Tz. 534

Rückstellungen (provisions) stellen im Grundsatz einen mit Unsicherheit belasteten Posten dar. Nach der statischen Interpretation sind sie – i. S. e. vollständigen Schuldenausweises – zum Bilanzstichtag als Schulden gegenüber Dritten auszuweisen, die zwar hinsichtlich ihrer Höhe, ihres zeitlichen Anfalls und/oder ihrer Existenz unsicher sind, trotzdem aber mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden. Unterstellt man eine dynamische Interpretation, steht die periodengerechte Erfolgsermittlung im Fokus der Betrachtung. Entsprechend sollen Aufwendungen und Erträge der Periode zugerechnet werden, in der sie tatsächlich verursacht werden, auch wenn etwaige Auszahlungen erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden werden. Diese Interpretation geht über die statische Sichtweise hinaus und bezieht auch Selbstverpflichtungen des Unternehmens i. S. so genannter Aufwandsrückstellungen mit ein. Die IFRS folgen weitestgehend der statischen Rückstellungsinterpretation. So stehen Rückstellungen mit Verpflichtungscharakter gegenüber Dritten stets den Aktiva des Unternehmens gegenüber, die zu ihrer Begleichung zur Verfügung stehen (sog. Schuldendeckungsprinzip). Aufwandsrückstellungen belasten die Aktiva zum Bilanzstichtag hingegen i. d. R. nicht, da sie als Verpflichtungen des Unternehmens sich selbst gegenüber nicht mehr anfallen, wenn die Unternehmensfortführung nicht gewährleistet ist.[604]

 

Tz. 535

Diesem Unsicherheitsgedanken trägt das IASB in der Formulierung der Zielsetzung des IAS 37 Rechnung. So soll die Anwendung des Standards sicherstellen, dass angemessene Ansatzkriterien, Bewertungsgrundlagen und Ausweisvorschriften auf Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderungen angewandt werden. Außerdem soll der Abschlussadressat durch entsprechende Anhangangaben in die Lage versetzt werden, Art, Fälligkeit und Höhe der genannten Posten zu beurteilen.

 

Tz. 536

Daneben regelt IAS 19 primär die Bilanzierung von Leistungen für Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere solche, die auf die betriebliche Altersversorgung zurückgehen (employee benefits; IAS 19.26–.152). Hierbei geht IAS 19 insbesondere auf die verschiedenen Arten der Bilanzierung der betrieblichen Altersversorgung sowie die Bewertung durch den Arbeitgeber ein.

Der Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen nach IAS 19 liegt der Gedanke der periodengerechten Aufwandsverteilung zugrunde. Die zugesagten Leistungen sind den Perioden zuzuordnen, in denen der Arbeitnehmer den Anspruch durch Erbringung einer eigenen Leistung erdient. Aufgrund der zeitlichen Divergenz von Zeitpunkt der Erdienung durch den Arbeitnehmer und der Leistung durch den Arbeitgeber kommt der Ansammlung der Rückstellung in zeitlicher Dimension eine besondere Bedeutung zu. Im Sinne des asset liability approach[605] sind die bestehenden Pensionsverpflichtungen mit dem vollen Verpflichtungsumfang zu bilanzieren. Abzubilden ist daher die tatsächliche Vermögenslage des Unternehmens. Für die bilanzielle Abbildung scheidet die Vornahme einer Glättung aus. Zur Vermeidung einer Volatilität in der Stromgrößenrechnung ist für die bilanzielle Abbildung zwischen einer ergebniswirksamen und -neutralen Dotierung zu unterscheiden.

[604] Stellvertretend Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss, 425.
[605] Schulz, IRZ 2008, 179 (180).

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