Rn. 191

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Wie oben bereits angedeutet, ist ein solcher Überschuss bilanztechnisch nicht möglich; die Summe der Aktivposten entspricht stets der Summe der Passivposten. Im Hinblick auf den Regelungsinhalt des § 268 Abs. 3, die Entstehungsursachen für einen nicht durch EK gedeckten Fehlbetrag aufzuzeigen, ist jedoch davon auszugehen, dass mit der Formulierung "Passivposten" sämtliche Posten der Passivseite mit Ausnahme der EK-Posten gemeint sind, während mit der Formulierung "Aktivposten" sämtliche Posten der Aktivseite mit Ausnahme des nicht durch EK gedeckten Fehlbetrags angesprochen sind.

Die Bilanz und GuV als Instrument, in dem die Aufwendungen und Erträge erfasst werden, stehen in einem Interdependenzverhältnis, d. h., dass der Überschuss der im obigen Sinn abgegrenzten Passivposten über die Aktivposten stets dann eintritt, wenn Verluste in einem Maße bilanziell erfasst worden sind, dass das EK aufgebraucht ist. Dies bedeutet, dass der Überschuss der Passiv- über die Aktivposten mit dem Verlust als Entstehungsursache für den auf der Aktivseite zu zeigenden Fehlbetrag identisch ist. Da jedoch im ersten Halbsatz in § 268 Abs. 3 nicht zweifelsfrei der zweite Tatbestand lediglich als nähere Erläuterung der zuerst genannten Situation verstanden werden kann, stellt sich die Frage, ob ein solcher Überschuss der Passiv- über die Aktivposten noch eine andere Ursache als die Verlustsituation haben kann. Ebenfalls zu einem derartigen Überschuss der Passiv- über die Aktivposten können Gewinnausschüttungen führen. Da jedoch Gewinnausschüttungen nur möglich sind, soweit Gewinne erwirtschaftet wurden, ist diese Ursache letztlich mit der Verlustsituation bereits erfasst. Die Gewinnausschüttungen haben lediglich dazu geführt, dass in früheren Jahren erwirtschaftete Gewinne nicht mehr zur Verlustabdeckung zur Verfügung stehen und somit der Ausweis eines nicht durch EK gedeckten Fehlbetrags bereits eher erforderlich wird.

Darüber hinaus kann ein Überschuss der Passiv- über die Aktivposten auch bei nachfolgendem Beispiel entstehen.

 

Rn. 192

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Zur Verdeutlichung wird im nachfolgenden Zahlenbeispiel erneut auf die infolge von BilMoG geänderte bilanzielle Behandlung der ausstehenden Einlagen zurückgegriffen. Es wird deutlich, dass im Falle der verpflichtenden saldierten Darstellung der ausstehenden Einlagen mit dem gezeichneten Kap. tendenziell der Ausweis eines nicht durch EK gedeckten Fehlbetrags eher gegeben ist als im Fall eines getrennten Ausweises, wie es i. R.d. früher zulässigen Ausweiswahlrechts möglich gewesen ist.

Dem Beispiel kann entnommen werden, dass bei der zweiten Abbildungsvariante i. S. d. derweil verpflichtenden Nettoausweises eigentlich der Ausweis eines nicht durch EK gedeckten Fehlbetrags erforderlich wird, obgleich bei beiden Bilanzierungsalternativen der gleiche Sachverhalt abgebildet wird. Jene – die Vergleichbarkeit von JA beeinträchtigenden uneinheitlichen – Ausweismöglichkeiten von ausstehenden Einlagen sind durch die Abschaffung des Ausweiswahlrechts im Zuge des BilMoG obsolet (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 65f.). Damit kann festgehalten werden, dass die mit der Neufassung des § 272 bezweckte Vereinheitlichung und die damit einhergegangene bessere Vergleichbarkeit von JA in diesem Fall erreicht wurde. Mithin wurde dadurch die Informationsfunktion des handelsrechtlichen JA wesentlich gestärkt (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 65).

Die VFE-Lage wird durch die verpflichtende Nettodarstellung der ausstehenden Einlagen eindeutig besser dargestellt. Zu berücksichtigen ist, dass Ziel der Vorschrift des § 268 Abs. 3 die Vermeidung des Ausweises eines Negativpostens auf der Passivseite der Bilanz ist (vgl. HdR-E, HGB § 268, Rn. 187). Konsequenterweise ergibt sich in dieser Darstellungsform ein aktivisch auszuweisender nicht durch EK gedeckter Fehlbetrag, wobei dieser aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit gleichzeitig als Summe des EK in der Vorspalte auf der Passivseite vermerkt werden sollte.

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