Neben der Abfertigung zum freien Verkehr gibt es eine Vielzahl von anderen, für die Wirtschaft sinnvollen Zollverfahren, bei denen – zunächst – keine oder verminderte Abgaben zu entrichten sind. Der Zollkodex der Union nennt hier

  • das Ausfuhrverfahren,[1]
  • das externe und das interne Zollversandverfahren,[2]
  • das Zolllager,
  • die aktive und die passive Veredelung,
  • die vorübergehende Verwendung und
  • die Endverwendung.

Diese Verfahren gelten teilweise sowohl für Einfuhr- als auch für Ausfuhrverfahren bzw. für Kombinationen von beiden. Sie haben für die Industrie und den Handel unterschiedliche Bedeutung und werden deshalb im Folgenden unterschiedlich intensiv behandelt.

4.1 Zollversandverfahren

Es gibt die Zollversandverfahren T1, T2, Carnet T.I.R, Carnet A.T.A.[1]

4.2 Zolllagerverfahren

In Zolllagern können Waren eingelagert werden, ohne Einfuhrabgaben zu entrichten. Auch in der Zeit zwischen der Beendigung eines Versandverfahrens T1 und der Abfertigung zum freien Verkehr befindet sich die Ware in einem sog. Verwahrungslager, das sich an einem beliebigen Ort befinden kann. In einem "richtigen" Zolllager kann die Ware aber für längere Zeit verbleiben. Manchmal kann sie dort sogar bearbeitet werden.

Es wird zwischen den öffentlichen Zolllagern und den privaten Zolllagern unterschieden. Öffentliche Zolllager stehen jedermann zur Lagerung von Waren zur Verfügung und werden in der Regel von privaten Betreibern geführt (Ausnahme: Zolllager Typ III). Private Zolllager können nur vom Inhaber der Zollagerbewilligung zur Zollagerung von Waren genutzt werden. Der Bewilligungsinhaber muss gleichzeitig auch Verfahrensinhaber sein. Die Eigentumsverhältnisse sind für den Betrieb des Lagers irrelevant, d. h. auch ein Spediteur kann ein Lager für fremde Waren betreiben. Private Lager sind an mehreren Orten zulässig. Der Betrieb eines Zolllagers erfordert die Bewilligung der Zollbehörden. Die Bewilligung wird nur erteilt, wenn bestimmte formelle und materielle Voraussetzungen erfüllt werden.

Zu den öffentlichen Zolllagern – die in der Praxis nur eine geringe Relevanz haben – gehören:

  • Typ I = die Verantwortung liegt sowohl beim Bewilligungs- als auch beim Verfahrensinhaber.
  • Typ II = die Verantwortung liegt nur beim Verfahrensinhaber.
  • Typ III = Zollbehörden betreiben das Lager, sie sind nicht verantwortlich.

Bei den privaten Zolllagern wird nicht (mehr) nach verschiedenen Typen unterschieden. Wichtig ist, dass der Bewilligungsinhaber zugleich der Verfahrensinhaber sein muss. Bewilligungsinhaber ist die zum Betrieb eines Zolllagers befugte Person (früher: Lagerhalter). Der Verfahrensinhaber ist die Person, die durch die Zollanmeldung zur Überführung von Waren in das Zolllagerverfahren verpflichtet ist (früher: Einlagerer).

4.3 Verwendung

4.3.1 Vorübergehende Verwendung: Formloses Verfahren

Bei diesem Verfahren können Nichtgemeinschaftswaren in die EG verbracht, hier verwendet und wieder ausgeführt werden. Dieses Verfahren kommt in der Praxis so häufig vor, dass es meist formlos abgewickelt wird: Jeder z. B. russische Lkw oder jeder Seecontainer, der Ware befördert, ist selbst eine Ware, deren vorübergehende Verwendung (meist) formlos erfolgt (bei Containern wird die Containernummer beim Zollamt Hamburg-Waltershof erfasst).

Aber auch Handelsware kann eingeführt und vorübergehend verwendet werden z. B. auf Messen, Konzerttourneen usw. Hier ist eine Abfertigung

  • mit einem Carnet A.T.A. möglich[1] oder
  • mit dem Einheitspapier, Blätter 6-8, wenn z. B. das Herkunftsland nicht der Internationalen Handelskammer angehört oder der Versender kein Carnet eröffnet hat.

Die Abfertigung erfolgt wie eine Abfertigung zum freien Verkehr. Es wird lediglich ein anderes Verfahren beantragt und es fallen keine Einfuhrabgaben an, sofern die Ware innerhalb der vorgegebenen Frist wieder ausgeführt wird. Natürlich kann die Ware auch zum freien Verkehr abgefertigt werden, wenn sie z. B. auf dem Messestand verkauft wird. Die Wiederausfuhr wird dann durch die Abfertigung zum freien Verkehr ersetzt.

Wird mit der Ware ein wirtschaftlicher Nutzen erzielt, z. B. beim Einsatz von Baufahrzeugen, Bohrtürmen usw., sind pro Monat 3 % des Betrags zu zahlen, der bei der Abfertigung zum freien Verkehr erzielt worden wäre.

4.3.2 Endverwendung: Nachweis erforderlich

Hier werden Waren zollbegünstigt zu einer bestimmten Endverwendung abgefertigt, die nachgewiesen werden muss. Z. B. kann ein bestimmter Rohstoff sowohl für Lebensmittel als auch für kosmetische Zwecke verwendet werden. In einem Fall ist der Zollsatz günstiger, die Endverwendung muss nachgewiesen werden. Zur Überwachung wird ein Kontrollexemplar T5 (Einheitspapier) benutzt.

4.4 Veredelung: Behandlung und Verarbeitung von Waren

4.4.1 Aktive Veredelung bei Nichtunionswaren

Unter aktiver Veredelung versteht man die Behandlung und Verarbeitung von Nichtunionsware innerhalb der EU mit anschließender Wiederausfuhr. Die eingeführte Ware ist zollfrei, wenn ihre Wiederausfuhr nachgewiesen wird. Die Zollanmeldung erfolgt mit den Blättern 6-8 des Einheitspapiers, einzeln im ATLAS-System, mit dem vereinfachten Anmeldeverfahren oder mit dem Anschreibeverfahren.

Innerhalb einer bestim...

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