Zuschätzung: Döner-Preiskampf oder Kasse manipuliert?

Beim Schätzen bleibt man normalerweise im Ungefähren, ein harmloser Überschlag. Nicht so, wenn das Finanzamt im Spiel ist: Wer keine Steuererklärung abgibt oder bei einer Außenprüfung falsche Angaben macht, muss damit rechnen, dass das Finanzamt Umsätze schätzt – und vom denkbar ungünstigsten Fall ausgeht. Dass diese Schätzung auch für zurückliegende Jahre gelten kann, hat vor kurzem das Finanzgericht Hamburg entschieden.

Bei falscher oder fehlender Steuererklärung kann das Finanzamt schätzen

Wer nicht sowieso schon als Angestellter Lohnsteuer vom Gehalt abgezogen bekommt, muss spätestens nach Jahresende eine Steuererklärung abgeben. Das gilt auch für Gewerbetreibende und Selbstständige. Wer dieser Pflicht nicht nachkommt und auch nach mehrmaligen Aufforderungen und Zwangsgeldern des Finanzamts nicht reagiert, muss mit einer Schätzung der steuerlichen Grundlagen rechnen. Eine Schätzung, die für den Steuerpflichtigen meist zu einer höheren Steuerlast führt, weil der Finanzbeamte in der Regel vom Worst-Case-Szenario ausgeht – zumindest aus Sicht des Steuerzahlers. Eine Zuschätzung kann sich aber auch bei einer Betriebsprüfung ergeben – zum Beispiel dann, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Unternehmer Umsatz und Gewinn nicht korrekt angegeben hat.

Geschätzt werden darf auch für zurückliegende Jahre

Diese Schätzung darf das Finanzamt sogar auf zurückliegende Jahre anwenden. Das bestätigte jetzt das Finanzgericht Hamburg (Az. 2 K 31/15). Das Gericht musste sich mit einem besonders schillernden Fall in der Hamburger Döner-Szene befassen. Betroffen war hier ein Imbissbudenbetreiber, der Döner, aber auch Backwaren an einer Hamburger U-Bahn-Station verkaufte. Auslöser: eine anonyme Anzeige, wonach der betroffene Imbiss-Unternehmer nur die Hälfte seiner Fleischwaren in der Steuererklärung angebe und erhebliche Summen schwarz einnehme. Die Finanzverwaltung kam mit mehreren Außenprüfern, auch die Steuerfahndung wurde alarmiert. Ergebnis der Prüfung: Die Beamten stuften Kassenführung und Buchführung als mangelhaft ein, Warenlieferungen seien teilweise nicht erklärt und Umsätze nicht angegeben worden. Das Finanzamt entschloss sich direkt für mehrere Jahre rückwirkend den Umsatz höher zu schätzen.

Steuerpflichtige hält Nachkalkulation für unzutreffend

Der Imbissbuden-Betreiber hielt dagegen: Die Nachkalkulation sei nicht zutreffend. Zum einen sei die Portionsgröße der Döner nicht richtig ermittelt worden - nach Abzug von Schwund und Verderb seien aus einem Kilo Fleisch nur vier Döner zu gewinnen. Zum anderen habe er eine Tiefpreiskampagne starten müssen – mit einem niedrigeren Preis als auf der Speisekarte angegeben. Dönerkrieg und Gammelfleisch-Skandal hätten in den Jahren vorher zu erheblichen Umsatzeinbußen geführt. Schon allein deswegen seien die Jahre nicht vergleichbar.

FG geht von Kassenmanipulation aus

Das Finanzgericht jedoch war anderer Auffassung. Nach Ansicht der Richter lagen Beweise dafür vor, dass die Kassen manipuliert wurden. Der Kassenspeicher sei regelmäßig gelöscht worden – „in diesem Zusammenhang wurde eine handschriftliche Notiz mit dem Hinweis ‚Kasse nach Z-Bericht löschen nicht vergessen‘ gefunden“. Auch die Aufsummierung der Umsätze in der Kasse wurde demnach bewusst unterdrückt. Die Höhe der Tageseinnahmen dürfte nach Einschätzung des Gerichts daher wesentlich höher gewesen sein.

Darüber hinaus sahen die Richter keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von den Vorjahren wesentlichen unterschieden. Selbst dem Gammelfleisch-Skandal billigten die Richter keine Auswirkungen auf den Imbissbudenbetrieb zu – zumal der Unternehmer auch andere Speisen verkaufte. „Zudem hält die Schockwirkung bei Lebensmittelskandalen erfahrungsgemäß nicht lange an und die Kunden kehren alsbald zu ihrem bisherigen Konsumverhalten zurück.“ Was die nicht erklärten Fleischeinkäufe anging, hatten die Prüfer vorgesorgt: Sie hatten vorab testweise an der Imbissbude Döner gekauft – und den geschätzten Fleischanteil damit nachgewiesen.

Praxis-Tipp: Saubere Buchführung verringert Risiko einer Schätzung

Nach einer Außenprüfung schätzt das Finanzamt vor allem dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen nicht vorlegen kann oder diese gravierende Mängel aufweisen. Achten Sie also darauf, dass Ihre Buchführung so beschaffen ist, dass ein Dritter sich zügig einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage Ihres Unternehmens verschaffen kann.

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