Rn. 15

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Die HB enthält nicht nur VG, sondern auch Posten, die der Aktivseite zurechenbar sind, ohne dass sie die Eigenschaften eines VG aufweisen; dazu gehören die RAP, aktive latente Steuern sowie der aktive Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung. Bei den Posten der Rechnungsabgrenzung wird eine Ausnahme davon gemacht, dass für die Bilanzierung ein VG erforderlich ist, die deshalb zu Stande kommt, weil die RAP eine Erfolgsperiodisierung in genau bestimmten Fällen bewirken sollen (vgl. MünchKomm. AktG (1973), § 152, Rn. 90; zu den einzelnen Voraussetzungen HdR-E, HGB § 250, Rn. 62ff.). Sieht man die Bilanz im derzeitigen Rechtssinne unter Berufung auf § 242 Abs. 1, der eine Gegenüberstellung des Vermögens und der Schulden fordert, in erster Linie als statische Bilanz an (vgl. dahingehend Bieg (1977), S. 233), dann kann die Rechnungsabgrenzung als bewusste Durchbrechung der grds. statischen Auffassung interpretiert werden, "um eine Periodisierung bestimmter Ausgaben (und Einnahmen) zu erreichen. Der Rechnungsabgrenzungsposten stellt somit einen Kompromiss dar, der je nach konkreter Auslegung mehr oder weniger Periodisierung ermöglicht bzw. vorschreibt" (Kussmaul (1987), S. 111). Auf der Basis der engen Voraussetzungen für die Bildung eines RAP wird der Qualifikation als RAP einerseits lediglich eine Gliederungsfunktion zugesprochen (vgl. Müller-Dahl (1979), S. 129f.), andererseits wird unter Hinweis auf den Zweck der periodengerechten Gewinnermittlung sein besonderer Charakter hervorgehoben und darauf hingewiesen, dass in bestimmten Fällen ein RAP auch die Eigenschaft eines VG oder einer Schuld erfüllt (vgl. ferner Beck-HdR, B 131 (2019), Rn. 53ff.). Die Hauptfunktion der RAP ist nach derzeitiger Handhabung die Periodisierung bestimmter Zahlungen, so dass sie mit Recht als gesonderte Posten angesehen werden. Auch wenn derzeit bestimmte Sachverhalte, die die Eigenschaft eines VG erfüllen, als RAP zum Ausdruck kommen, spricht dies nicht gegen die Sonderrolle von RAP, die eigentlich der Erfolgsperiodisierung bestimmter Sachverhalte dienen sollten, die gerade keinen VG darstellen (vgl. dazu Kussmaul (1987), S. 113).

 

Rn. 16

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Neben dem Vorliegen eines RAP konnte vor Geltung des BilMoG auch dann ein bilanzierungsfähiger Sachverhalt ohne das Vorliegen eines VG bzw. einer Schuld gegeben sein, sofern eine Bilanzierungshilfe gegeben war. RAP konnten nach damaliger Ansicht infolge ihrer engen Abgrenzung klar von den Bilanzierungshilfen unterschieden werden (vgl. nur Dziadkowski, BB 1980, S. 1515 (1517)). Letztere wurden i. R.d. HB in erster Linie zur Vermeidung einer bilanziellen Überschuldung respektive als Ausschüttungs- bzw. Ausschüttungssperrhilfen verwendet (vgl. HdJ, Abt. II/2 (2017), Rn. 32; Müller-Dahl (1979), S. 131ff.). Da die Anwendung solcher Bilanzierungshilfen nicht auf bestimmte Ausnahmefälle (wie z. B. Verlustsituationen) beschränkt war, sah sie Müller-Dahl zu Recht als "Hilfen zur Erfolgsermittlung im Sinne des erzielten Erfolges" (Müller-Dahl (1979), S. 133). Zu den Bilanzierungshilfen auf der Aktivseite zählten in erster Linie die Aufwendungen für die Ingangsetzung und die Erweiterung des Geschäftsbetriebes nach § 269 (a. F.), die Abgrenzungen für latente Steuern nach § 274 Abs. 2 (a. F.) sowie – trotz des Ausweises unter den VG – der derivative GoF. Im Zuge des BilMoG wurde die Möglichkeit der Aktivierung von Bilanzierungshilfen jedoch ersatzlos gestrichen. In der RegB wurde artikuliert, dass es sich bei aktiven latenten Steuern weder um einen VG noch um einen RAP noch um eine Bilanzierungshilfe handelt; vielmehr liege hier ein "Sonderposten eigener Art" vor (vgl. BR-Drs. 344/08, S. 101). Deshalb sind aktive latente Steuern jetzt auch im Falle einer Aktivierung unter dem Posten "Aktive latente Steuern" an vorletzter Stelle der Aktivseite der Bilanz auszuweisen (vgl. § 266 Abs. 2 D.).

An letzter Stelle der Aktivseite der Bilanz ist schließlich der aktive Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung verortet (vgl. § 266 Abs. 2 E.). Ein Ausweis unter diesem Posten stellt keinen VG, sondern vielmehr einen Verrechnungsposten dar, der dann entsteht, wenn bei Anwendung des § 246 Abs. 2 Satz 2 (1. Halbsatz) der beizulegende Zeitwert des sog. Planvermögens den Betrag der zu verrechnenden Schulden übersteigt (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 266 HGB, Rn. 162). In diesem Fall ist der übersteigende Betrag nach § 246 Abs. 2 Satz 3 unter einem gesonderten Posten – dem "[A]ktive[n] Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung" – zu aktivieren.

Auch wenn der GoF in der Bilanzgliederung des § 266 Abs. 2 zu den immateriellen VG gezählt wird, und obwohl er nach § 255 Abs. 4 Satz 3 (a. F.) auch planmäßig auf seine voraussichtliche Nutzungsdauer verteilt werden konnte, war seine Qualifikation als VG mit den vor Geltung des BilMoG maßgebenden Bilanzierungsgrundsätzen nicht zu vereinbaren (vgl. dazu und zum Folgenden auch HdB (2020), Stichwort-Nr. 146, Rn. 32f.). Ab...

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