Verteilung größerer Aufwendungen bei Übertragung einer vermieteten Immobilie
Nach § 82b Abs. 1 EStDV kann ein Steuerpflichtiger größere Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden, die im Zeitpunkt der Leistung des Erhaltungsaufwands nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und überwiegend Wohnzwecken dienen, abweichend von § 11 Abs. 2 EStDV auf 2 bis 5 Jahre gleichmäßig verteilen.
Ausnutzen der Tarifprogression ermöglicht
Die Vorschrift ermöglicht u. a. eine bessere Ausnutzung der Tarifprogression, weil eine Verteilung des als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbaren Erhaltungsaufwands auf mehrerer Jahre steuerlich oft günstiger ist als die vollständige Absetzung im Jahr der Bezahlung. Problematisch ist, ob der unentgeltliche Erwerber des Gebäudegrundstücks den vom Rechtsvorgänger noch nicht verbrauchten Erhaltungsaufwand bei seinen eigenen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen kann.
Beispiel: Können noch nicht ausgenutzte Werbungskosten bei geschenktem Gebäude beim Erben angesetzt werden?
Frau M ist Eigentümerin eines vermieteten Wohnhauses. Im Kalenderjahr 2014 ließ sie die Heizung, Fenster und Türen des Gebäudes für 36.000 EUR erneuern. In Ihrer Einkommensteuererklärung 2014 hat sie beantragt, dass die Instandhaltungsaufwendungen gleichmäßig mit je 12.000 EUR auf die Jahre 2014 bis 2016 verteilt werden sollen. Bei den Veranlagungen 2014 und 2015 hat das Finanzamt je 12.000 EUR steuermindernd als Werbungskosten bei den Einkünften der M angesetzt. Mit Wirkung ab 1.1.2016 hat M das Gebäudegrundstück unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Tochter T übertragen, die den noch nicht verbrauchten Erhaltungsaufwand von 12.000 EUR in ihrer Steuererklärung 2016 als Werbungskosten bei ihren eigenen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen will.
Praxis-Hinweis: Erbe kann restlichen Aufwand in verbleibendem Verteilungszeitraum absetzen
Es dürfte u.E. keinen Zweifeln unterliegen, dass die unentgeltliche Übertragung des Gebäudes auf einen Dritten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, z. B. durch Erbfall, nicht zum Abbruch des Verteilungszeitraums führt. Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge tritt der Gesamtrechtsnachfolger materiell-rechtlich in die steuerrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein (BFH, Urteil v. 3.12.2002, IX R 64/99, BStBl 2003 II S. 590). Der Erbe kann dann den restlichen Aufwand in dem noch verbleibenden Verteilungszeitraum absetzen.
Ob diese Betrachtung auch für die unentgeltliche Einzelrechtsnachfolge aufgrund Schenkung gilt, ist nicht eindeutig. Das FG Münster vertritt in einer neuen Entscheidung die Auffassung, dass eine (intersubjektive) Übertragung von nach § 82b EStDV verteiltem Erhaltungsaufwand nicht zulässig ist. Eine ausdrückliche Regelung für die Überleitung von intertemporal verteiltem Erhaltungsaufwand auf einen Einzelrechtsnachfolger existiere - insbesondere in § 82b Abs. 2 EStDV - nicht. Verwaltungsseitig werde zwar zugelassen, dass der Rechtsnachfolger Erhaltungsaufwand noch in dem von seinem Rechtsvorgänger gewählten restlichen Verteilungszeitraum geltend machen kann. Diese norminterpretierende Verwaltungsvorschrift finde im Text von § 82b EStDV keine Grundlage und sei im Rahmen der Steuerfestsetzung nicht zu berücksichtigten (FG Münster, Urteil v. 15.4.2016, 4 K 422/15 E).
Praxis-Tipp: Einspruch einlegen und Verfahrensausgaben abwarten
Das FG Münster hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen. In einschlägigen Fällen sollte je nach Interessenlage Einspruch eingelegt und die weitere Entwicklung im Urteilsfall beobachtet werden. Die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens aus Zweckmäßigkeitsgründen sollte angeregt werden bis feststeht, ob Revision eingelegt wurde (§ 363 Abs. 2 Satz 1 AO). In diesem Fall ruht das Verfahren kraft Gesetzes (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO).
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