) fordert.

b) Leistet der Besteller auf ein berechtigtes Sicherungsverlangen nach der Abnahme die Sicherheit nicht, ist der Unternehmer berechtigt, die Mängelbeseitigung zu verweigern.

c) Der Unternehmer kann dem Besteller in sinngemäßer Anwendung des § 648a Abs. 5 S. 1 i. V. m. § 643 S. 1 BGB eine Nachfrist zur Sicherheitsleistung mit der Erklärung setzen, dass er die Mängelbeseitigung ablehne, wenn die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet werde. Nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist wird er von der Pflicht zur Mängelbeseitigung frei. Ihm steht in weiterer sinngemäßer Anwendung des § 645 Abs. 1 S. 1 und § 648a Abs. 5 S. 2 BGB der Anspruch auf die um den mängelbedingten Minderwert gekürzte Vergütung und der Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens zu.

d) Macht der Unternehmer von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, kann der Besteller dem Verlangen auf Zahlung des vollen Werklohns das gesetzliche Leistungsverweigerungsrecht auch dann entgegenhalten, wenn er die Sicherheit nicht gestellt hat.

 

Normenkette

BGB §§ 643, 645 Abs. 1, § 648a

 

Verfahrensgang

OLG Rostock (Urteil vom 11.04.2002; Aktenzeichen 7 U 100/01)

LG Neubrandenburg

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des OLG Rostock v. 11.4.2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich eines 43.215,34 DM übersteigenden Betrages dadurch zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, dass die sich aus etwaigen Mängeln ergebenden Rechte nicht berücksichtigt worden sind.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Restwerklohn. Die Beklagte macht Mängel geltend.

Die Parteien schlossen im März 1997 unter Einbeziehung der VOB/B einen Bauvertrag über die Erbringung u. a. von Maurer-, Beton- und Stahlbetonarbeiten am Hotelanwesen der Beklagten. Die Leistungen der Klägerin wurden im Februar 1998 abgenommen. Die Parteien einigten sich später darauf, dass der durch Bürgschaft ablösbare Gewährleistungseinbehalt auf 43.215,34 DM erhöht wird.

Die Klägerin erhob im Juni 1999 mit der Behauptung, sie habe die Bürgschaften zur Ablösung des Gewährleistungseinbehalts angeboten, Klage auf Zahlung des Restwerklohns von 99.315,65 DM, davon einen Teilbetrag von 7.200 DM Zug um Zug gegen Beseitigung von Ausblühungen im Klinker der Hotelfassade. Die Klägerin hat insoweit ohne Anerkennung einer Rechtspflicht angeboten, die Klinker auf einer Fläche von 820 m2 abzustrahlen. Die Kosten dafür hat sie mit 2.378 DM beziffert.

Die Beklagte rügte Ausblühungen des Mauerwerkes in weitaus größerem Umfang, Schwind- und Rissverformungen des Fachwerkes, horizontale Verschiebungen der Gefache und eine fehlerhafte Lage der Sickerwasserdichtung. Die Klägerin forderte mit Schreiben v. 6.4.2000 die Beklagte auf, eine Sicherheit gem. § 648a BGB i. H. v. 99.315,65 DM bis zum 20.4.2000 zu leisten und drohte an, danach die Leistung zu verweigern. Die Beklagte leistete keine Sicherheit. Sie macht wegen der Mängel, deren Beseitigungsaufwand sie auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens zuletzt mit 262.000 DM beziffert hat, gegenüber der Werklohnforderung ein Leistungsverweigerungsrecht geltend. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte könne sich schon deshalb nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen, weil sie die Sicherheit gem. § 648a BGB nicht gestellt habe.

Das LG hat die Beklagte zur Zahlung von 99.315,65 DM verurteilt, in Höhe eines Teilbetrages von 7.200 DM Zug um Zug gegen Beseitigung der Ausblühungen an der Außenschale und in Höhe eines Teilbetrages von 43.215,34 DM Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft. Es hat die Auffassung vertreten, der Beklagten stehe kein Leistungsverweigerungsrecht wegen etwaiger Mängel zu, weil sie die geforderte Sicherheit nicht gestellt habe. Die Verurteilung zur Zahlung von 7.200 DM Zug um Zug gegen die Beseitigung von Mängeln erfolge, weil die Klägerin dies so beantragt habe.

