Tz. 20

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Während der Grundsatz der materiellen Richtigkeit fordert, dass Buchführung und JA materiell richtig zu sein haben, verlangt der Grundsatz der Klarheit, dass Buchführung und JA formell richtig sein müssen (vgl. Leffson (1987), S. 207). Somit kann der Grundsatz der Klarheit der Handelsbücher auch als Grundsatz der formellen Richtigkeit bezeichnet werden. Dieser Grundsatz verlangt eine übersichtliche und klare Verbuchung, so dass sich ein Sachverständiger ohne große Schwierigkeiten zurechtfinden kann (vgl. schon mit Recht ADS (1968), § 149 AktG, Rn. 142; zudem Tipke/Kruse (2021), § 146 AO, Rn. 7).

Im Ergebnis ist die formelle Ordnungsmäßigkeit bei herkömmlicher Buchführung unter folgenden Voraussetzungen gewährleistet (vgl. schon mit Recht ADS (1968), § 149 AktG, Rn. 142; Leffson (1987), S. 169ff.; fernerhin Staub: HGB (2021), § 239, Rn. 12):

(1) Die Aufzeichnungen müssen – zumindest mit Hilfe von Symbolverzeichnissen – lesbar sein (vgl. HdR-E, HGB § 239, Rn. 2f.).
(2) Die Bezeichnung der Geschäftsvorfälle muss eindeutig sein.
(3) Der Kontenplan muss hinreichend tief und systematisch gegliedert sein, damit eine sachgerechte Kontierung möglich ist.
(4) Die Buchung muss mit Datum versehen sein; sie muss einen ausreichenden Belegverweis enthalten und aus ihr muss das angesprochene Gegenkonto ersichtlich sein (vgl. dazu HdR-E, HGB § 239, Rn. 18).
(5) Umbuchungen müssen als solche gekennzeichnet und auf das Mindestmaß begrenzt werden.

Der Grundsatz der formellen Richtigkeit ist die Voraussetzung dafür, dass die Dokumentation der Geschäftsvorfälle auch für Dritte überprüfbar ist (vgl. Leffson (1987), S. 169). Die Überprüfbarkeit bedingt erstens eine ordnungsgemäße Verbuchung und zweitens eine Aufbewahrung der zur Prüfung erforderlichen Unterlagen entsprechend den gesetzlichen Aufbewahrungsfristen (vgl. zum zweiten Punkt HdR-E, HGB § 257, Rn. 92ff.).

 

Tz. 21

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Eine formal ordnungsgemäße Verbuchung erfordert bei einer IT-gestützten Buchführung über das bei manuellen Buchführungen Erforderliche hinausgehend bzw. in anderer Weise als bei manuellen Buchführungen:

(1)

Aufbau eines internen IT-Kontrollsystems (vgl. im Ergebnis HdR-E, HGB § 239, Rn. 26f.) als Teil des IKS. Um die Vollständigkeit und Richtigkeit der auf Datenträgern aufgezeichneten Buchungen zu gewährleisten, hat der Buchführungspflichtige Kontrollen einzurichten, durchzuführen und zu protokollieren (vgl. BMF, Schreiben vom 28.11.2019, IV A 4 – S 0316/19/10003 :001, BStBl. I 2019, S. 1269 (1279)). "Für Aufzeichnungen über Kontrollen und Abstimmungen gelten, soweit sie Buch- oder Belegfunktion erfüllen, die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen" (BMF, Schreiben vom 05.07.1978, IV A 7 – S 0316–7/78, BStBl. I 1978, S. 250 (253); vgl. zur Einordnung auch IDW RS FAIT 1 (2002), Rn. 8). Derartige Kontrollen sollen die Erfüllung der Beleg-, Grundbuch- und Kontenfunktion gewährleisten (vgl. Nagel (1977), S. 134ff.; überdies HdR-E, HGB § 239, Rn. 9ff.). Zu den IT-Kontrollen zählen nach Auffassung der Finanzverwaltung z. B.

  • Zugangs- und Zugriffsberechtigungskontrollen,
  • Funktionstrennungen,
  • Erfassungskontrollen (Fehlerhinweise, Plausibilitätsprüfungen),
  • Abstimmungskontrollen bei der Dateneingabe,
  • Verarbeitungskontrollen sowie
  • Schutzmaßnahmen gegen die (un-)beabsichtigte Verfälschung von Programmen, Daten und Dokumenten,

wobei die genaue Ausgestaltung des IKS u. a. von der Komplexität des verwendeten DV-Systems abhängig sei (vgl. BMF, Schreiben vom 28.11.2019, IV A 4 – S 0316/19/10003 :001, BStBl. I 2019, S. 1269 (1279)). Bei den internen (anwendungsbezogenen) Kontrollen soll einerseits mittels Eingabekontrollen die Richtigkeit und Vollständigkeit der durch die IT-Anwendung übernommen Daten zum Erfassungszeitpunkt sichergestellt werden (vgl. IDW RS FAIT 1 (2002), Rn. 95; so bereits Reblin (1971), S. 177f.). Andererseits soll durch Verarbeitungskontrollen gewährleistet werden, dass der Prozess der Datenverarbeitung richtig und vollständig durchlaufen wird (vgl. IDW RS FAIT 1 (2002), Rn. 95; so bereits Reblin (1971), S. 177). Das IDW zählt zu den IT-Kontrollen außerdem noch generelle Kontrollen, die sich "unabhängig von der jeweiligen IT-Anwendung [...] auf das gesamte IT-System auswirken" (IDW RS FAIT 1 (2002), Rn. 8). Diese generellen Kontrollen sind in folgenden Bereichen erforderlich (vgl. IDW RS FAIT 1 (2002), Rn. 96):

  • Entwicklung von Individualsoftware;
  • Auswahl, Beschaffung und Einführung von Standardsoftware;
  • Test- und Freigabeverfahren;
  • Verfahren zur Änderung von IT-Anwendungen (Change-Management).

Die Erläuterung des IKS ist schließlich Bestandteil der Verfahrensdokumentation (vgl. BMF, Schreiben vom 28.11.2019, IV A 4 – S 0316/19/10003 :001, BStBl. I 2019, S. 1269 (1279)).

 

Tz. 22

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

(2)

Vorhandensein einer hinreichenden Verfahrensdokumentation: Gerade zur Prüfung einer Speicher-Buchführung mit Ausdruckbereitschaft, aber auch zur Prüfung herkömmlicher IT-gestützter Buchführung ist eine umfass...

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