Verzinsung von Steuerforderungen

Mit Schreiben vom 14.12.2018 hat das BMF auf die Rechtsprechung des BFH zu verfassungsrechtlichen Bedenken über die Höhe der Verzinsung von Steueransprüchen reagiert. Für Zinsfestsetzungen ab 01.04.2012 ist hiernach regelmäßig eine Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

Praxis-Hinweis: Anfechtung der Zinsfestsetzungen ist zu empfehlen

Nachdem der BFH in zwei Beschlüssen vom 25.04.2018 (IX B 21/18) und 03.09.2018 (VIII B 15/18) dargelegt hat, dass bei summarischer Prüfung erhebliche Bedenken an der Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 6% bereits seit April 2012 bestehen, akzeptiert die Finanzverwaltung diese Rechtsprechung nunmehr ausdrücklich (BMF, Schreiben v. 14.12.2018, IV A 3 - S 0465/18/10005-01). Sofern gegen Zinsbescheide, die den Zeitraum ab 01.04.2012 betreffen, Einspruch eingelegt wurde, ist einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung regelmäßig stattzugeben. Für Zeiträume vor dem 01.04.2012 hingegen ist eine Aussetzung der Vollziehung nur dann zu gewähren, wenn die Vollziehung für den Steuerpflichtigen eine unbillige Härte darstellt. Das heißt, für Zeiträume ab 01.04.2012 kann ohne Problem eine Aussetzung erlangt werden; sind die Zinsen bereits gezahlt, kann auch ein Antrag auf Erstattung dieser Zinsen gestellt werden. Steuerpflichtigen wird daher geraten, aktuell jede Zinsfestsetzung anzufechten und auch Zinsfestsetzungen der Vergangenheit dahingehend zu prüfen, ob bei diesen noch eine Änderungsmöglichkeit besteht.
In jedem Fall bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten. Eine gesetzliche Regelung zur Reduzierung des gesetzlichen Zinssatzes dürfte im Jahr 2019 auf den Weg gebracht werden. Auch stehen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts an, denen zentrale Bedeutung für die Vergangenheit zukommt.

Rechtliche Grundlagen

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen in verschiedenen Fällen einer nach § 238 AO normierten Verzinsung von 6% pro Jahr. Die wohl wichtigsten Fälle sind hierbei

  • die Aussetzungszinsen nach § 237 AO, die immer dann anfallen, wenn aufgrund eines Antrags des Steuerpflichtigen ein Steueranspruch im Rahmen eines Einspruchsverfahren ausgesetzt wird und
  • die sog. Vollverzinsung nach § 233a AO, die – verkürzt dargestellt – immer 15 Monate nach dem Ablauf eines Besteuerungszeitraums einsetzt.

Diese Zinshöhe von 6% steht angesichts des tatsächlichen Zinsniveaus bereits seit längerer Zeit erheblich in der Kritik. Nachdem die Finanzrechtsprechung diese Kritik zunächst nicht teilte, hat sich der BFH im Jahr 2018 auf die Seite der Kritiker geschlagen und in zwei zentralen Beschlüssen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken an der Zinshöhe von 6% geäußert. Dieser Kritik des BFH trägt das BMF jetzt Rechnung.

Zusammengefasst: Wesentliche Inhalte des BMF-Schreibens

Die wesentlichen Aspekte des BMF-Schreibens sind:

  • Der wesentliche Inhalt der beiden BFH-Entscheidungen wird durch das BMF akzeptiert. Für Zeiträume ab 01.04.2012 wird regelmäßig die Aussetzung der Vollziehung gewährt, wenn der Steuerpflichtige dies beantragt hat.
  • Allerdings betont die Finanzverwaltung, dass die Gewährung einer Aussetzung nicht die Anerkennung der Verfassungswidrigkeit bedeutet.
  • Die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit liegt allein beim Bundesverfassungsgericht.
  • Für Zeiträume vor dem 01.04.2012 ist eine Aussetzung nur im Einzelfall zu gewähren, da dem Interesse des Staates an einer geordneten Haushaltsführung in der Regel der Vorrang vor den Interessen des Steuerpflichtigen einzuräumen ist.

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