Mit der Berufung hat die Beklagte vollumfängliche Klageabweisung begehrt. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nur zum Teil begründet. In diesem Umfang führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen.

Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung (BauR 2002, 1277 ff.) im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das LG habe zutreffend festgestellt, dass sich die Beklagte nicht auf das ihr grundsätzlich zustehende Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln berufen könne, weil sie die von der Klägerin mit Schreiben v. 6.4.2000 geforderte Sicherheit nach § 648a Abs. 1 BGB nicht gestellt habe. Der Bauunternehmer könne die Rechte aus § 648a Abs. 1 BGB auch nach erfolgter Abnahme noch geltend machen. Entscheidend sei, ob der Unternehmer noch bereit und in der Lage sei, die Mängel zu beseitigen und ob er das Nachbesserungsrecht nicht verloren habe. Der Besteller werde nicht benachteiligt, weil er durch die Leistung der Sicherheit die Nachbesserung erzwingen könne.

II.

Die Revision hat keinen Erfolg, soweit die Beklagte sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von 43.215,34 DM Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft wendet.

1. Die Revision verfolgt allein ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen der behaupteten Mängel. Sie beziffert die Mängelbeseitigungskosten mit 262.000 DM und meint, selbst bei einem Zurückbehaltungsrecht in einfacher Höhe der Mängelbeseitigungskosten könne eine Verurteilung zur Zahlung des Werklohns nur Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung erfolgen.

2. Gegenüber dem Zahlungsanspruch i. H. v. 43.215,34 DM steht der Beklagten kein Leistungsverweigerungsrecht wegen der behaupteten Mängel zu. Dieser Zahlungsanspruch hängt davon ab, dass die Klägerin den vertraglich vereinbarten Austausch der Sicherheiten vornimmt. Allein der Umstand, dass möglicherweise im Zeitpunkt des Austausches bereits Mängel vorhanden sind, berechtigt die Beklagte nicht dazu, die Auszahlung des Sicherheitseinbehalts unter Hinweis auf diese Mängel zu verweigern (BGH, Urt. v. 13.9.2001 - VII ZR 467/00, BGHZ 148, 151 [154] = MDR 2001, 1347 = BGHReport 2001, 956).

III.

Soweit sich die Revision gegen die Verurteilung zur Zahlung des weiter gehenden Betrages von 56.100,31 DM wendet, hat sie Erfolg.

1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Der Unternehmer eines Bauwerks kann grundsätzlich auch nach der Abnahme vom Besteller Sicherheit für die von ihm zu erbringende Vorleistung einschließlich der dazugehörigen Nebenforderungen in der Weise verlangen, dass er dem Besteller zur Leistung der Sicherheit eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmt, dass er nach dem Ablauf der Frist seine Leistung verweigere. Er darf nach fruchtlosem Fristablauf die Leistung verweigern. Das folgt aus § 648a Abs. 1 S. 1 BGB.

a) Nach dieser gesetzlichen Regelung ist der Unternehmer berechtigt, die weitere Leistung zu verweigern, wenn er zu Recht eine Sicherheit binnen angemessener Frist unter Androhung der Leistungsverweigerung gefordert hat und die Frist fruchtlos abgelaufen ist. Die Regelung differenziert nicht zwischen dem Verlangen nach Sicherheit vor oder nach der Abnahme. Sie gilt auch für die Zeit nach der Abnahme, wenn der Besteller noch Erfüllung des Vertrages verlangt. Denn auch insoweit hat der Unternehmer noch eine Vorleistung i. S. d. Gesetzes zu erbringen. Dem steht nicht entgegen, dass die Vorleistungspflicht des Unternehmers mit der Abnahme endet und er dann grundsätzlich Zahlung der Vergütung Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung verlangen kann (BGH, Urt. v. 4.6.1973 - VII ZR 112/71, BGHZ 61, 42 [44]). Denn § 648a Abs. 1 BGB stellt nicht auf die Vorleistungspflicht in diesem Sinne ab, sondern auf vertraglich geschuldete Vorleistungen im wirtschaftlichen Sinne. Das hat der Senat bereits dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er Vorleistungen i. S. d. Gesetzes auch dann als gegeben angenommen hat, wenn die Leistungen bereits erbracht, jedoch noch nicht bezahlt sind (BGH, Urt. v. 9.11.2000 - VII ZR 82/99, BGHZ 146, 24 [32] = MDR 2001, 327 = BGHReport 2001, 112).

