1 Grundlagen

1.1 Begriff der Zinsen

 

Rz. 1

Zinsen sind das Entgelt für die Überlassung von Kapital. Der BFH definiert Zinsen als laufzeitabhängige Nutzungsvergütungen für Kapitalüberlassungen.[1] Von den Zinsen sind die Tilgungen abzugrenzen, die eine (teilweise) Rückzahlung des überlassenen Kapitals darstellen.

 

Rz. 2

Die Ausgestaltung von Zinsen ist nicht gesetzlich normiert. Folglich ist eine Vielzahl von Ausprägungen anzutreffen. Zu unterscheiden ist bspw. zwischen vorschüssigen und nachschüssigen Zinsen. Die unterschiedliche Berücksichtigung der Inflation führt zur Abgrenzung von Real- und Nominalzinsen. Auch ist die Verknüpfung mit dem überlassenen Kapital möglich (als fester oder variabler Prozentsatz) oder aber es wird ein fester Betrag gezahlt. Zinsen können auch nach dem zugrunde gelegten Bezugszeitraum unterschieden werden (z. B. Jahreszins oder Monatszins). Die Anzahl der Möglichkeiten wird noch dadurch erhöht, dass die einzelnen Merkmale kombiniert werden können (bspw. variabler, nachschüssiger Monatszins).

Im Zweifel ist für die Einordnung als Zinsen nicht die Bezeichnung als solche, sondern die wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend (bspw. bei Überziehungsprovisionen).

Zinsen können einzelvertraglichen Ursprungs sein, aber auch gesetzliche Ursachen sind möglich (bspw. Verzugszinsen gem. § 288 BGB). Ist vertraglich nichts anderes geregelt, beträgt der regelmäßige gesetzliche Zinssatz 4 % p. a. (§ 246 BGB), bei beiderseitigen Handelsgeschäften 5 % p. a. (§ 352 HGB).

1.2 Begriff der Aufwendungen

 

Rz. 3

Für Zwecke der Rechnungslegung wird Aufwand als betrieblich bedingter Wertverzehr einer Abrechnungsperiode definiert. Als buchhalterischer Geschäftsvorfall führt der Wertverzehr zu einer Verminderung des Nettovermögens (Reinvermögens, Eigenkapitals).

Der Wertverzehr kann in einer Umformung von Werten bestehen (z. B. Verbrauch von Rohstoffen zur Erstellung von Fabrikaten). Er kann aber auch ohne Gegenwert erfolgen (z. B. bei der Zahlung einer Spende oder von Steuern).

Von den Zinsaufwendungen abzugrenzen sind die Zinskosten, genauer gesagt die Anders- und die Zusatzkosten. Solche Zinsen stellen (teilweise) eine kalkulatorische Größe dar und finden ihren Niederschlag nicht in der externen Rechnungslegung, sondern im internen Rechnungswesen.

[1] Vgl. zu diesem Abschnitt Wöhe/Kußmaul, Grundzüge der Buchführung und Bilanztechnik, 10. Aufl. 2018, S. 10 – 12.

1.3 Begriff der Zinsaufwendungen

 

Rz. 4

Der Begriff der Zinsaufwendungen vereint die Charakteristika der Begriffe "Zinsen" und "Aufwendungen": Zinsaufwendungen sind betrieblich bedingter Wertverzehr als Entgelt für die zeitlich befristete Überlassung von Kapital.

Zu den Zinsaufwendungen und ähnlichen Aufwendungen gehören:[1]

  • Zinsen für geschuldete Kredite (z. B. für Bankkredite, Hypotheken, Schuldverschreibungen, Darlehen, Lieferantenkredite);
  • Diskontbeträge für Wechsel und Schecks;
  • Verzugszinsen;
  • Kredit-, Überziehungs- und Bereitstellungsprovisionen, Bürgschafts- und Avalprovisionen;
  • Abschreibungen auf ein aktiviertes Agio oder Disagio (Damnum) bzw. sofortiger Aufwand bei entsprechender (handelsrechtlicher) Nichtaktivierung;
  • der Zinsanteil in der Zuführung zu Pensionsrückstellungen;
  • Aufzinsung von Rückstellungen und Verbindlichkeiten.
[1] Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 15. Aufl. 2019, S. 630.

2 Zinsaufwendungen in der HGB-Rechnungslegung

2.1 Die Aktivierung von Zinsaufwendungen

2.1.1 Zinsen als Anschaffungskosten

 

Rz. 5

Nachstehend ist sich der Frage zu widmen, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen Zinsen als Bestandteil der Anschaffungskosten gem. § 255 Abs. 1 HGB zu klassifizieren sind. Laut Satz 1 dieser Rechtsvorschrift bilden "Anschaffungskosten […] die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können." Zu den Anschaffungskosten gehören insbesondere der Anschaffungspreis und die Anschaffungsnebenkosten, d. h. alle Aufwendungen, soweit diese dem Vermögensgegenstand einzeln zuordenbar sind (also keine Gemeinkosten!),[1] wie z. B. Gebühren für die Beurkundung eines Kaufvertrags, Vermittlungsgebühren und die Grunderwerbsteuer.[2]

 

Rz. 6

Zweifelsohne besteht für Zinsaufwendungen im Falle einer projektbezogenen Finanzierung des Vermögensgegenstands die Möglichkeit einer gesetzeskonformen Zuordnung, d. h. Zinsen können im Hinblick auf die Bezugsgröße "Vermögensgegenstand" als Einzelkosten klassifiziert werden. Darüber hinaus gilt es die Zinsaufwendungen zeitlich abzugrenzen, was durch den Wortlaut der Versetzung "in einen betriebsbereiten Zustand" zum Ausdruck gelangt. Allerdings findet eine Aktivierung von Zinsen für Fremdkapital im Rahmen der Anschaffungsnebenkosten regelmäßig nicht statt, weil die Finanzierung als vom Anschaffungsvorgang separat anzusehendes Geschäft nur mittelbar (und nicht unmittelbar) der Anschaffung (als Investitionsvorgang) dient.[3]

 

Rz. 7

Zum Teil wird ausnahmsweise eine entsprechende Aktivierungspflicht vertreten, falls das Fremdkapital zur Finanzierung der Anschaffung von Anlagen mit längerer Bauzeit in Form von An...

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