Tz. 791

 

§ 256a Währungsumrechung

Auf fremde Währung lautende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten sind zum Devisenkassamittelkurs am Abschlussstichtag umzurechnen. Bei einer Restlaufzeit von einem Jahr oder weniger sind § 253 Abs. 1 Satz 1 und § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 nicht anzuwenden.

1. Einleitung

a) Überblick

 

Tz. 792

Die Norm regelt die bilanzielle Behandlung von Fremdwährungsforderungen und Fremdwährungsverbindlichkeiten. § 244 HGB schreibt vor, dass der Jahresabschluss in EUR aufzustellen ist (§ 244 HGB). Demnach müssen auf fremde Währung lautende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten umgerechnet werden.

b) Entstehungsgeschichte

 

Tz. 793

Für Fremdwährungsverbindlichkeiten waren seit der Währungsumstellung der Briefkurs der Kurs für die Nachfrage in EUR, während der Geldkurs der Angebotskurs vom EUR war. Fremdwährungsforderungen waren nach überwiegender Auffassung unter Berücksichtigung von Imparitäts- und Realisationsprinzip zum Geldkurs umzurechnen. Der Gesetzgeber wollte mit § 256a HGB nunmehr zum einen für alle Unternehmen eine einheitliche Regelung schaffen, zum anderen die Währungsumrechnung vereinfachen.

c) Geltungsbereich

 

Tz. 794

Die Vorschrift gilt für alle bilanzierungspflichtigen Kaufleute. Sie ist in der geltenden Fassung gem. Art. 66 Abs. 3 EGHGB zwingend anzuwenden auf alle Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 beginnen. Eine frühere Anwendung ist gem. Art. 66 Abs. 3 Satz 6 EGHGB zulässig.

d) Rechtspolitische Diskussion und Entwicklungsperspektiven

 

Tz. 795

Auch wenn die Vorschrift erst 2009 mit dem BilMoG ins Gesetz aufgenommen wurde, war das Verfahren der Währungsumrechnung gängige Praxis. Änderungsbedarf wird von der Praxis derzeit nicht geltend gemacht.

2. Erläuterung

a) Gegenstand der Umrechnung

 

Tz. 796

Umzurechnen sind nur Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten. Andere Schulden (Rückstellungen, Eigenkapital) und RAPs sind nicht erfasst. RAPs führen nicht zu künftigen Mittelzu- oder abflüssen, Eigenkapital lautet nicht auf fremde Währung. Die Erwähnung von Rückstellungen hielt der Gesetzgeber für überflüssig, weil sie ohnehin zu jedem Stichtag neu zu bewerten und in diesem Zusammenhang zum Devisenkassakurs umzurechnen seien.[928] Zu jenem Zeitpunkt ging der Gesetzgeber aber noch davon aus, dass generell zum Kassakurs und nicht zum Kassamittelkurs umzurechnen sei. Diese Erleichterung kam erst später ins Gesetz. Rückstellungen wurden dann nicht nochmals angesprochen. Ob es sich hierbei um ein Versehen handelt, ist unklar, erscheint aber wahrscheinlich. Insofern wird man eine analoge Anwendung auf Rückstellungen befürworten können. Allein die Unsicherheit einer Verpflichtung vermag nicht zu erklären, warum ihre Höhe, die zu schätzen ist, anhand des Briefkurses statt des Mittelkurs festgestellt werden muss.[929]

[928] BT-Drucks. 17/10067, 62.
[929] A. A. ohne Begründung die h. M., vgl. Ballwieser, in: MüKo-HGB, § 256a HGB Rn. 4; Grottel/Leistner, in: BeckBilKo, § 256a HGB Rn. 39; Senger/Brune, in: MüKo-BilR, § 256a HGB Rn. 31 ff.

b) Umrechnungskurs

 

Tz. 797

Die Vorschrift regelt, dass Forderungen und Verbindlichkeiten, die auf fremde Währung lauten, zum Devisenkassamittelkurs umzurechnen sind. Hierbei handelt es sich um das arithmetische Mittel aus Devisenkassageldkurs und Devisenkassabriefkurs. Zum Geldkurs verkaufen Devisenhändler ausländische Währung am Markt, zum Briefkurs kaufen sie diese. Der Mittelkurs berechnet sich laufend daraus am Markt. Da nichts anderes bestimmt ist, müsste der Kurs maßgeblich sein, der um 24.00 Uhr des Abschlussstichtages bestand (§ 188 Abs. 1 BGB). Man wird es aber als zulässig ansehen können, den Kurs zu wählen, der von der EZB täglich um 14.15 Uhr bekanntgeben wird.[930] Wechselkursschwankungen wirken wertbegründend, nicht wertaufhellend; Änderungen nach dem Abschlussstichtag, aber vor Auf- bzw. Feststellung, sind daher nicht zu berücksichtigen.[931]

[930] Jonas/Elprana, in: Heidel/Schall, HGB, § 256a HGB Rn. 12.
[931] Wohl auch Küting/Mojadadr, in: HdR, § 256a HGB Rn. 25 f.

c) Zugangs- und Folgebewertung

 

Tz. 798

Unklar ist, ob die Regelung nur für die Folgebewertung oder auch für die Zugangsbewertung gilt. Der Wortlaut gebietet lediglich die Umrechnung im Rahmen der Folgebewertung zum Devisenkassamittelkurs. Daraus schließen zahlreiche Autoren, dass die Zugangsbewertung nach allgemeinen Regeln stattzufinden habe. Sie wollen daher die o. g. Differenzierung nach Brief- und Geldkurs im Rahmen der Zugangsbewertung beibehalten.[932] Ausnahmen sollen dann zulässig sein, wenn – wie im Regelfall – Brief-, Geld- und Mittelkurse nicht signifikant voneinander abweichen. Ob der Gesetzgeber dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis gewollt hat erscheint nicht zwingend. Es gibt Anhaltspunkte, dass er zur Vereinfachung auch die Zugangsbewertung erfasst sehen[933] und dabei die Unterscheidung zwischen Geld- und Briefkurs abschaffen wollte.[934] Deshalb wird hier die Auffassung vertreten, dass Zugangs- und Folgebewertung der Devisenkassamittelkus gilt.

[932] Grottel/Leistner, in: BeckBilKo, § 256a HGB Rn. 34; Roß, WPg 2012, 18, (19 ff.); Senger/Brune, in: MüKo-BilR, § 256a HGB Rn. 20.
[933] BT-Drucks. 16/10067, 62 i. V. m. BT-Drucks. 16/12407, 86.
[934] BT-Drucks. 16/12407, 86.; i.Erg. auch Kütin...

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