b) Der Unternehmer ist nach der Abnahme genötigt, wirtschaftlich die Vorleistung in Form der Mängelbeseitigung zu erbringen, weil er ohne sie den Zahlungsanspruch nicht durchsetzen kann (BGH, Urt. v. 4.6.1973 - VII ZR 112/71, BGHZ 61, 42 [46]; Urt. v. 22.3.1984 - VII ZR 50/82, MDR 1984, 748 = BauR 1984, 395 [398 f.]). Der Schutzzweck des § 648a Abs. 1 BGB gebietet es, dem Unternehmer das Leistungsverweigerungsrecht auch für den Fall einzuräumen, dass der Besteller nach der Abnahme noch Erfüllung des Vertrages verlangt. § 648a BGB bezweckt, dem Unternehmer eine möglichst einfache und flexible Möglichkeit zu verschaffen, sich vor dem Risiko einer ungesicherten Werkleistung zu schützen (vgl. BR-Drucks. 12/1836, 6). Dieses Risiko besteht darin, dass der Unternehmer eine Vergütung für die erbrachten Leistungen nicht erhält und seinen Anspruch möglicherweise infolge einer Insolvenz des Bestellers auch nicht mehr durchsetzen kann. Es besteht auch dann, wenn der Besteller nach der Abnahme den Werklohn noch nicht voll bezahlt hat und die Bezahlung von der Nacherfüllung des Vertrages abhängig macht (Schulze-Hagen, BauR 1999, 210 [215 ff.]; Thierau, NZBau 2000, 14 ff., jeweils m. w. N.).

c) Etwas anderes kann entgegen einer Meinung in der Rechtsprechung und Literatur (vgl. Rathjen, BauR 2002, 242 ff.; Frank, Jb. Baurecht 2002, 143, 147 ff., jeweils m. w. N.; OLG Rostock NZBau 2002, 97; OLG Hamm v. 7.3.2001 - 25 W 48/00, NJW-RR 2001, 806) nicht daraus hergeleitet werden, dass der Unternehmer nach § 648a Abs. 5 BGB das Recht hat, den Vertrag aufzuheben. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Unternehmer nur vor der Abnahme eine Sicherheit verlangen kann. Richtig ist, dass eine Aufhebung des Vertrages nicht mehr in Betracht kommt, wenn die Abnahme erklärt worden ist (BGH, Urt. v. 6.2.1975 - VII ZR 244/73, BauR 1975, 280 [281]). Gleichwohl kann dem Gesetzgeber mit der Formulierung des § 648a Abs. 5 BGB nicht unterstellt werden, dass er nur das Sicherungsverlangen vor der Abnahme regeln wollte. Das durch § 648a Abs. 1 BGB eingeräumte Leistungsverweigerungsrecht hat auch nach Abnahme Bedeutung. Im Übrigen ist § 648a Abs. 5 BGB nach der Abnahme sinngemäß anzuwenden, vgl. dazu unten 2. b).

2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne den Werklohn uneingeschränkt verlangen, weil die Beklagte keine Sicherheit gestellt habe. Diese Auffassung lässt sich mit § 648a BGB nicht vereinbaren.

