Tz. 201

Die Schwellenwerte müssen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren über- oder unterschritten werden. Rumpfgeschäftsjahre sind volle Geschäftsjahre.[312] Das Kriterium zweier aufeinander folgender Geschäftsjahre soll Zufälligkeiten in der Einordnung verhindern. Es kommt aber nicht darauf an, dass ein bestimmtes Kriterium in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren über- oder unterschritten wird, sondern dass eine Gesellschaft in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren überhaupt eine bestimmte Einordnung erfährt.[313]

 

BEISPIEL

Die X-GmbH hat eine Bilanzsumme von etwas unter 6 Mio. EUR und eine durchschnittliche Arbeitnehmerzahl von bislang etwa 45 Arbeitnehmern. Die Umsatzerlöse übersteigen jedes Jahr deutlich die Grenze von 12 Mio. EUR. Es handelt sich bislang um eine kleine Kapitalgesellschaft. Im Jahr 05 steigt die Arbeitnehmeranzahl auf durchschnittlich 52, geht aber im Jahr 06 wieder auf durchschnittlich 48 zurück. Im Jahr 06 steigt aber die Bilanzsumme auf über 6 Mio. EUR. Im Jahr 05 führen Umsatzerlöse und Arbeitnehmeranzahl und im Jahr 06 Umsatzerlöse und Bilanzsumme zur Einordnung als mittelgroße Kapitalgesellschaft. Ab dem Jahr 06 ist sie eine mittelgroße Kapitalgesellschaft und muss ihren JA zwingend prüfen lassen.

Die Einordnung geschieht mit dem zweiten Jahr des Über- oder Unterschreitens der Schwellenwerte. Im obigen Beispiel gilt die X-GmbH daher nicht noch für das Jahr 06 als kleine Kapitalgesellschaft und erst ab dem Jahr 07 als mittelgroße, sondern vielmehr ist bereits ab dem Jahr 06 eine entsprechende Einordnung vorzunehmen.[314]

 

Tz. 202

Schwanken die Schwellenwerte extrem in beide Richtungen, kann gleichwohl immer nur eine solche Kapitalgesellschaft vorliegen, die an zwei Abschlussstichtagen hintereinander in gleicher Weise eingeordnet werden kann. Übersteigt eine bislang kleine Kapitalgesellschaft im Jahr 02 die Schwellen zur mittelgroßen, im Jahr 03 die zur großen und im Jahr 04 die zur mittelgroßen Kapitalgesellschaft, liegt im Jahr 02 eine kleine Kapitalgesellschaft, im Jahr 03 eine mittelgroße und im Jahr 04 ebenfalls eine mittelgroße Kapitalgesellschaft vor.[315] Beim einmaligen Vorliegen einer kleinen Kapitalgesellschaft ist immer zugleich die mittelgroße Kapitalgesellschaft gegeben. Eine bislang große Kapitalgesellschaft unterschreitet im Jahr 02 die Schwellenwerte zur mittelgroßen, im Jahr 03 zur kleinen und in den Jahren 04 und 05 wieder zur großen. Im Jahr 02 liegt wegen des erstmaligen Unterschreitens immer noch eine große Kapitalgesellschaft vor, im Jahr 03 liegt aber bereits nur noch eine mittelgroße vor, weil die Kriterien für die große Kapitalgesellschaft in zwei Jahren hintereinander unterschritten worden sind. Im Jahr 04 sind erstmals wieder die Schwellenwerte zur großen Kapitalgesellschaft überschritten, sodass noch eine mittelgroße vorliegt. Ab dem Jahr 05 handelt es sich endgültig wieder um eine große Kapitalgesellschaft.

[312] Reiner, in: MüKo-HGB, § 267 HGB Rn. 15.
[313] Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 267 HGB Rn. 14.
[314] Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 267 HGB Rn. 9.
[315] Weitere Beispiele bei Suchan, in: MüKo-BilR, § 267 HGB Rn. 20.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge