Rn. 7

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Gemäß § 175 Abs. 1 AktG entscheidet die ordentliche HV über die Gewinnverwendung. Mangels abweichender Regelung beschließt die HV mit einfacher Stimmenmehrheit (vgl. § 133 Abs. 1 AktG). Mit Beschlussfassung wandelt sich der Anspruch der Aktionäre auf die Herbeiführung eines Gewinnverwendungsbeschlusses in einen Anspruch auf Dividendenzahlung, der ein unentziehbares, sofort fälliges (vorbehaltlich anderweitiger Beschlussfassung oder Satzungsregelung) und selbständig verkehrsfähiges (d. h. bspw. abtretbares und pfändbares) Gläubigerrecht darstellt (vgl. HdR-E, AktG §§ 58, 150, Rn. 1ff.; überdies ADS (1997), § 174 AktG, Rn. 20; AktG-GroßKomm. (2006), § 174, Rn. 14; Hüffer-AktG (2020), § 174, Rn. 4).

 

Rn. 8

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Die HV kann i. R.d. Gewinnverwendung folgende Verwendungsmöglichkeiten beschließen:

(1) die Ausschüttung,
(2) die Einstellung in Gewinnrücklagen und
(3) den Vortrag des Gewinns auf neue Rechnung.

Die HV ist grds. insoweit frei und nicht an den Vorschlag des Vorstands und des AR gebunden (zu Grenzen der Beschlussfassung vgl. HdR-E, AktG § 174, Rn. 6). In der Praxis der HV wird jedoch fast durchweg dem Vorschlag der Verwaltung gefolgt. Da der Beschluss nach § 174 Abs. 3 AktG nicht zu einer Änderung des festgestellten JA führt, muss der Gewinnverwendungsbeschluss als Beleg über die konkrete Erfassung des Geschäftsvorfalls dienen und daher sowohl in der Genauigkeit als auch im Detaillierungsgrad dem Vorschlag der Verwaltung entsprechen (vgl. AktG-GroßKomm. (2006), § 174 AktG, Rn. 18; Hüffer-AktG (2020), § 174, Rn. 6).

I. Bilanzgewinn (Nr. 1)

 

Rn. 9

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Die Position (vgl. § 174 Abs. 2 Nr. 1 AktG) entspricht dem in Bilanz (vgl. § 268 Abs. 1 Satz 2) bzw. GuV (vgl. § 158 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AktG) auszuweisenden Betrag. Der Bilanzgewinn versteht sich dabei einerseits als Kontroll- und andererseits als Ausgangsgröße für die sich anschließenden Gewinnverwendungsmaßnahmen (vgl. AktG-GroßKomm. (2006), § 174, Rn. 21).

II. An die Aktionäre auszuschüttender Betrag oder Sachwert (Nr. 2)

 

Rn. 10

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Die Dividende wird in der Praxis meist als Bezugsgröße zum Aktiennennbetrag angegeben. Bei der Gewinnverteilung ist § 60 AktG zu beachten. Trotz des grds. Anspruchs der Aktionäre nach § 58 Abs. 4 AktG kann dabei die Anspruchslage für einzelne Aktionäre oder Aktionärsgruppen unterschiedlich sein (z. B. im Fall von Aktien verschiedener Gattungen und/oder der Nichtausübung von Rechten; vgl. ADS (1997), § 174 AktG, Rn. 30). Bei gemeinnützigen AG, KGaA bzw. SE ist aufgrund von § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO (Gebot der Selbstlosigkeit) die Ausschüttung ausgeschlossen bzw. begrenzt (vgl. ADS (1997), § 174 AktG, Rn. 31; AktG-GroßKomm. (2006), § 174, Rn. 13).

 

Rn. 11

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Nach dem bis zum 31.12.2000 in Deutschland gegoltenen körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren (zur UN-Steuerreform ab 01.01.2001 vgl. Bareis, in: FS Brönner (2000), S. 1ff.) wurde unter § 174 Abs. 2 Nr. 2 AktG keine nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG (a. F.) anrechenbare KSt erfasst. Über die anrechenbare KSt war eine entsprechende Bescheinigung (vgl. §§ 44f. KStG (a. F.)) auszustellen, ein Anspruch auf ein KSt-Guthaben bestand dabei nicht, zumal nach Verwendungsfiktion und -reihenfolge des KStG auch Ausschüttungen aus steuerfreiem EK erfolgen konnten (z. B. EK 01; vgl. ADS (1997), § 174 AktG, Rn. 34).

 

Rn. 12

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Durch das sog. Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG) vom 19.07.2002 (BGBl. I 2002, S. 2681ff.) wurde mit § 58 Abs. 5 AktG das Instrument der Sachdividende ausdrücklich zugelassen, wobei jene Regelung davon ausgeht, dass der Normalfall die Barausschüttung ist (vgl. BT-Drs. 14/8769, S. 12). Insoweit muss dies auch bei der Gewinnverwendung in der Beschlussfassung aufgenommen werden (vgl. zur Sachdividende HdR-E, AktG §§ 58, 150, Rn. 27).

III. In Gewinnrücklagen einzustellende Beträge (Nr. 3)

 

Rn. 13

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Die Zuführung in die Gewinnrücklagen (vgl. § 174 Abs. 2 Nr. 3 AktG) aus dem Jahresüberschuss fällt in den Zuständigkeitsbereich des Vorstands (vgl. § 272 Abs. 3; § 58 Abs. 2 AktG) und ist bereits bei der Aufstellung des JA (vgl. § 270 Abs. 2) zu berücksichtigen (vgl. ausführlich HdR-E, AktG §§ 58, 150, Rn. 1ff.). § 174 AktG umfasst dabei nur diejenigen Einstellungen, die die HV gemäß § 58 Abs. 3 Satz 1 AktG aus dem Bilanzgewinn vornehmen kann (sog. zusätzliche Rücklagendotierung).

 

Rn. 14

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Weitere Einstellungen in die Gewinnrücklagen konnten zu einer Erhöhung oder Minderung des KSt-Aufwands führen, solange – wie bis zum 31.12.2000 – ein gespaltener KSt-Tarif für thesaurierte (40 %) und ausgeschüttete Gewinne (30 %) galt. Unterschied sich also die Beschlussfassung der HV vom Gewinnverwendungsvorschlag der Verwaltung, so hing die Ver­änderung von der jeweiligen KSt-Belastung der als verwendet gegoltenen EK-Anteile (vgl. §§ 29f. KStG) ab (vgl. ausführlich mit Beispiel AktG-GroßKomm. (2006), § 174, Rn. 28ff.).

IV. Gewinnvortrag (Nr. 4)

 

Rn. 15

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Ein Gewinnvortrag (vgl. § 174 Abs. 2 Nr. 4 AktG) entsteht, wenn ein Bilanzgewinn nicht im volle...

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