a) Der Gesetzgeber hat dem Unternehmer keinen Anspruch auf Sicherheit verschafft (BGH, Urt. v. 9.11.2000 - VII ZR 82/99,BGHZ 146, 24 [28] = MDR 2001, 327 = BGHReport 2001, 112). Vielmehr hat er ihm lediglich die Möglichkeit eingeräumt, die Leistung zu verweigern, wenn die zu Recht beanspruchte Sicherheit nicht gestellt wird. Außerdem hat der Unternehmer das Recht, dem Besteller zur Nachholung der Sicherheitsleistung eine angemessene Frist mit der Erklärung zu bestimmen, dass er den Vertrag kündige, wenn die Sicherheit nicht bis zum Ablauf der Frist gestellt werde, § 648a Abs. 5 S. 1, § 643 S. 1 BGB. Nach Ablauf der Frist gilt der Vertrag als aufgehoben, § 643 S. 2 BGB. Damit hat der Gesetzgeber dem Unternehmer eine Möglichkeit verschafft, sich von dem Vertrag mit der Wirkung zu lösen, dass er die bis zur Aufhebung des Vertrages noch nicht erbrachten Leistungen nicht mehr erbringen muss. Auf diese Weise erhält der Unternehmer auch die Berechtigung, die Werkleistung abschließend abzurechnen. So wird der Schwebezustand (vgl. BT-Drucks. 12/1836, 11) aufgelöst, der dadurch entsteht, dass der Unternehmer einerseits die weitere Leistung mangels Sicherheit nicht erbringen muss, andererseits dann aber auch die Voraussetzungen für die Abnahme des Werkes und damit für die Fälligkeit der Schlussvergütung nicht schafft. Der Gesetzgeber hat für den Fall, dass der Besteller die Vertragsaufhebung wählt, die Rechtsfolgen dahin geregelt, dass dem Unternehmer nur der Vergütungsanspruch nach Maßgabe des § 645 Abs. 1 BGB zusteht und der Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens nach Maßgabe des § 648a Abs. 5 BGB. Ein auf Vertragserfüllung gerichteter Anspruch auf Zahlung der gesamten vertraglich vereinbarten Vergütung steht dem Unternehmer im Falle der Vertragsaufhebung demnach grundsätzlich nicht zu.

b) An dieser gesetzlichen Systematik ändert sich nichts, wenn der Besteller die Leistung des Unternehmers abgenommen hat. In diesem Fall wird der Vergütungsanspruch des Unternehmers allerdings fällig, § 641 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Besteller hat jedoch auch nach der Abnahme noch den Anspruch auf mangelfreie Erfüllung des Vertrages. Wegen dieses Anspruchs steht ihm ein Leistungsverweigerungsrecht in Höhe des mindestens Dreifachen der für die Beseitigung eines Mangels erforderlichen Kosten zu, § 641 Abs. 3 BGB. Der fällige Anspruch des Unternehmers auf Zahlung der Vergütung ist grundsätzlich nur durchsetzbar, wenn die Nacherfüllung erfolgt ist. Verlangt der Unternehmer vor der Mängelbeseitigung Sicherheit nach § 648a BGB, entsteht der gleiche Schwebezustand wie bei einem Sicherungsverlangen vor der Abnahme. Er ist in gleicher Weise aufzulösen.

Dem Unternehmer steht in sinngemäßer Anwendung des § 648a Abs. 5 BGB i. V. m. § 643 S. 1 BGB das Recht zu, sich von seiner Mängelbeseitigungspflicht nach der Abnahme dadurch zu befreien, dass er eine Nachfrist zur Sicherheitsleistung setzt, verbunden mit der Ankündigung, die Vertragserfüllung (Mängelbeseitigung) danach zu verweigern. Mit fruchtlosem Fristablauf ist er von der Pflicht, den Vertrag zu erfüllen, befreit (vgl. Schulze-Hagen, BauR 1999, 210 [220]). Er kann auf diese Weise die endgültige Abrechnung herbeiführen, auch soweit die Leistung mangelhaft ist. In weiterer sinngemäßer Anwendung des § 645 Abs. 1 S. 1 BGB und des § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB steht ihm nach fruchtlosem Fristablauf nicht die volle vertraglich vereinbarte Vergütung zu. Vielmehr hat er lediglich Anspruch auf Vergütung, soweit die Leistung erfüllt, d. h. mangelfrei erbracht ist, und Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens nach Maßgabe des § 648a Abs. 5 S. 2 BGB. Das bedeutet, dass der Vergütungsanspruch des Unternehmers um den infolge eines Mangels entstandenen Minderwert zu kürzen ist. Sofern die Mängelbeseitigung möglich ist und nicht wegen unverhältnismäßig hoher Kosten verweigert werden kann, ist die Vergütung regelmäßig um die Kosten zu kürzen, die notwendig sind, um den Mangel beseitigen zu lassen, sonst um den Minderwert des Bauwerks (vgl. BGH, Urt. v. 9.1.2003 - VII ZR 181/00, MDR 2003, 564 = BGHReport 2003, 426 = BauR 2003, 533 = IBR 2003, 186 [187] = NZBau 2003, 214 = ZfBR 2003, 356).

