Die unter dem Oberbegriff "nachbarschützende Vorschriften" zusammengefassten Regelungen decken verschiedenste Bereiche ab, die zum Teil schon behandelt wurden. Dazu zählen:

  • Vorschriften über die Einhaltung von Abstandsflächen zu Gebäudeaußenwänden,
  • Vorschriften über die Standfestigkeit baulicher Anlagen,
  • Vorschriften über den Brandschutz,
  • Vorschriften über die Lage von Stellplätzen und Garagen,
  • Bestimmungen des § 5 BISchG, wonach Anlagen so zu errichten sind, dass dadurch keine schädlichen Umwelteinwirkungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können.
 
Praxis-Tipp

Widerspruch

Einen Widerspruch gegen ein Bauvorhaben müssen Sie schriftlich bei Ihrem zuständigen Bauamt erheben. Sie sollten ihn auch ausführlich begründen, um die Chancen auf Erfolg zu erhöhen. Allerdings hat der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung, die Baugenehmigung kann also trotzdem vollzogen werden. Sie können dann aber noch entweder bei der Bauaufsichtsbehörde, bei der Widerspruchsbehörde oder beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung stellen. Widerspruchsberechtigt und zur Klage befugt sind bei einer solchen Nachbarklage nur Grundstückseigentümer beziehungsweise alle Miteigentümer. Dies gilt auch für Erbbau- oder Nießbrauchberechtigte, nicht aber für Mieter oder Pächter.

Manche Bundesländer, zum Beispiel Bayern und Nordrhein-Westfalen, haben das Widerspruchsverfahren gegen eine Entscheidung der Verwaltungsbehörde abgeschafft. Hier ist gleich eine Klage gegen die Baugenehmigung notwendig. Sie sollten sich also bei Ihrer örtlichen Baugenehmigungsbehörde erkundigen, ob Sie noch einen Widerspruch einlegen oder gleich vors Verwaltungsgericht gehen müssen, wenn Sie gegen den Bescheid der Behörde vorgehen wollen. Während sich im Widerspruchsverfahren viele Streitfälle kostengünstig erledigen, wird in Bayern der Bürger in ein unter Umständen kostspieliges Gerichtsverfahren gedrängt. Will sich ein Nachbar gegen ein Bauvorhaben auf dem angrenzenden Grundstück zur Wehr setzen, muss er also gleich klagen, ohne voraussehen zu können, wie das Verfahren ausgehen wird. Die Klage vor dem Verwaltungsgericht muss innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Bescheids erhoben werden. Eine Frist, die kurz bemessen ist: Kontaktiert der Bauherr, wie dies nicht selten vorkommt, erst kurz vor dem Ablauf der Rechtsmittelfrist einen Rechtsberater, bleibt diesem häufig nur noch die Möglichkeit, zur Wahrung der Frist Klage einzureichen. Dies führt dann zu einer Klage ins Blaue, ohne dass der Nachbar eine nähere Prognose über seine Erfolgsaussichten erhält. Gleichzeitig wird er für seine Klage bereits mit einem Gerichtskostenvorschuss zur Kasse gebeten. Viele Nachbarn nehmen da lieber gleich einen missliebigen Bau auf dem Nachbargrundstück in Kauf und verzichten völlig auf ihr Widerspruchsrecht. Begründet wird die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens mit einer schnelleren Entscheidung für den klagenden Nachbarn.

3.1 Wo der Nachbarschutz nicht gilt

Wenn sich der Nachbar durch ein Bauvorhaben auf einem angrenzenden Grundstück subjektiv beeinträchtigt fühlt, kann er sich nicht in jedem Fall dagegen wehren. Soweit Baurechtsvorschriften keine nachbarschützende Wirkung zukommt, weil sie im öffentlichen Interesse bestehen, muss er die Baumaßnahme dulden. Dies können zum Beispiel Vorschriften des Natur- und Denkmalschutzes sein oder Regelungen, die die bauliche Gestaltung einer Anlage betreffen. Sogar wenn dem Nachbarn durch das Bauvorhaben die freie Aussicht genommen wird, kann er sich nicht gegen das Bauvorhaben wehren, es sei denn, eine Grunddienstbarkeit wäre davon betroffen.

 
Praxis-Beispiel

Kein Recht auf schöne Aussicht

Eine Gemeinde stellte im Ortsrandbereich einen Bebauungsplan auf. Das Plangebiet war bisher unbebaut und wurde zum Bauland erklärt. Ein Eigentümer, der nun am Rand des Neubaugebiets wohnte, klagte gegen den Bebauungsplan. Doch umsonst. Es gibt kein Recht auf eine schöne Aussicht, entschieden die Richter des BVerwG[1] Niemand könne verlangen, dass ein fremdes Grundstück aus diesem Grund unbebaut bleibe.

Ebenso entschieden die Gerichte, wenn es darum geht, Einsichtsmöglichkeiten auf das eigene Grundstück vom Nachbarn aus zu unterbinden: Weder ist eine Abwehr gegen Einsichtsmöglichkeiten noch gegen eine Verschattung durch einen Neu- oder Anbau gegeben.

Ein Nachbar hat insbesondere keinen Anspruch darauf, dass ihm Freiflächen verbleiben, die den Blicken Dritter entzogen sind, entschied das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen.[2] In dem zu entscheidenden Fall genehmigte die zuständige Behörde die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit drei Wohneinheiten in einer Gemeinde in Nordrhein-Westfalen. Die Eigentümer des benachbarten und mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks erhoben gegen die Baugenehmigung Klage. Denn das Bauvorhaben führe zu einer Einsichtsmöglichkeit auf ihr Grundstück und es läge somit ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vor. Tatsächlich gewährten die im Bauvorhaben geplanten Fenster im ...

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