Rn. 182

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

GWG sind gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG abnutzbare bewegliche WG des AV, die selbständig nutzungsfähig (vgl. zur Fähigkeit der selbständigen Nutzung § 6 Abs. 2 Satz 2f. EStG) sind und deren AHK, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (vgl. § 9b Abs. 1 EStG), für das einzelne WG i. H. v. 800 EUR nicht übersteigen. Für solche WG existieren besondere Vorschriften zur Bewertungsvereinfachung im Steuerrecht, die sich mit Wesentlichkeitsüberlegungen rechtfertigen lassen (vgl. BFH, Urteil vom 18.03.2010, X R 20/09, BFH/NV 2010, S. 1796 (1796f.)). Für GWG, die ab dem 01.01.2018 zugegangen sind, lassen sich zwei Kategorien bilden, für die jeweils steuerrechtliche Wahlrechte bestehen. Diese Wahlrechte erlauben es, von den in § 7 EStG kodifizierten Vorschriften zur planmäßigen AfA abzuweichen.

(1) WG, deren AHK einen Nettobetrag von 250 EUR nicht überschreiten, können zum Zugangszeitpunkt sofort als BA abgezogen werden, ohne dass ein entsprechendes Verzeichnis geführt werden muss (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 4 i. V. m. Abs. 2a Satz 4 EStG; keine Berücksichtigung im Anlagespiegel).
(2)

WG, deren AHK netto innerhalb einer Bandbreite von 250 EUR bis 800 EUR liegen, dürfen zum Zugangszeitpunkt sofort als BA gebucht (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG) (Alternative 1; Darstellung im Anlagespiegel als Zugang und gleichzeitig als Abgang) oder in einen wirtschaftsjahrbezogenen Sammelposten eingestellt werden (§ 6 Abs. 2a Satz 1 EStG) (Alternative 2).

Im Fall der Alternative 1 sind die entsprechenden WG unter Angabe des Zugangstages in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufzunehmen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 4 EStG). Ergeben sich die notwendigen Angaben aus der Buchführung, braucht das Verzeichnis nicht geführt zu werden (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 5 EStG).

Im Fall der Alternative 2 sind auch WG innerhalb einer Bandreite von netto 800 EUR bis 1.000 EUR in den Sammelposten aufzunehmen. Insoweit ergeben sich – je nach Ausübung des Wahlrechts – unterschiedliche Rechtsfolgen für WG innerhalb dieser Bandbreite:

(a) Werden die GWG nach Alternative 1 behandelt, unterliegen WG mit Netto-AHK zwischen 800 EUR und 1.000 EUR der Regelabschreibung.
(b) Bei einer Behandlung nach Alternative 2 sind auch WG mit Netto-AHK zwischen 800 EUR und 1.000 EUR verpflichtend in den wirtschaftsjahrbezogenen Sammelposten einzustellen. Dieser Sammelposten ist über einen Zeitraum von fünf Jahren (inkl. des WJ der Bildung) gewinnmindernd aufzulösen (vgl. § 6 Abs. 2a Satz 2 EStG). Eine wertmäßige Reduzierung des Sammelpostens durch (Teil-)Abgänge von WG ist nicht erlaubt (vgl. § 6 Abs. 2a Satz 3 EStG; R 6.13 Abs. 6 EStR).

Die steuerrechtlichen Regelungen zu den GWG lassen sich grafisch wie folgt zusammenfassen:

Übersicht: Steuerrechtliche Bewertungswahlrechte für GWG

Wird das Wahlrecht gemäß der Alternative 2 in Anspruch genommen (Bildung eines Sammelpostens), ist § 6 Abs. 2a EStG für alle in einem WJ zugegangenen WG einheitlich anzuwenden (§ 6 Abs. 2a Satz 5 EStG). Insoweit kann pro WJ nur entweder gemäß Alternative 1 oder Alternative 2 verfahren werden. Bei einer Bilanzierung nach Alternative 2 ist – sofern eine entsprechende Wahlrechtsausübung in mehreren WJ erfolgt – in jedem WJ ein gesonderter Sammelposten zu bilden (vgl. R 6.13 Abs. 5 Satz 1 EStR). Die beiden Alternativen können aber in aufeinander folgenden WJ unterschiedlich in Anspruch genommen werden. So kann bspw. die Alternative 1 im WJ t0 und die Alternative 2 im WJ t1 Anwendung finden.

Die oben dargestellten Regelungen sind nur für WG des AV zulässig, die abnutzbar, beweg­lich und zur selbständigen Nutzung fähig sind (vgl. Schmidt: EStG (2020), § 6, Rn. 657). Dazu gehören auch Trivialprogramme sowie Computerprogramme, deren AK nicht mehr als 800 EUR betragen (vgl. R 5.5 Abs. 1 Satz 2f. EStR).

 

Rn. 183

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Handelsrechtlich besteht keine explizite Vorschrift zur Bilanzierung von GWG. Es lässt sich auch keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage zur analogen Anwendung der o. g. steuerrechtlichen Vorschriften im Handelsrecht finden. Die Zulässigkeit der in der Praxis dennoch häufig anzufindenden Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften für GWG lässt sich allenfalls auf den im Handelsrecht geltenden Wesentlichkeitsgrundsatz zurückführen. Insoweit steht einer Anwendung der steuerrechtlichen GWG-Regelungen in der HB nichts entgegen, soweit die Bilanzierung der GWG für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der VFE-Lage von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 276; HFA, IDW Life 2017, S. 848; WP-HB (2019), Rn. F 171; kritisch Mujkanovic, StuB 2008, S. 25 (27); Rade/Kropp, WPg 2008, S. 13 (22); gemäß RegB zum BilMoG wird die Zulässigkeit der steuerrechtlichen GWG-Regelungen im Handelsrecht mit Wirtschaftlichkeitserwägungen begründet (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 38)). Bei einem wesentlichen Sammelposten sind vor Übernahme ggf. Anpassungen vorzunehmen (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253...

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