Tz. 656

Das "normale" Bilanzierungsregelwerk beruht auf der Abbildung von Leistungen und Gegenleistungen. Bei öffentlichen Zuwendungen fehlt es aber meist an einer Gegenleistung infolge der besonderen Ausgestaltung der öffentlichen Hilfe. Eine prinzipienorientierte Integration bzw. Abbildung von Sachverhalten, die einer öffentlichen Zuwendung zugrunde liegen, soll IAS 20 gewährleisten.

 

Tz. 657

Öffentliche Zuwendungen sind zu erfassen, wenn eine angemessene Sicherheit besteht, dass das Unternehmen

  • die Bedingungen erfüllen wird und
  • die Zuwendungen von der öffentlichen Hand gewährt werden (IAS 20.7).

Das erste Kriterium liegt im Ermessen des Unternehmens und ist erfüllt, wenn z. B. die Hauptbedingung nahezu als erbracht gilt. Das zweite Kriterium ist differenzierter zu betrachten:

  • Zuwendungen mit Rechtsanspruch: Erfüllung der auferlegten Bedingungen begründet die Zuwendungsgewährung
  • Zuwendungen ohne Rechtsanspruch: Ansatz bei Vorliegen des Bewilligungsbescheids

Kommt es zum Zufluss von Zahlungsmitteln vor Bestehen einer angemessenen Sicherheit der Erfüllung der Bedingungen, ist die Zuwendung zunächst erfolgsneutral als Verbindlichkeit gegenüber dem Zuwendungsgeber zu verbuchen. Der Zufluss einer Zuwendung stellt für sich allein keinen Hinweis dar, dass die Bedingungen erfüllt wurden oder in der Zukunft erfüllt werden (IAS 20.8). Im Zusammenhang mit öffentlichen Zuwendungen können sich auch Eventualforderungen und -schulden i. S. v. IAS 37 ergeben (IAS 20.11).

Die Art der Gewährung der Zuwendung (Barzahlung oder Erlass einer Verbindlichkeit) hat keinen Einfluss auf den Bilanzierungsansatz der Zuwendung (IAS 20.9).

Im Hinblick auf die Bilanzierung des Erlasses eines Darlehens infolge der Qualifikation als öffentliche Zuwendung, wird das Darlehen nicht mehr als Schuldposten ausgewiesen, sobald eine angemessene Sicherheit besteht, dass das Unternehmen die Bedingungen für den Erlass erfüllen wird (IAS 20.10).

 

Tz. 658

Bei der Bilanzierung von Darlehen der öffentlichen Hand zu einem geringeren Zinssatz als marktüblich ist Folgendes zu beachten:

  • Der Vorteil der Gewährung eines Kredits zu einem unter dem Marktzinssatz liegenden Zinssatz ist als öffentliche Zuwendung zu behandeln.
  • Für die Bilanzierung des Darlehens gilt der Regelungsgehalt von IAS 39.

Der Vorteil eines öffentlichen Darlehens zu einem unter dem Marktzins liegenden Zinssatz wird wie eine Zuwendung der öffentlichen Hand behandelt (IAS 20.10 A). Der Zinsvorteil ergibt sich beim Zugang als Differenz zwischen dem nach den Regelungen von IAS 39.43 zu ermittelnden Buchwert auf Basis des marktüblichen Zinssatzes und dem erhaltenen Betrag auf Basis des gewährten, unter Marktzinsniveau liegenden Zinssatzes. Dieser Vorteil ist nach IAS 20 zu bilanzieren. Bei der Identifikation der Aufwendungen, welche durch den Vorteil kompensiert werden sollen, sind die Bedingungen und Pflichten zu berücksichtigen, die erfüllt wurden bzw. noch zu erfüllen sind.

 

BEISPIEL

Unternehmen U erhält ein Investitionsdarlehen der öffentlichen Hand i. H. v. 1 Mio. EUR mit einem unter dem marktüblichen Niveau liegenden Zinssatz. Der Barwertvorteil beträgt 250.000 EUR.

Der Ansatz des Darlehens erfolgt zwingend zum fair value gem. IAS 39, d. h. zum Barwert von 750.000 EUR (Zinsaufwand 250.000 EUR durch Aufzinsung über die Laufzeit).

 

Tz. 659

Eine öffentliche Zuwendung ist auf einer systematischen Grundlage GuV-wirksam zu erfassen. Dem matching principle folgend erfolgt die Erfassung über den Periodisierungszeitraum, in dem die Aufwendungen erfasst werden, die durch die Zuwendung kompensiert werden sollen (IAS 20.12).

 

Tz. 660

Bei einer Investitionszuwendung für die Anschaffung bzw. Herstellung eines planmäßig (linear) abzuschreibenden langfristigen Vermögenswerts ist die Zuwendung in der Periode GuV-wirksam zu erfassen, in der die planmäßige Abschreibung von diesem Vermögenswert erfasst wird (IAS 20.17).

Gilt die Investitionszuwendung einem nicht planmäßig abzuschreibenden Vermögenswert und ist die Gewährung an die Erfüllung bestimmter Pflichten gebunden, erfolgt die GuV-wirksame Erfassung in den Perioden, in denen die Aufwendungen für die Erfüllung der Pflichten eintreten (IAS 20.18).

 

Tz. 661

Wird die Zuwendung hingegen für bereits erfasste Aufwendungen gewährt oder dient diese als sofortige finanzielle Unterstützung ohne Bezug zu künftigen Aufwendungen, ist in der Periode, in der der Anspruch entsteht eine GuV-wirksame Erfassung geboten (IAS 20.20).

 

Tz. 662

Bei Zuwendungen in der Form der Übertragung nicht-monetärer Vermögenswerte (z. B. Grund und Boden) gilt ein Wahlrecht bei der Erstbewertung (IAS 20.23):

  • Entweder Ansatz des Vermögenswerts und der Zuwendung mit dem beizulegenden Zeitwert des Vermögenswerts oder
  • Ansatz des Vermögenswerts und der Zuwendung mit einem symbolischen Wert.
 

Tz. 663

Werden Bedingungen, unter welchen die Zuwendung gewährt wurde, verletzt, kann eine Verpflichtung zur Rückzahlung der Zuwendungen entstehen. Die Rückzahlungsverpflichtung stellt eine Schätzungsänderung dar (IAS 20.32 i....

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