Inflation als Risikofaktor für Anleiheinvestoren
Die Definition der Preisniveaustabilität liegt laut Europäischer Zentralbank (EZB) bei einer jährlichen Inflationsrate von zwei Prozent. Genau dieses Ziel wird sowohl in Deutschland als auch innerhalb der Eurozone gemäß letzter Veröffentlichungen aktuell erreicht. Die EZB bemisst ihr Inflationsziel jedoch an der Preissteigerung exklusive Energie- und Lebensmittelpreisen, da diese als sehr schwankungsanfällig betrachtet werden.
Die Notenbankpolitik in Europa wird derzeit sehr kritisch beurteilt, da die Währungshüter vor der Herausforderung stehen, die derzeitigen Anleihekäufe mit der Beendigung des Ankaufprogrammes per Ultimo September 2018 einzustellen und die Kapitalmärkte behutsam auf die Zeit danach vorzubereiten. Mit Spannung wird zudem zu beobachten sein, wann die EZB ihrem US-amerikanischen Pendant folgt und die Zinsen erhöht.
Inflation verringert die zukünftige Kaufkraft
Doch wie genau wirkt die Inflation auf einen Anleger? Nehmen wir an, ein Sparer hat 50.000 EUR bei Seite gelegt und möchte sie derzeit vermeintlich risikolos anlegen. Da der risikolose Zins, beispielsweise anhand des EZB-Leitzinses, bei null Prozent liegt, erhält er entsprechend keine Rendite für sein Vermögen. Wird diese Überlegung fortgeführt und der Sparer würde sein Geld tatsächlich für einen Zeitraum von 20 Jahren ohne Rendite auf einem unverzinslichen Konto anlegen, wären vom ursprünglichen Betrag, in realer Kaufkraft bemessen, nachher nur noch 33.648,57 EUR übrig. Die Differenz in Höhe von 16.351,43 EUR stellt den Kaufkraftverlust dar. Innerhalb der unterstellten 20 Jahre erleidet der Sparer demnach Einbußen von knapp 33 Prozent. Führt man die obigen Gedanken fort, so wäre eine Rendite von zwei Prozent jährlich nötig, um die aktuelle Kaufkraft auch für die Zukunft zu erhalten, ohne einen realen Mehrwert zu generieren.
Investitionsrisiko nötig, um Kaufkraft zu erhalten
Wie bereits angedeutet, ist es zur Erzielung einer zweiprozentigen Rendite derzeit jedoch nötig, ein Investitionsrisiko einzugehen, denn der quasi risikolose Zins beträgt aktuell eben null Prozent. Zudem ist davon auszugehen, dass sich das generelle Zinsniveau während einer mittel- bis langfristigen Anlagephase vom aktuellen Niveau deutlich erhöhen wird. Demnach besteht über die entsprechende Laufzeit
- neben dem Inflations- und dem Bonitätsrisiko, was unvermeidlich ist, wenn derzeit eine positive Verzinsung beabsichtigt wird,
- zudem auch ein Zinsänderungs- bzw. Durationsrisiko (Risiko der Zinsänderung während der Kapitalbindungsdauer). Dieses ergibt sich beispielsweise in Form der Kursanpassung einer Anleihe, wenn Zinsen steigen und der Kurs der Anleihe unter das derzeitige Niveau fällt, obwohl die Bonität des Schuldners unverändert bleibt.
Durationsrisiko wirkt bei festverzinslichen Anleihen
Veranschaulichen lässt sich das Durationsrisiko anhand eines sehr stark vereinfachten Beispiels, einer zehnjährigen AAA-gerateten Anleihe, die derzeit eine Rendite nahe null Prozent aufweist. Die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer bzw. Duration dieser Anleihe beträgt demnach etwa zehn Jahre und entspricht somit der Anleihelaufzeit, da der Investor während der Laufzeit keine nennenswerten Rückflüsse durch Zinszahlungen erhält, welche die Kapitalbindungsdauer rechnerisch verkürzen würden. Steigt in diesem Fall der risikoadäquate Marktzins um einen Prozentpunkt, so fällt der Kurs der Anleihe um die Veränderung des Zinsniveaus, multipliziert mit der Duration. Der Anleihekurs notiert daher entsprechend etwa zehn Prozent unter dem Ursprungsniveau.
Floater können Durationsrisiko und Zinssensitivität von Anleiheinvestoren begrenzen
Die Inflation hängt demnach eng mit der Veränderung des Zinsniveaus zusammen, welches sich wiederum direkt auf Kurse festverzinslicher Anleihen auswirkt. Aus der Investorenperspektive ist bei steigender Inflation und analog steigendem Zinsniveau die Geldanlage in variabel verzinslichen Anleihen, sogenannten Floatern, ratsam. Diese passen ihre Verzinsung ratierlich an das Marktniveau an, weisen daher eine sehr kurze Kapitalbindungsdauer auf und sind somit, bei unterstelltem identischem Bonitätsrisiko, deutlich weniger zinssensitiv als langfristige Anleihen mit fixen Kuponzahlungen.
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