BFH-Kommentierung: Anschaffungsnahe Herstellungskosten

Nach der Anschaffung unvermutet angefallene Kosten sind - um den zeitgemäßen Zustand eines Mietobjektes wiederherzustellen - als "anschaffungsnahe Herstellungskosten" zu aktivieren bzw. bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nur im Wege der Abschreibung steuerlich abzugsfähig.

Mit Urteil vom 13.3.2018 hat der BFH (BFH, Urteil v. 13.3.2018, IX R 41 17) entschieden, dass auch unvermutete Aufwendungen für Renovierungsmaßnahmen, die dazu dienen, Schäden zu beseitigen, die aufgrund des langjährigen vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache durch den Mieter entstanden sind, zu anschaffungsnahen Herstellungskosten führen können. Diese sind zu aktivieren und führen nur in Höhe der Abschreibung zu einer Steuerminderung.

Praxis-Hinweis: Genaue Überprüfung der 15-%-Grenze ratsam

Die Entscheidung des BFH ist für die Kläger im Urteilsfall als sehr unglücklich anzusehen. Sie kommt aber nicht wirklich überraschend, da sie letztlich eine konsequente Umsetzung der gesetzlichen Grundlage zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten bedeutet. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 2 EStG liegen diese dann vor, wenn innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung mehr als 15 % der Anschaffungskosten für Instandhaltungen ausgegeben werden.

Misslich war hier, dass die langjährige Mieterin der Wohnung plötzlich verstorben war und nur aus diesem Grund die Instandhaltungskosten anfielen, die zudem bei dem Erwerb der Wohnung nicht erkannt wurden. Allerdings ist unstreitig, dass die Voraussetzungen für anschaffungsnahe Herstellungskosten erfüllt sind. Das Gesetz differenziert nicht nach dem Grund, warum die Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt wurden. 

Die Kläger wären deshalb gut beraten gewesen, entweder

  • die Maßnahmen zu verschieben, bis die Frist von 3 Jahren abgelaufen gewesen wäre oder
  • sie hätten zumindest einen Teil der Maßnahmen verschieben sollen, um die Grenze von 15 % nicht zu überschreiten.

Demgemäß kann in entsprechenden Fällen nur zu einer genauen Prüfung der zeitlichen und 15%-Grenze geraten werden. In Fällen, in denen eine der Grenzen strittig ist, kann sich auch eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt anbieten. Diese ist allerdings vor Durchführung der Maßnahmen einzuholen.   

Umfangreiche Sanierung nach Kauf einer vermieteten Eigentumswohnung nur im Rahmen der AfA absetzbar


Die Kläger wurden als Eheleute im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Kaufvertrag vom 18.10.2012 erwarben sie eine vermietete Eigentumswohnung zum Kaufpreis von 60.000 EUR; die anteiligen Anschaffungskosten für das Gebäude beliefen sich auf 40.316 EUR. In ihrer Einkommensteuererklärung 2014 machten die Kläger Instandhaltungsaufwendungen in Höhe von insgesamt 12.406 EUR geltend, die anteilig auf die Erneuerung des Badezimmers (8.517 EUR), die Erneuerung der Elektroinstallation (2.000 EUR), den Einbau von Fenstern (1.275 EUR), den Austausch einer Scheibe (186 EUR) sowie auf verschiedene Ersatzteile und Kleinmaterialien (428 EUR) entfielen. Das Finanzamt berücksichtigte im Rahmen der Festsetzung lediglich die Kosten für verschiedene Ersatzteile und Kleinmaterialien in Höhe von 428 EUR als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen; die übrigen Aufwendungen in Höhe von 11.978 EUR ordnete das Finanzamt den anschaffungsnahen Herstellungskosten zu, sodass sich diese nur im Rahmen der AfA im Streitjahr auswirkten. Einspruchs- und Klageverfahren hatten keinen Erfolg.

Innerhalb von 3 Jahren über 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes investiert = AfA

Der BFH wies die Revision der Kläger ebenfalls als unbegründet zurück. Das Finanzgericht ist nach Ansicht des BFH zutreffend davon ausgegangen, dass die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen für die durchgeführten Renovierungsmaßnahmen den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen und damit lediglich im Rahmen der AfA zu berücksichtigen sind. Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, sind dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar, wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen.

Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören nach den gesetzlichen Bestimmungen auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Diese Aufwendungen erhöhen dann die AfA-Bemessungsgrundlage, sie sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar.

Vor diesem Hintergrund sind die von den Klägern hier geltend gemachten weiteren Aufwendungen nicht als sofort abziehbare Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen; sie stellen anschaffungsnahe Herstellungskosten dar.

Denn die Kläger

  • haben im Zuge der Instandsetzungsmaßnahmen lediglich den zeitgemäßen Zustand des Mietobjektes wiederhergestellt und
  • dabei übliche, durch eine vertragsgemäße Wohnnutzung entstandene Mängel beseitigt.

Soweit in diesem Rahmen auch "verdeckte", d.h. den Klägern im Zuge der Anschaffung verborgen gebliebene, jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandene Mängel behoben wurden, sind auch die hierfür getragenen Aufwendungen den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen.

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