2.1 Einführung

Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz will den Wohnungseigentümern auch die Beschlusskompetenz zur Durchführung rein virtueller Wohnungseigentümerversammlungen verleihen. § 23 Abs. 2a Satz 1 WEG-E sieht insoweit vor, dass die Wohnungseigentümer mit einer Mehrheit von mindestens ¾ der abgegebenen Stimmen beschließen können, dass die Versammlungen innerhalb eines Zeitraums von längstens 3 Jahren ab Beschlussfassung ohne physische Präsenz der Wohnungseigentümer und des Verwalters an einem Versammlungsort stattfindet oder stattfinden kann. Die bereits bestehende Kompetenz zur einfachmehrheitlichen Beschlussfassung zur Ermöglichung der Online-Teilnahme an Präsenzversammlungen (Hybrid-Versammlung) soll unverändert bestehen bleiben. Die Wohnungseigentümer würden künftig also die Wahl haben, Eigentümerversammlungen in Präsenz, hybrid oder rein virtuell durchzuführen.

2.2 Erforderliche Mehrheit

Der Beschluss wird eine Mehrheit von mindestens ¾ der abgegebenen Stimmen erfordern. Abgestellt wird also, wie sonst auch, auf das Quorum der in der beschlussfassenden Versammlung anwesenden Wohnungseigentümer. Ebenso wie sonst auch, erfolgt die Abstimmung nach dem jeweils geltenden Stimmprinzip, also dem Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 WEG oder einem hiervon abweichend vereinbarten Stimmprinzip etwa nach Objekten oder Miteigentumsanteilen. Bei allem bleibt stets zu berücksichtigen, dass nach § 25 Abs. 1 WEG jede Versammlung beschlussfähig ist, soweit nur ein Eigentümer anwesend oder vertreten ist. Da lediglich auf die Mehrheit der in der Versammlung abgegebenen Stimmen abgestellt wird, könnte im Fall geringer Teilnahmezahl ggf. eine Minderheit die Einführung der virtuellen Wohnungseigentümerversammlung beschließen, so sie eben nur die 75 %-Grenze der in der Versammlung positiv abstimmenden Wohnungseigentümer erreicht. Anders als § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG sieht § 23 Abs. 2a WEG-E jedenfalls keine doppelte Qualifizierung vor, sondern nur eine einfache, weil die abgegebenen Stimmen nicht zugleich eine bestimmte Anzahl von Miteigentumsanteilen repräsentieren müssen.

2.3 Beschlussalternativen

Zunächst können die Wohnungseigentümer beschließen, für einen bestimmten Zeitraum – maximal 3 Jahre –, dass Eigentümerversammlungen als reine Online-Versammlungen durchzuführen sind. Präsenzversammlungen oder Hybridversammlungen sind dann nicht möglich. Freilich können die Wohnungseigentümer innerhalb dieses Zeitraums auch beschließen, dass Wohnungseigentümerversammlungen wieder hybrid durchgeführt werden, so dies ursprünglich beschlossen wurde, oder als reine Präsenzversammlungen, so nicht beschlossen worden war, die Eigentümerversammlungen hybrid durchzuführen.

Die Wohnungseigentümer können auch beschließen, dass Eigentümerversammlungen als rein virtuelle Versammlungen durchgeführt werden können. Durch Geschäftsordnungsbeschlüsse können sie die konkreten Details regeln. So könnte beispielsweise beschlossen werden, dass die ordentliche jährliche Eigentümerversammlung hybrid durchgeführt wird, während außerordentliche Eigentümerversammlungen virtuell durchgeführt werden. So dies nicht der Fall sein sollte, soll es nach den Vorstellungen des Gesetzgebers dann im Ermessen des Verwalters liegen, ob die Versammlung rein online oder als Präsenzversammlung durchgeführt werden. Soweit die Wohnungseigentümer bereits einen Beschluss gefasst haben über die Ermöglichung der Teilnahme in elektronischer Form, kann der Verwalter bestimmen, dass sie als Hybrid-Versammlung durchgeführt wird.

2.4 Höchst-Zeitraum

Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass Eigentümerversammlungen längstens für 3 Jahre rein virtuell durchgeführt werden.

Beispiel:

Die Wohnungseigentümer beschließen im Jahr 2024, dass Eigentümerversammlungen in den nächsten 3 Jahren rein virtuell durchgeführt werden. Betroffen sind dann die Jahre 2025, 2026 und 2027. Im Jahr 2028 muss eine Versammlung mit der Möglichkeit der Präsenzteilnahme durchgeführt werden.

Die Wohnungseigentümer können dann in der als Präsenz- oder, je nach Beschlusslage der jeweiligen Eigentümergemeinschaft, als Hybridversammlung im Jahr 2028 durchzuführenden Eigentümerversammlung erneut beschließen, dass Wohnungseigentümerversammlungen maximal beschränkt auf 3 Jahre wiederum rein virtuell durchgeführt werden. Auch dieser Beschluss bedarf einer Mehrheit von mindestens ¾ der abgegebenen Stimmen. Anknüpfend an obiges Beispiel können die Wohnungseigentümer diese Verlängerung aber nicht etwa in der im Jahr 2027 durchzuführenden virtuellen Eigentümerversammlung beschließen. Hierdurch würde die Regelung des § 23 Abs. 2a WEG-E unzulässig umgangen. Ein entsprechender dennoch in der virtuellen Eigentümerversammlung gefasster Beschluss wäre daher nichtig.

Auch wenn die Wohnungseigentümer für den Höchstzeitraum von 3 Jahren durch Beschluss geregelt haben, dass Eigentümerversammlungen virtuell durchzuführen sind, steht ihnen die Möglichkeit der Zweitbeschlussfassung dahingehend offen, wieder Präsenz- oder Hybrid-Versammlungen durchzuführen. Für einen derartigen Beschluss würde die einfache Me...

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