EU-Kommission veröffentlicht finales ESRS Set 1

Die Europäische Kommission hat am 31.7.2023 den Delegierten Rechtsakt zum Set 1 der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) veröffentlicht. Auch wenn eine Bekanntmachung im EU-Amtsblatt und damit das offizielle Inkrafttreten noch aussteht, sind damit nun erstmals verbindliche Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU festgelegt. Diese sind bei der Umsetzung der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattungs-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) von den dort verpflichteten Unternehmen zwingend zu beachten.

Betroffene Unternehmen der CSRD

Die verpflichteten Unternehmen sind

  • ab dem Geschäftsjahr 2024 alle bereits jetzt zur nichtfinanziellen Berichterstattung nach § 289b HGB verpflichtete Unternehmen,
  • ab dem Geschäftsjahr 2025 alle großen Kapital- und denen über 264a HGB gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften sowie zur Konzernrechnungslegung verpflichtete Unternehmen und
  • ab 2026 bis auf die Kleinstkapitalgesellschaften alle kapitalmarktorientierten Unternehmen.

Mehr hierzu im Kapitel „CSRD – Betroffene Unternehmen“ unseres Top-Themas „CSRD – Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung“.

Kurze Historie des ESRS Set 1

Die EU hatte eine nochmals überarbeitete Version des 1. Sets an 12 ESRS im Juni nochmals zur Konsultation gestellt (mehr hierzu: „ESRS Set 1 – EU-Kommission veröffentlicht Entwurf des delegierten Rechtsakts und konsultiert“). Dabei sind einige Erleichterungen eingeflossen (im Detail: „ESRS Set 1 – versteckte Erleichterungen im veröffentlichten Entwurf des delegierten Rechtsakts“). Weitere mehr als 600 Rückmeldungen hat die Kommission dazu veranlasst, in den nun veröffentlichten finalen Stand noch eine Reihe von Anpassungen und Klarstellungen gegenüber dem Entwurf des Delegierten Rechtsakts einzuarbeiten.

In eigener Sache: Video-Tipp

ESRS – Kompakteinstieg in die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung
Stand 03.08.2023 (90 min.)

​Die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) bringt für viele Unternehmen in Deutschland erstmals eine Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung mit sich. Konkretisiert werden die umfangreichen Berichtsinhalte durch die sog. European Sustainability Reporting Standards (ESRS).

Viele Datenanforderungen ergeben sich aus bestehenden Regel- und Rahmenwerken; diese sind gerade für Erstberichterstatter neu und komplex. Ihre Referierenden bieten Ihnen praxiserprobte Handlungsempfehlungen für einen gelingenden Einstieg in die ESRS-Berichtspflichten. Sie erhalten einen Überblick über das erste Standard-Set. Sie lernen die allgemeinen Anforderungen kennen, die Sie bei der Erstellung und Offenlegung von CSRD-Informationen zu erfüllen haben. Ausgewählte Pflichtangaben werden tiefer beleuchtet.

Zur Anmeldung

Die Änderungen im veröffentlichten finalen Delegierten Rechtsakt

Änderungen im veröffentlichten finalen Delegierten Rechtsakt betreffen unter anderem die folgenden Regelungen:

  • In ESRS 1 wird nunmehr explizit geregelt, dass die Beurteilung der finanziellen Wesentlichkeit der Bestimmung jener Informationen entspricht, die von Primär-Nutzern der allgemeinen Finanzberichterstattung für ihre Entscheidung über die Bereitstellung von Ressourcen als wesentlich angesehen werden. Damit kommt es zu einer Annäherung an die Regelungen des IFRS - International Sustainability Standards Board (ISSB) und zu einer gewissen Einschränkung der bislang in der CSRD geforderten Doppelten Wesentlichkeit – es bleibt abzuwarten, wie dies in der Umsetzung im HGB nun vereinheitlicht wird.
  • ESRS 1 stellt auch klar, dass neben den Berichtsanforderungen des ESRS 2 sämtliche Berichtsanforderungen und Datenpunkte in Bezug auf ESRS 2 IRO-1 (Description of the process to identify and assess material impacts, risks and opportunities) unabhängig von der Wesentlichkeitsanalyse des Unternehmens verpflichtend sind, wenn diese in den umweltbezogenen Standards (ESRS E1 bis E5) oder ESRS G1 Geschäftsgebaren aufgeführt sind.
  • Auch das mit der Konsultation vorgeschlagene Wahlrecht zur stärkeren Anwendung des Wesentlichkeitsansatzes wurde etwas weiter zurückgenommen, da nun stets eine Begründung und Erläuterung notwendig ist, wenn ein Unternehmen den ESRS E1 nicht für wesentlich hält und auf Angaben zum Klimawandel verzichten will. Hier wird nun von den Unternehmen u.a. eine ausführliche Erläuterung der Ergebnisse seiner Wesentlichkeitsanalyse in Bezug auf Risiken, Chancen und Auswirkungen des Klimawandels auf das Unternehmen erwartet.
  • Bezüglich der Berichtsanforderungen im Zusammenhang mit der Offenlegungs-Verordnung und der Taxonomie-Verordnung, die im Zusammenhang mit der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) und anderer EU-Rechtstexte bestimmte Unternehmen zu Angaben verpflichten, bleibt es gem. ESRS 2 weiterhin dabei, dass die entsprechenden Datenpunkte grundsätzlich dem Wesentlichkeitsvorbehalt unterliegen. Allerdings ist es laut ESRS 1 nunmehr explizit anzugeben, sofern die betreffenden Informationen „nicht wesentlich“ sind. Hier bleibt es somit bei Inkonsistenzen in der Regulierung, da die Angaben der Nichtfinanzunternehmen für die Finanzinstitute stets relevant sind und letztere diese daher immer einfordern werden. 
  • Die Vorgabe in ESRS E1 für Finanzunternehmen, bei der Ermittlung ihrer Treibhausgas-Emissionen den Standard der Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF) zu berücksichtigen, wurde auf den Teil A „Financed Emissions“ begrenzt. Der Verweis auf Teil C „Insurance Associated Emissions“ wurde gestrichen.

Link zum finalen ESRS Set 1 – auch in deutscher Sprache

Die finalen Standards liegen nunmehr in 23 Sprachversionen vor, u.a. auch in deutscher Sprache. Diese und auch die Rückmeldungen zur Konsultation sind abrufbar auf der Webseite der Europäischen Kommission:  „Europäische Kommission: Erste europäische Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung“.

In eigener Sache: Wie treibe ich Nachhaltigkeit im Unternehmen voran?

In der News-Reihe "Aktuelles zur Nachhaltigkeitsberichterstattung" fasst Herr Prof. Dr. Müller monatlich die neusten und relevantesten Entwicklungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung prägnant für Sie zusammen. Weitere Ausgaben:

ESRS Set 1 – versteckte Erleichterungen im veröffentlicht Entwurf des delegierten Rechtsakts

ESRS Set 1 – EU-Kommission veröffentlicht Entwurf des delegierten Rechtsakts

EFRAG reduziert die Offenlegungspflichten in den ESRS-Entwürfen deutlich

Draft European Sustainability Reporting Standards (D-ESRS) – Details zur Konsultation und erste Kritik