Im Ergebnis erhält der Unternehmer damit die Möglichkeit, selbst eine Minderung herbeizuführen. Will er hingegen diese Minderung nicht, sondern die volle Vergütung, muss er es hinnehmen, dass der Besteller das gesetzliche Leistungsverweigerungsrecht geltend macht.

c) Der Senat kann nicht anderen Lösungsvorschlägen folgen, die ein Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers verneinen oder ihm ein Leistungsverweigerungsrecht teils in mindestens dreifacher Höhe, teils in einfacher Höhe der Mängelbeseitigungskosten einräumen. Sie entfernen sich von der dargestellten Systematik des Gesetzes und benachteiligen entweder den Unternehmer oder den Besteller unangemessen.

aa) Würde dem Unternehmer der uneingeschränkte Anspruch auf Vergütung eingeräumt (so Schulze-Hagen, BauR 1999, 210 [215 ff.]; Thierau, NZBau 2000, 14 [17 f.]; OLG Naumburg, Urt. v. 17.4.2001 - 12 U 236/00, OLGReport Naumburg 2002, 218), führte das dazu, dass er die volle Vergütung erhielte, obwohl seine Leistung mangelhaft ist. Dieses Ergebnis ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unangemessen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Besteller habe es in der Hand, die Sicherheit zu stellen, um dieses Ergebnis zu vermeiden. Denn das ist nicht zwingend. Der Besteller kann aus unterschiedlichsten Gründen gehindert sein, eine Sicherheit zu stellen, z. B. wenn seine Kreditlinie überzogen ist (vgl. Frank, BauR 2002, 143 [155]; Ullrich, MDR 1999, 1233 [1235]) oder wenn er insolvent geworden ist. In diesen Fällen könnte er eine Nacherfüllung nicht mehr herbeiführen, so dass letztlich die volle Vergütung für ein dauerhaft mangelhaftes Werk bezahlt werden müsste. Dem Interesse des Unternehmers wird vielmehr in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Systematik ausreichend Rechnung getragen, wenn er sich von seiner Verpflichtung lösen und die geminderte Vergütung verlangen kann.

bb) Würde es dem Unternehmer lediglich gestattet sein, die Vergütung Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung zu verlangen (so Ullrich, MDR 1999, 1233 [1234 ff.] m. w. N.; OLG Brandenburg BauR 2002, 1859), so wäre er gezwungen, eine ungesicherte Vorleistung zu erbringen, um seine Vergütung durchsetzen zu können. Das soll nach der Wertung des Gesetzes aus guten Gründen nicht möglich sein. Vielmehr muss der Unternehmer die Möglichkeit erhalten, den reduzierten Werklohn ohne Mängelbeseitigung durchzusetzen, wie sich ebenfalls an dem Beispiel belegen lässt, dass der Besteller insolvent geworden ist. Denn dann stünde jedenfalls im Regelfall fest, dass der Unternehmer auch nach vollständiger Erfüllung des Vertrages nicht die volle Vergütung erhält. Dieses Ergebnis wäre gleichfalls untragbar. Das bedeutet, dass die Lösungen, wonach dem Besteller ein Leistungsverweigerungsrecht in Höhe des mindestens Dreifachen oder des Einfachen der Mängelbeseitigungskosten zusteht (vgl. Ullrich, MDR 1999, 1233 [1235]; OLG Oldenburg v. 29.8.2002 - 8 U 184/99, OLGReport Oldenburg 2003, 19; KG v. 20.2.2002 - 26 U 71/01, KGReport Berlin 2002, 128; OLG Dresden BauR 2002, 1274; OLG Stuttgart BauR 2001, 421), nicht in Betracht kommen, wenn der Unternehmer das nicht akzeptiert. Ihm muss die Wahl bleiben, ob er den vollen Werklohn durchzusetzen will oder ob er die geminderte Vergütung in Anspruch nimmt. Hat er eine angemessene Nachfrist gesetzt und ist diese fruchtlos abgelaufen, kann er allerdings nur noch die geminderte Vergütung geltend machen.

cc) Die Lösung, wonach dem Unternehmer die volle Vergütung zusteht, er diese jedoch nur Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung, diese wiederum Zug um Zug gegen Sicherheitsleistung durch den Besteller durchsetzen kann (vgl. Sohn/Kandel, BauR 2003, 1633 [1634 ff.]; OLG Brandenburg BauR 2002, 1859), wird aus den dargestellten Gründen ebenfalls der Regelung des § 648a BGB nicht gerecht. Mit einem entsprechenden Urteil wäre der Weg dahin eröffnet, dass der Unternehmer den vollen Werklohn ungeachtet der Mängel erhält. Denn er könnte unter den Voraussetzungen der §§ 294 ff. BGB den Annahmeverzug des Bestellers feststellen lassen und dann den vollen Werklohn vollstrecken, § 274 Abs. 2 BGB. In gleicher Weise könnte er vollstrecken, wenn er nach einem Urteil fruchtlos zur Sicherheitsleistung aufgefordert hat (OLG Brandenburg BauR 2002, 1859).

3. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsurteil insoweit keinen Bestand, als das Berufungsgericht der Klägerin den vollen Werklohn ungeachtet der Mängelrügen der Beklagten zugesprochen hat.

a) Das Berufungsgericht muss den Parteien Gelegenheit geben, sich auf die dargestellte, im Rechtsstreit bisher nicht erwogene Rechtslage einzustellen. Im Übrigen ist auf Folgendes hinzuweisen: Die Klägerin hat ausweislich der Feststellungen des LG lediglich Ausblühungen an den Klinkern eingeräumt und zwar in einem Umfang, der einen Mängelbeseitigungsaufwand von 2.378 DM bedeutet. Insoweit hat sie selbst eine eingeschränkte Verurteilung Zug um Zug gegen Beseitigung dieser Ausblühungen beantragt. Die entsprechende Verurteilung bezieht sich nur auf diese Mängel. Das Berufungsgericht wird klar zu stellen haben, welche Ausblühungen insoweit zu beseitigen sind, damit deutlich wird, unter welchen Voraussetzungen die Klägerin berechtigt ist, den Betrag von 7.200 DM zu vollstrecken.

b) Das Berufungsgericht wird unabhängig von dem weiteren Verhalten der Parteien aufzuklären haben, ob die behaupteten weiteren Mängel vorliegen.

Stellt sich in der erneuten Verhandlung heraus, dass die Leistung frei von weiteren Mängeln ist, so kann die Klägerin den vollen Werklohn verlangen. Ihr Sicherungsbegehren ist dann ohnehin irrelevant, weil keine weiteren Leistungen zu erbringen sind.

Stellen sich Mängel heraus und beharrt die Klägerin auf einer vorherigen Absicherung, so kann sie nur den sich aus § 645 Abs. 1 BGB ergebenden, geminderten Vergütungsanspruch geltend machen. Eine Nachfrist ist entbehrlich, wenn die Beklagte wie bisher eine Sicherheitsleistung verweigert. Die Klägerin kann dann mit rechtsgestaltender Wirkung erklären, dass sie die Mängelbeseitigung ablehne, weil sie keine Sicherheit erhalten hat. Mit dieser Erklärung geht der Mängelbeseitigungsanspruch der Beklagten unter. Die Beklagte kann dies vermeiden, wenn sie zuvor ihre Bereitschaft zur Sicherheitsleistung erklärt. Setzt ihr die Klägerin dann eine angemessene Nachfrist, muss sie die Sicherheit stellen, um die Durchsetzung der geminderten Vergütung zu vermeiden. In diesem Fall steht der Klägerin der volle Werklohn zu, jedoch hat die Beklagte das gesetzliche Leistungsverweigerungsrecht.

Da die Klägerin noch keine Nachfrist gesetzt hat, kann sie weiterhin den vollen Werklohn geltend machen. In diesem Fall ist ebenfalls das gesetzliche Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten zu berücksichtigen.

 

Fundstellen

BGHZ 2004, 335

DB 2004, 1310

NJW 2004, 1525

BGHR 2004, 650

BauR 2004, 826

EBE/BGH 2004, 3

EWiR 2004, 371

WM 2004, 1443

ZAP 2004, 592

ZIP 2004, 617

ZfIR 2004, 285

NJ 2004, 466

ZfBR 2004, 365

NZBau 2004, 259

RÜ 2004, 228

ZBB 2004, 316

BBB 2004, 59

JbBauR 2005, 357

LMK 2004, 100

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